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Gerichtstermin in einer Familiensache - was Sie jetzt wissen müssen

Besonders im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung kommen viele Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben mit der Justiz in Kontakt. Da ist es ganz verständlich, dass man sich hilflos und ausgeliefert fühlt. Wie bei jedem Gerichtsverfahren gibt es aber auch bei Familiensachen klare Spielregeln, nach denen man sich richten sollte.

Für die meisten Nichtjuristen ist die Justiz ein weitgehend undurchschaubares Gebilde, mit dem man möglichst wenig zu tun haben möchte. Eine Vorladung zu einem Gerichtstermin in einer Familiensache ist aber kein Weltuntergang. In diesem Beitrag erfahren Sie, was genau auf Sie zukommt.
 

Was man unter einer Familiensache versteht

Aus familiären Beziehungen zwischen Menschen können sich nach dem Gesetz diverse Rechte und Pflichten ergeben. So gibt es beispielsweise eine Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten sowie zwischen Verwandten gerader Linie. Als Familiensachen bezeichnet man eine Vielzahl an Gerichtsverfahren, bei denen es um solche Ansprüche geht.

Beispiele:

  • Abstammungssachen (Vaterschaftsanfechtung und -feststellung, Vaterschaftstest)
  • Adoptionssachen
  • Ehesachen (Scheidung, Aufhebung)
  • Ehewohnungs- und Hausratssachen
  • Gewaltschutzsachen
  • Güterrechtssachen (Zugewinnausgleich)
  • Kindschaftssachen (Umgangs- und Sorgerecht, Vormundschaft)
  • Sonstige Familiensachen (gemeinsame Konten, Zustimmung zur Zusammenveranlagung)
  • Unterhaltssachen (Kindes- und Ehegattenunterhalt)


Für die Bearbeitung solcher Angelegenheiten in erster Instanz sind die Familiengerichte als eigene Abteilungen der Amtsgerichte zuständig. Seit 1. September 2009 ist dafür das "Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" - kurz FamFG - anzuwenden.

Bei den meisten Familiensachen müssen Sie sich aufgrund des gesetzlichen Anwaltszwanges auf eigene Kosten vor Gericht vertreten lassen. Tun Sie das nicht, können Sie auch keine wirksamen Anträge stellen. Den vielzitierten gemeinsamen Rechtsanwalt bei Scheidungen gibt es daher in Wirklichkeit gar nicht. Vielmehr engagiert in diesem Fall nur derjenige Ehegatte einen Advokaten, der den Scheidungsantrag stellen will, während der andere bestenfalls zustimmen kann.
 

Wann Sie vor das Familiengericht müssen

Nicht jede Streitigkeit endet gleich vor Gericht, da es in den meisten Fällen vorher noch zu einer Einigung kommt. Der Gang vor den Richter wird erst dann unausweichlich, wenn alle anderen Bemühungen scheitern. Jedem Gerichtsverfahren geht daher eine außergerichtliche Phase voraus, in der - mit oder ohne Rechtsanwälte - bereits Gespräche geführt und Schriftsätze ausgetauscht wurden. Wenn Sie selbst etwas erreichen wollen, dann müssen Sie eine Antragsschrift beim Familiengericht einreichen. In diesem Fall nehmen Sie die Stellung des Antragstellers ein. Im umgekehrten Fall wären Sie der Antragsgegner und würden die Unterlagen zugestellt bekommen. Ein Gerichtsverfahren sollte immer der letzte Weg sein, denn es ist mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden.
 

