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Nabelschnurblut – zu schade zum Wegwerfen

In seiner Nabelschnur bringt uns unser Neugeborenes etwas ganz Besonderes mit. Die darin enthaltenen Stammzellen sind in der Lage, Krankheiten zu bekämpfen und sogar Leben zu retten. Zu schade zum Wegkippen? Es besteht die Möglichkeit das kostbare Blut einlagern zu lassen oder zu spenden.

Schon heute werden mit Stammzellen aus der Nabelschnur Diabetes oder Krebs behandelt, Haut und Knorpelgewebe gezüchtet. In der Zukunft sollen damit weitere Erkrankungen geheilt werden. Das Blut kann an öffentliche Blutbanken gespendet werden. Etwa 1,3 Millionen Eltern entscheiden sich jedoch dafür, die Stammzellen des eigenen Kindes selbst einzulagern, um eventuelle spätere Erkrankungen heilen zu können. Dieses Verfahren ist jedoch bei Experten umstritten.

 

Stammzellen – Die große Hoffnung?

Vor etwa 10 Jahren wurde entdeckt, dass die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut nicht nur neue Blutzellen bilden können, sondern sich auch zu anderen Zellarten entwickeln können. Damit wurden diese Zellen zu einem Hoffnungsträger. Die Mediziner träumten davon, daraus neue Herzen und sogar Nervenzellen wachsen zu lassen. Ob dies tatsächlich irgendwann der Fall sein wird, scheint heute fraglich. Zwar können Haut und Knorpel sowie Leber- und Muskelgewebe gezüchtet werden, insgesamt sind die Blutstammzellen aber offensichtlich längst nicht das Wunder, als das sie angepriesen werden. Mit Stammzellen kann heute schon Blutkrebs (Leukämie) geheilt werden. Die körpereigenen Stammzellen, aus denen das Blut gebildet wird, werden zerstört, anschließend werden gesunde Stammzellen transplantiert, die sich im Knochenmark des Empfängers ansiedeln und dort die Arbeit als Blutbildner wieder aufnehmen. Gerade für diese Therapie eignen sich aber nur körperfremde Stammzellen, da die Veranlagung zum Blutkrebs bereits in den Stammzellen hinterlegt ist. Eine Einlagerung des eigenen Nabelschnurblutes wäre also zwecklos. Die Einlagerung der Stammzellen des eigenen Kindes ist somit eine hoffnungsvolle Investition in die Zukunft, in der es Mediziner und Wissenschaftler vielleicht doch schaffen, aus den Zellen neue lebenswichtige Organe zu züchten.

 

Nabelschnurblut einlagern – wie geht das und was kostet es?

Die Entnahme des Nabelschnurblutes ist für Mutter und Kind schmerzlos und ungefährlich. Nachdem die Nabelschnur sofort nach der Geburt abgeklemmt worden ist, entnimmt der Arzt das Blut. Allerdings ist erwiesen, dass die Eisenwerte von Kindern, die nach der Geburt noch eine Weile mit der Nabelschnur verbunden waren, höher sind. Besonders bei Mehrlings- oder Frühgeburten sollte die Nabelschnur deshalb so spät wie möglich durchtrennt werden. Das entnommene Blut wird mit einem Eilkurier in die Nabelschnurbank gebracht und dort überprüft. Im Anschluss daran wird es bei einer Temperatur von minus 196 Grad in flüssigem Stickstoff eingelagert und soll etwa 20 Jahre haltbar sein. Dazu schließen die Eltern vor der Geburt des Kindes einen Vertrag mit einer privaten Nabelschnur-Blutbank ab. Sie müssen die kompletten Kosten für die Lagerung der Stammzellen tragen. Endet der Vertrag oder werden die Stammzellen nicht benötigt, dann vernichtet das Unternehmen das Blut. Die Kosten belaufen sich je nach Anbieter auf etwa 2.500 Euro für 20 Jahre Einlagerung. Gesetzliche Krankenkassen beteiligen sich grundsätzlich nicht an den Kosten für die Aufbewahrung des Nabelschnurblutes. Einige private Versicherer gewähren allerdings mittlerweile eine Kostenbeteiligung.

 

Nabelschnurblut spenden

Entscheiden sich Eltern, das Nabelschnurblut ihres Kindes an eine öffentliche Blutbank zu spenden, ist das Vorgehen identisch, allerdings kostenfrei. Die Blutspende wird geprüft und anonym aufbewahrt. Sie wird im Bedarfsfall Kranken auf der ganzen Welt zur Verfügung gestellt, die durch die Transplantation von Stammzellen geheilt werden können. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Benötigt das eigene Kind eine Stammzellentransplantation werden die körpereigenen Stammzellen verwendet, sofern diese noch bei der öffentlichen Blutbank eingelagert sind.

 

Kritische Stimmen gegen die private Einlagerung von Nabelschnurblut

Viele Experten sprechen in Bezug auf die private Nabelschnurbluteinlagerung von einem „Geschäft mit der Angst“. Denn in vielen Fällen kann eine bestehende Erkrankung auch mit fremden Stammzellen geheilt werden, da nicht unbedingt alle Merkmale identisch sein müssen. Manchmal ist die Verwendung körpereigener Stammzellen sogar ausgeschlossen. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2008 legt die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation dar, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die eigenen Stammzellen für eine Therapie verwendet würde, extrem gering sei. In statistischen Zahlen über die letzten 20 Jahre drückt sich das folgendermaßen aus: Es gab mehrere tausend Transplantationen von Stammzellen, die benötigten Zellen wurden dafür aber meist aus den öffentlichen Spenderbanken bezogen. Die Anzahl an Kindern, die Ihr eigenes Nabelschnurblut bekommen haben, wird dagegen auf nur etwa 200 geschätzt.

Es ist gut zu wissen, dass eine Nabelschnurblutentnahme weder der Mutter noch dem Kind schadet. Auf Grundlage dieser Erkenntnis können und müssen Eltern selbst entscheiden, ob ihnen diese geringe Wahrscheinlichkeit die vergleichsweise hohen Kosten wert sind.

 

Zum Weiterlesen:

http://www.stern.de/gesundheit/gesundheitsnews/nabelschnurblut-geschaeft-mit-der-angst-580360.html