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Väter spielen anders – und Kindern gefällt das

Das war einmal - Väter, die gelangweilt und vor sich hin dösend am Rande des Spielplatzes sitzen und dem Nachwuchs beim Schaukeln oder Buddeln zusehen. Väter, die das Gefühl haben, die Zeit krieche im Schneckentempo dahin. Väter, die alles andere besser finden, als dem Kind beim Spielen zuzusehen. Moderne Väter spielen mit. Und wie!

Das Kind im Manne – das gibt es tatsächlich. Eigentlich war das immer schon so, aber früher galten Männer schon wegen der gesellschaftlichen Stellung und den allgemeinen Annahmen vom Mann als distanzierten Ernährer als kühl und unberührbar. Es ist ein Segen, dass sich das geändert hat, denn Männer, Väter, spielen anders. Kinder spüren das und genießen es in vollen Zügen. Wo liegt das Geheimnis beim Spielen mit Papa?

 

Spiel, Spaß, Spannung

Schon vor 10 Jahren gaben 65 Prozent der befragten Väter an, gern mit ihren Kindern zu spielen. Herausgefunden haben das Rainer Volz und Paul Zulehner, die von beiden großen Kirchen beauftragt wurden, eine Studie zum Thema spielende Väter zu realisieren. Inzwischen sind es übrigens 70 Prozent Väter, die gerne spielen - der Trend geht also ganz klar in eine Richtung. Nach dem Spielen auf Platz 2 liegt der Spaziergang mit dem Nachwuchs, aber auch Hilfe bei den Hausaufgaben und reichlich Zeit für Gesellschaftsspiele liegen weit vorn in der Favoritenliste der Väter. Schon im Jahr 2006 wurde entdeckt, dass Väter für Spiele dieser Art mit ihren Kindern rund 105 Minuten widmen, das ist übrigens mehr als bei Müttern.

Stupsen und tasten

Schon in den 1970er Jahren wurden die Unterschiede des Spielverhaltens zwischen Müttern und Vätern untersucht. Später dann, im Jahr 1985, erschien das Standardwerk von Professor W.E. Fthenakis, das den schlichten Titel „Väter“ trägt. Darin wurde das Spielverhalten von Vätern genauer unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse unterscheiden sich kaum von denen, die auch heute zu beobachten sind. Väter agieren demnach in erster Linie physisch und taktil. Weniger fachlich könnte man sagen, dass Väter bewegungsfreudige Spielkameraden sind. Schon im Umgang mit Säuglingen neigen Männer dazu, die Kleinen anzustupsen und so für die nötige Aufmerksamkeit zu sorgen. Wendet sich der Nachwuchs ab, werden schon mal die Beinchen oder Ärmchen ein bisschen bewegt, um wieder die volle Aufmerksamkeit des Nachwuchses zu erhalten. Babys reagieren darauf meist positiv und amüsieren sich köstlich dabei (es sei denn, sie sind gerade überhaupt nicht in der Stimmung).

Körperbetontes Spiel und Wettkampf

Auch später bleibt das Spiel der Väter oft körperbetont. Väter spielen oft wilder als Mütter und geben so Kindern die Möglichkeit, sich auszutoben und ihr Bewegungsbedürfnis auszuleben. Sie fordern ihre Kinder eher heraus und ermutigen sie, ihre Grenzen auszutesten – ob am Klettergerüst oder auf der Rutsche, beim Sprung über den Bach oder beim Raufen. Viele Kinder lernen im Spiel mit dem Vater erstmals einen Wettkampf kennen, bei dem man sich aneinander misst und es „um etwas geht“. Davon profitieren Jungen wie Mädchen langfristig.

Söhne vor Töchtern?

Kritische Stimmen behaupten gern, dass Väter mit ihren Söhnen zwar ausgezeichnet spielen können, Töchter dabei aber in den Hintergrund rücken. Weil das „männliche“ Spielen Vätern einfach mehr liegt. Die Universität Koblenz wollte das genauer wissen und hat es untersucht. Das Ergebnis: Männer verteilen die ihnen zur Verfügung stehende Zeit gleichmäßig auf Söhne und Töchter. Die Art zu spielen, ist trotzdem ähnlich. Väter toben gern mit ihren Kindern, sie klettern, balgen und machen Wettkampfspiele. Es mag stimmen, dass sie mit Söhnen häufiger Fußball spielen als mit Töchtern. Insgesamt aber müssen Töchter nicht damit leben, weniger Zeit mit dem Papa zu verbringen.

Die Mahnung der Mütter

Eben weil Väter und Mütter unterschiedlich spielen, kann es zu Konflikten zwischen ihnen kommen. Nachvollziehbar ist dabei zunächst einmal jede der beiden Seiten. Wenn der Vater mit dem Kinde auf Bäume klettert oder Klettergerüste erklimmt, wird manch einer Mutter ganz anders zumute. Kleine Sätze wie „Muss das jetzt sein?“ oder „Du bist aber schon vorsichtig, ja?“ können sich schnell hochschaukeln. Während der Vater mutmaßt, seine Frau traue ihm nicht zu, vorsichtig mit dem Kind zu sein, befürchtet die Mutter, ein kleines Missgeschick, ein falscher Griff könnte zu gefährlichen Unfällen führen.

Letztlich haben beide Partner recht mit ihrer Sicht auf die Sache. Lösbar ist dieses Problem nur durch das Gespräch miteinander. Ratsam ist eine klare Arbeitsteilung. Wenn der Vater mit dem Kind spielt, ist er in vollem Umfang für alles verantwortlich, was dazu gehört. Das kann im Falle eines Ausflugs auch bedeuten, dass er Windeln oder Bekleidung einpackt, für Marschverpflegung sorgt und entscheidet, wann eine Grenze erreicht ist.

Die absolute Sicherheit, dass nichts schief geht, hat man letztlich nie. Es kann immer etwas passieren, egal, ob beim Spiel mit der Mutter oder dem Vater. Kinder brauchen aber beide Arten des Spielens.

Gemach, gemach

Ob Mütter oder Väter besser mit Kindern spielen, ist keine Frage, die sich stellt. Sie spielen anders, und beides ist richtig und wichtig für das Kind. Trotzdem – wie in allen anderen Bereichen der Beziehung zwischen Mann und Frau auch – sollten beide Partner gegenseitig auf sich aufpassen. Und sich in Selbstkritik üben. Für Väter gilt das im besonderen Maße hinsichtlich der Einschätzung über die Fähigkeiten des Kindes. Denn nicht selten neigen sie dazu, ihren Nachwuchs zu überschätzen.

Baukästen sind zum Beispiel grundsätzlich eine gute Idee, sie sollten aber ihrem Aufbau nach zum Entwicklungsstand des Kindes passen. Ob ein Kind jedoch in der Lage ist, mit echten Werkzeugen oder einem Schnitzmesser zu arbeiten, das sollten Eltern sich im Vorfeld aufgrund der Verletzungsgefahr besonders gut überlegen. Väter, die solche Punkte nicht aus den Augen verlieren, werden ganz hervorragend mit ihren Kindern spielen. Und anders spielen.