So läuft ein Verfahren vor dem Familiengericht ab

Wie bereits erwähnt beginnt jede Familiensache damit, dass der Antragsteller mit seiner Antragsschrift das Verfahren in Gang setzt. Diese enthält einen konkreten Antrag (Beispiel: "es wird beantragt, den Antragsgegner zu einem monatlichen Trennungsunterhalt von 250 Euro zu Händen der Antragstellerin zu verurteilen") und in der Regel auch eine entsprechende rechtliche Begründung. Das Gericht leitet die Antragsschrift an den Antragsgegner weiter, der sich innerhalb einer bestimmten Frist dazu äußern kann. Danach folgt eine mitunter sehr lange Zeit, in der weitere wechselseitige Schriftsätze hin- und hergeschickt werden, in denen jeder Beteiligte seine Standpunkte vorträgt. Das Gericht prüft zwischenzeitlich den Antrag und bestimmt - nachdem es die Angelegenheit für entscheidungsreif hält - einen Termin, zu dem die Beteiligten persönlich erscheinen müssen.

Neben den Rechtsanwälten sind dann ggf. auch Jugendamtsmitarbeiter und andere Sachverständige - seltener jedoch Zeugen - anwesend. Die Öffentlichkeit ist bei Familienangelegenheiten normalerweise ausgeschlossen, so dass Privatangelegenheiten auch privat bleiben.

Anders als im Fernsehen geht es bei einem Gerichtstermin nicht lautstark zur Sache, sondern es handelt sich eher um eine ruhige Besprechung. Der Sachverhalt wird dabei ausführlich erörtert und jede Seite kann sich nochmals dazu äußern. Allerdings wird es so sein, dass sich das Gericht durch die vorbereitenden Schriftsätze seine Meinung schon weitgehend gebildet hat. Danach muss der Richter entscheiden. Er wird dabei zunächst auf einen Vergleich hinwirken. Das ist eine Art Kompromiss, bei dem jeder ein wenig nachgibt und man sich in der Mitte trifft. Sie sind nicht verpflichtet, einem solchen Vergleich zuzustimmen, sondern können auch auf eine gerichtliche Entscheidung bestehen. Während bei einem Vergleich aber normalerweise jeder nur seine eigenen Kosten bezahlt, ist eine Entscheidung immer mit einem gewissen Risiko verbunden: Falls Sie nicht Recht bekommen, kann das Gericht Sie zu sämtlichen Verfahrenskosten verdonnern. In der Regel erkennen Sie aber im Laufe der Verhandlung, wie Ihre Erfolgschancen stehen. Eventuell bekommen Sie vom Richter oder Ihrem Rechtsanwalt auch einen entsprechenden Hinweis.
 

Was Sie über die Kosten wissen müssen

Wie bei jedem Gerichtsverfahren hängen die Kosten einer Familiensache in erster Linie vom Gegenstandswert ab. Das ist der Betrag, um den man sich streitet. Er ist einfach zu beziffern, wenn es um eine Geldforderung geht. Handelt es sich hingegen um eine immaterielle Sache, wird der Gegenstandswert häufig auch pauschal vom Gericht angesetzt.

Beispiele:
Unterhalt:    Jahreswert + evtl. Rückstände
Scheidung:    Dreifaches Monatseinkommen beider Ehegatten
Sorgerecht:    3.000 Euro

Bei einem normalen Verfahren fallen im Wesentlichen nur Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren an, die beide gesetzlich geregelt und somit einigermaßen kalkulierbar sind. Je höher der Gegenstandswert ausfällt, desto teurer wird der Rechtsstreit. Wenn Sie sich ohnehin scheiden lassen wollen, können Sie Geld sparen, indem Sie nicht jede Angelegenheit gesondert beantragen, sondern alles zusammen verhandeln lassen (Verbundverfahren).

Nach  dem  Motto  "wer  die  Musik  bestellt  hat,  zahlt  sie  auch"  müssen  Sie  einen Gerichtskostenvorschuss leisten, wenn Sie beim Familiengericht ein Verfahren betreiben wollen. Zahlen Sie nicht, bleibt die Behörde untätig. Falls Sie die staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen, wird das Gericht zunächst die Gegenseite anschreiben, um die Erfolgsaussichten Ihres Antrags beurteilen zu können. Schließlich sollen keine Verfahren mit öffentlichen Geldern finanziert werden, die von Anfang an aussichtslos sind. Erst nach einer positiven Einschätzung erhalten Sie die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Prozess wird förmlich eingeleitet.

