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Streitpunkte bei Scheidungen – Erfahrungen aus der Praxis

Im Prozess einer Scheidung werden ganze Lebensentwürfe auseinander-dividiert. Es muss für die jeweilige Ehe herausgefunden werden, welcher der Partner welche Pflichten über-nehmen soll und welche Lasten zumutbar sind. Selbst wenn ein Paar eine einvernehmliche Trennung anstrebt, gibt es erfahrungsgemäß einige Punkte, über die in der Regel gestritten wird und die häufig gerichtlicher Klärung bedürfen.


Gelingt es den Beteiligten nicht, vernünftige und einvernehmliche Regeln für das Auseinander-Leben zu finden, so endet dies oft in einer Enttäuschung, im Wortsinne endet also eine Täuschung.

In unserer Beratung erleben wir zumeist, dass der Kindesunterhalt wenig Anlass zu Streit gibt. Noch immer bleiben die Kinder meist bei der Mutter, für die Kinder zahlen die Väter in der Regel ohne Klagen.

Schon beim Ehegattenunterhalt fängt jedoch der Streit an, das Vertrauen in den ehemaligen Partner schwindet. Häufig haben die Familien Schulden, in jedem Fall muss aber die finanzielle Decke jetzt für zwei Haushalte reichen. Meist muss eine Lösung für den Einzelfall gefunden werden, auch der Bundesgerichtshof lässt in seinen Entscheidungen vieles offen, "es komme darauf an...". Zwar gibt es Berechnungsprogramme, aber der Streit entsteht dann doch über die Frage, welche Abzugsposten berücksichtigt werden müssen oder dürfen und inwieweit der Ehegatte die Kinder noch selbst betreuen muss oder eigenverantwortlich Einkünfte erzielen könnte. Klar, dass sich dies nur aus dessen Lebenslauf bisher ergeben kann und der ist nun einmal bei jedem und jeder ein anderer.
 
Bösartig können Auseinandersetzungen ferner dann werden, wenn es um Zugewinnausgleichsansprüche geht. Der Grundsatz ist völlig richtig, dass die Eheleute untereinander ausgleichen sollen, was sie während der Ehe aufgrund ihres gemeinsamen Wirkens hinzu gewonnen haben. Eigentlich ganz einfach, aber Schenkungen Dritter und Erbschaften verändern den Saldo und wie viel ist ihre/seine Firma heute wert? Wie war das damals? Ähnliches gilt für Grundstücke und nicht zuletzt das ungläubige Staunen: Was, das soll alles gewesen sein? Wo ist dies? Wo ist das?
 
Nicht ohne Grund ist der gesetzgeberische Ansatz gescheitert, Scheidungen auch ohne die Hilfe eines Rechtsanwalts bei Gericht beantragen zu können. Aber vertrauen Sie sich keinem Rechtsanwalt an, von dem Sie nicht den Eindruck haben, dass er Sie umfassend und nachhaltig berät und vertritt! Zu oft erleben wir es in der Praxis, dass Anwälte die Gebühren für eine Scheidung kassieren, ihre Mandanten aber mit den manchmal recht mühsamen und arbeitsintensiven Folgen alleine lassen.


Mit dem Rat, sich einen Anwalt im Bedarfsfall gut auszuwählen, enden unsere allgemeinen Betrachtungen zu den Rechtsbeziehungen der Beteiligten. In der nächsten Folge greifen wir trennungs- und scheidungsrelevante Streitfragen auf und laden Sie gerne ein, der Redaktion Ihre Anregungen zu Themen zu schicken. Wir werden hierauf eingehen, ohne allerdings - aus verständlichen Gründen - Lösungen für den Einzelfall anbieten zu können.



©Sibylle Cavar-Weigl, Reinald Harnisch


Reinald Harnisch ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht. Gemeinsam mit Sibylle Cavar-Weigl, ebenfalls Fachanwältin für Familienrecht, betreibt er das "anwaltskontor" in München, eine auf Familienrecht spezialisierte Kanzlei. Mehr Informationen finden Sie unter www.anwaltskontor.com