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Schwere Gewissensnöte und kein Ausweg? Vom Albtraum Kuckuckskind und neuem Gesetz

“Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr“ – dieser altbekannte Ausspruch gewinnt vor dem Hintergrund eine ganz neue Dimension, wenn keine so rechten Vater-Glücksgefühle aufkommen wollen und Zweifel des vermeintlichen biologischen Vaters an einer Vaterschaft – ob berechtigt oder unberechtigt – bestehen.

Drohen Ängste zur erschreckenden Gewissheit zu werden und findet ein Drängen nach Wahrheit keine Ruhe, kann es für Betroffene wie Außenstehende nie Patentrezepte dafür geben, was zu tun ist und wie man sich verhalten soll. Die Augen des lieben Friedens willen verschließen und mit dem Verdacht leben lernen? Oder alles verdrängen? Heimlich Nachforschungen anstellen, oder gar offen den Partner mit Vorwürfen konfrontieren? Die Palette an möglichen Reaktionen ist groß und so vielfältig und bunt, wie das Leben selbst - und wie jeder Charakter eines im Vaterstolz zutiefst verletzten männlichen Individuums, das irgendwie versuchen muss, mit der unwägbaren Situation klar zu kommen.


Privater Vaterschaftstest?

Nicht wenige werden sich dann auch für einen juristischen Weg entscheiden und gerichtlich zu erwirken versuchen, einen Vaterschaftstest durchzuführen. Denn Tests auf eigene Faust besitzen vor Gericht nicht nur keine Beweiskraft: Sie sind vielmehr ohne Wissen und Einverständnis aller Beteiligten (Mann, Frau, Kind) grundsätzlich verboten, da es sich bei einem solchen Test um einen gravierenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen handelt.

Rechtswirksam und legal ist demnach ein Vaterschaftstest nur dann, wenn

  • Mann, Frau und Kind ihr Einverständnis dazu geben
  • er richterlich angeordnet wurde
  • die getesteten Erwachsenen die Einwilligung mit ihrer Unterschrift bestätigt haben.

Vor dem Hintergrund gibt es einige eindeutige Vorgaben und Vorschriften, die der Gesetzgeber in dem Zusammenhang erst in 2016 aktualisiert und Nachbesserungen zu Gunsten des „Scheinvaters“ vorgenommen hat.


Häufiger als man(n) denkt

Da Fälle von sogenannten „Kuckuckskindern“ beileibe keine absolute Seltenheit darstellen, und die Not Betroffener im Einzelfall sehr groß sein mag, sind derartige Kurzschluss-Handlungen zwar durchaus menschlich verständlich – den Geprellten ein Stück weiterbringen auf dem formalen Weg, drängende Gewissheit zu erlangen, werden sie ihn auf keinen Fall – im Gegenteil.

Handelt der Geprellte auf eigene Faust und gibt einen Test in Auftrag, begeht er eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Ordnungsgeld von bis zu 5.000 Euro rechnen. Mehr noch: Labore, die Vaterschaftstests ohne Einwilligungen durchführen, werden mit einem Bußgeld von bis zu 300.000 Euro bestraft.

Die Zahlen jenseits offizieller Statistiken mögen überraschen, aber Schätzungen von Experten gehen davon aus, dass bei durchschnittlich jedem zehnten Neugeborenen biologischer und offizieller Vater nicht ein- und dieselbe Person sind. So kommen jedes Jahr rund 70.000 Kinder in Deutschland auf die Welt, und erfüllen ihre Väter in falschem Glauben mit Stolz und Liebe, dass sie selbstverständlich auch der biologische Vater sind.


Neu: Auskunftspflicht der Mutter

Dabei hat sich die Gesetzeslage bei berechtigtem Zweifel an einer Vaterschaft seit letztem Jahr zu Gunsten der Väter verbessert. Waren bislang Mütter nicht gehalten gewesen, den Namen des leiblichen Vaters zu nennen, sieht das 2016 verabschiedete Gesetz eine mütterliche Auskunftspflicht vor. Danach räumt das Bundeskabinett mit seinem Gesetzesbeschluss Vätern, die an ihrer Vaterschaft zweifeln, mehr Rechte ein.

So kann der vermeintliche Vater die eigene Vaterschaft wirksam anfechten, wenn zuvor

  • ein Gericht ein Abstammungsgutachten angeordnet hat
  • ein Vaterschaftstest offiziell durchgeführt worden ist, dessen Ergebnis als rechtlich gültiger Beweis gilt.

Denn mit heutigen Gentests lässt sich die biologische Vaterschaft mit 99,99 prozentiger Sicherheit zuverlässig nachweisen. Liegt nach dem Vaterschaftstest - hierbei wird die DNA von Vater und Kind analysiert und verglichen - ein Ergebnis vor, das zu hundert Prozent eine Vaterschaft ausschließt, muss die Mutter auf richterliche Anordnung die Identität des biologischen Vaters offenlegen.


Kindesunterhalt erstatten lassen

War die Vaterschaft wirksam angefochten, mussten Betroffene bislang, wenn sie ihre Unterhalts-Rückerstattungsansprüche gegenüber dem eigentlichen, biologischen Vater im Rahmen einer Vaterschaftsklage durchzusetzen wollten, darauf hoffen, dass die Mutter die Identität preisgibt.

Die zuständige Behörde ist dabei immer das Amts- beziehungsweise das Familiengericht am Wohnsitz des Kindes.

Zwar konnten Mütter bis dato nach einem BGH-Beschluss vom 02.07.2014 (XII ZB 201/13) dazu verpflichtet werden, Auskunft zu erteilen. Jedoch hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. Februar 2015 (Aktenzeichen 1 BvR 472/14) dem de facto widersprochen, und den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Mutter und ihre Intimsphäre vor die Auskunftsinteressen des Vaters gestellt.

So hatte es sich in der Rechtspraxis für den väterlichen Anspruchsteller als schwierig erwiesen, eventuell bislang geleistete Unterhaltskosten vom biologischen Vater zurückzufordern, wenn dessen Identität nicht bekannt war.

Hier wurde dann oftmals von juristischer Seite der Umweg über den Auskunftsanspruch des Kindes gegenüber der Mutter auf Mitteilung des Namens des biologischen Vaters gewählt. Denn: Das Kind genießt das uneingeschränkte Recht, zu erfahren, von wem es abstammt.

Mit der Neuregelung können nachgewiesene Scheinväter nun rückwirkend Regressansprüche von bis zu zwei Jahren geltend machen.


Bundesverfassungsgericht hatte Nachbesserung angemahnt

Dem Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2015 vorausgegangen, die Rechte von "Scheinvätern" zu stärken. Damals hatte eine Frau gegen die Urteile eines Amtsgerichts und eines Oberlandesgerichts Beschwerde eingelegt, die sie zur Auskunft über den biologischen Vater des Kindes verpflichtet hatten.

Daraufhin hatte das Justizministerium nun im letzten Jahr mit einem Gesetzesentwurf reagiert.

Von der Neuregelung nicht betroffen bleiben die bisherigen Regelungen zum rechtlichen Vater-Kind-Verhältnis. Danach wird die Verwandtschaftsbeziehung zum bisherigen Vater und dessen Familie automatisch aufgelöst, auch verliert der bisherige Vater jegliche Ansprüche bezüglich

  • Kindergeld
  • Steuerfreibeträge
  • sonstige Vergünstigungen (öffentlicher Dienst).

Und: Der Familienname des Kindes kann im Nachhinein geändert werden.

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