Am Ende eines jeden Verfahrens steht die Kostenentscheidung. Diese sagt aus, wer "schuld" an der Auseinandersetzung ist und deshalb die Kosten übernehmen muss. Bei Familiensachen kommt es häufig zu einer Kostenaufhebung, bei der jeder Beteiligte die Hälfte der Gerichtskosten sowie seine eigenen Anwaltsgebühren trägt. Ansonsten kann der Richter nach Billigkeit entscheiden und beispielsweise eine Kostenquotelung nach dem Umfang des Obsiegens aussprechen. Verliert man ein Verfahren allerdings haushoch, wird man für sämtliche Kosten aufkommen müssen.

Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Kosten finden Sie hier.
 

So verhalten Sie sich beim Termin richtig

Über eines müssen Sie sich im Klaren sein: was für Sie eine Ausnahmesituation darstellt, ist für alle anderen Prozessbeteiligten ganz normales Alltagsgeschäft. Den Richter interessiert es daher nicht, ob Ihre Ex Ihrer Meinung nach eine hinterlistige blöde Kuh ist. Er hat einen vollen Terminkalender und will nur wissen, ob ein Antrag begründet ist oder nicht. Seine ausschließliche Aufgabe besteht darin, geltendes Recht auf Ihren Fall anzuwenden. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass er als außenstehender Jurist, der Sie zudem nicht persönlich kennt, möglicherweise eine ganz andere Sicht auf die Dinge hat.

Gerade bei emotionalen Familiensachen kommt es häufig vor, dass sich ehemalige Partner gegenseitig im Gerichtssaal anfeinden. Nachdem ein Richter ein solches Verhalten gewohnt ist, wird es ihn aber nicht beeindrucken, sondern bestenfalls nerven. Strapazieren Sie also seine Geduld nicht, sondern bleiben Sie stets ruhig und sachlich. Damit machen Sie einen viel besseren Eindruck. Lautstarke Gefühlsausbrüche im Gerichtssaal gehören ins Fernsehen und sind in der Realität völlig unangebracht. Gleiches gilt, wenn Sie vom gegnerischen Rechtsanwalt verbal angegriffen oder provoziert werden. Es ist dessen Aufgabe, auf der Seite seines eigenen Mandanten zu stehen, denn dafür wird er von ihm bezahlt.
 

Wie Sie gegen Entscheidungen des Familiengerichtes vorgehen können

Entgegen der landläufigen Meinung hat ein Gerichtsverfahren nichts mit Gerechtigkeit zu tun. Denn was für den einen gerecht ist, muss für seinen Gegner fast zwangsläufig ungerecht sein. Also versucht jeder, für sich ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen Gerade das Familienrecht bietet zudem enorme Auslegungsmöglichkeiten, so dass eine Entscheidung immer stark vom jeweiligen Richter abhängig sein wird.

Wenn Sie mit dem Ausgang eines Verfahrens nicht zufrieden sind, können Sie sich innerhalb einer bestimmten Frist mit dem Rechtsmittel der Beschwerde dagegen wehren. In diesem Fall wird dasselbe Gericht bzw. ein Gericht der nächsthöheren Instanz Ihren Fall nochmals behandeln. Das kann dazu führen, dass Sie schließlich doch noch Recht bekommen. Schlimmstenfalls könnte der Schuss aber auch nach hinten losgehen, indem Sie verlieren und zu sämtlichen Verfahrenskosten verurteilt werden. Wägen Sie daher sorgfältig ab, ob es wirklich sinnvoll ist, gegen eine Gerichtsentscheidung vorzugehen oder ob Sie mit ihr leben können.