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Bloß keine Kinder kriegen – Frauen, hört auf zu meckern!

Der Zeitpunkt zum Kinder bekommen ist für bestimmte Frauen irgendwie immer ungünstig. In einer zufälligen Begegnung mit einem Mann, den ich zuvor noch nie gesehen habe, entstand zunächst ein Dialog, der sich dann zu einem Monolog entwickelte. Ich gebe die Äußerungen des Mannes hier als Gedächtnisbericht wieder.

Für Alkohol war es noch ein bisschen früh, als ich die Kneipe betrat. Also bestellte ich Kaffee. Mit Milch und Zucker. Und ein belegtes Brötchen. Ich wollte einmal durchatmen, hatte einen anstrengenden Tag hinter mir und den aufregendsten Teil noch vor mir - Elternabend. Ausgerechnet von unserem Großen, der mit seinen 14 Jahren gerade mächtig am Rad drehte. Die Welt war schlecht, alle waren fies und gemein, niemand verstand ihn. Seine Klassenlehrerin hatte schon angekündigt, dass das eigentliche Gespräch über unseren Sohn erst nach dem Elternabend stattfinden sollte. Wie ahnten, dass das nichts Gutes bedeuten konnte.

Plötzlich saß ein Kerl neben mir. Ich hatte ihn nicht kommen hören, aber ich war auch ziemlich vertieft in meine Gedanken. „Moin“, sagte der Mann nicht unfreundlich und nachdem ich mit einem knappen „Hallo“ geantwortet hatte, fragte er, ob der Platz noch frei sei. Ich bedeutete ihm, sich hinzusetzen und wir kamen ins Gespräch. Wir sprachen über dies, wir sprachen über das und irgendwie gefiel mir der Typ, der in Jeans und ungebügeltem Hemd dasaß und mit mir plauderte. Irgendwann kam, was kommen musste. Ich sprach über unsere Kinder, speziell über unseren Sohn. Und darüber, wie das Leben früher einmal war. Es war gar nicht so schlecht, sagte ich meiner neuen Bekanntschaft. Damit hatte ich irgendeinen Knopf gedrückt, ohne dass es mir bewusst war. Mein neuer Freund begann plötzlich zu reden wie ein Wasserfall.

 

 

 

Die Zeit ist nicht reif. Nie!   

„So so, das Leben früher, so ganz ohne Kinder, war also auch nicht schlecht, richtig?“

Ich fühlte mich irgendwie ertappt, sagte vorsichtig: „Es war schon gut so, wie es war. Heute ist es das aber natürlich auch. Manchmal hab' ich nur das Gefühl ...“ Irgendwie wusste ich selbst nicht so genau, wie ich den Satz beenden wollte. Mein funkelnagelneuer Bekannter übernahm das. Und er übernahm auch die nächsten Minuten die Gesprächsführung.  

„Manchmal ist man einfach erschöpft. Gestresst. Mit den Nerven am Ende. Das ist völlig normal und gehört dazu. Aber ist das ein Grund, keine Kinder in die Welt zu setzen? Nein, das ist kein Grund, denn Kinder sind etwas Wundervolles, auch wenn wir sie hin und wieder gegen die Wand werfen wollen. Aber das ist nicht das Problem. Mein Problem sind die modernen Frauen. Nicht die Mütter, sondern die, die noch gar keine Kinder haben. Und die nach immer neuen Argumenten suchen, daran auch nichts zu ändern.  

Mal ist es zu früh, mal schon etwas zu spät. Mal stehen berufliche Pläne dem Vorhaben im Weg, mal ist die Beziehung noch nicht gefestigt genug. Dann wieder ist die Umweltverschmutzung ein Grund, lieber keine Kinder in die Welt zu setzen. Ach, und dann sind da noch die blöden Politiker und die Gesellschaft, die den Frauen Steine in den Weg legt. Die Gesellschaft!

Was ist das eigentlich, die Gesellschaft? Wir alle, oder nicht?“

Ich unternahm den Versuch einer Antwort, wollte die Kritik an der Gesellschaft ein wenig differenzieren. Aber mein Tischnachbar war schon in seinem nächsten Gedankengang.

 

 

 

 

 

 

Neue Männer braucht das Land – so ein Unsinn!

Als ich fast soweit war und etwas Kluges zu dieser Sache mit der Gesellschaft sagen wollte, nahm mein Gesprächspartner weiter an Fahrt auf.

„Auch immer gern genommen ist das Frauen-Argument, dass die Männer noch nicht soweit sind. Dass sie in alten Rollen verharren, nichts im Haushalt machen wollen, keine Lust haben, nachts aufzustehen oder stinkende Windeln zu wechseln. Jetzt mal im Ernst, Kumpel, bist Du auch so ein Kerl, der bei nichts und niemals hilft?“

Ich wollte ein kräftiges „Nein“ platzieren, kam aber nicht dazu.

„Genau“, fuhr mein redseliger neuer Bekannter fort, „Du wirst schon wissen, wie das läuft mit Mann und Frau. Da müssen sich zwei Menschen absprechen. Zwei, die sich Liebe und Treue geschworen haben, zwei, die mit beiden Füßen mitten im Leben stehen. Die im Laufe des Lebens schon etliche Herausforderungen gemeistert haben. Und dann soll das Kinder kriegen daran scheitern, dass man sich nicht darauf einigen kann, wer abwäscht, nachts mal aufsteht oder die Kacke zum Müll bringt? Lächerlich ist das!

Ich hör' immer, das Land brauche neue Männer. Ist das so? Wie viele denn genau? Normalerweise bekommt eine Frau ein Kind, und zwar mit einem Mann. Warum sollten sich denn gleich alle anderen Männern des Landes komplett erneuern? Für wen? Für die Frau, die nicht den Mumm hat, mit ihrem Partner ein Kind in die Welt zu setzen? Gäbe es auch nur ein einziges Kind mehr, wenn ich hier nicht sitzen und meinen Kram erzählen würde? Wäre etwas anders, wäre auch nur ein einziges Kind mehr auf der Welt, wenn ich mich als weicher, warmherziger Frauenversteher outen würde? Nein, ganz sicher nicht. Statt sich auf ihren Partner zu konzentrieren, suchen viele Frauen das perfekte männliche Wesen an sich. Und weißt Du, was das verrückte daran ist?“

Ich legte den Kopf schief, hob Schultern und Arme und zuckte hilflos.

„Wenn sie dieses perfekte männliche Wesen vor sich haben, wollen sie es nicht haben. Zu weich, zu wenig Durchsetzungsvermögen, zu verständnisvoll. Womöglich sogar noch langweilig im Bett. Das ist doch Käse, das Ganze. Und nur ein Vorwand, etwas Konkretes nicht in die Tat umsetzen zu müssen. Ich wäre für neue Frauen. Ja, neue Frauen braucht das Land!“

 

 

 

 

 

 

Eine offene Frage

Der Monolog ging noch weiter. Ich kann mich aber nicht mehr an den Rest erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich die Zeit vergaß, plötzlich an meinem dritten Kaffee saß und mir nach und nach vier Stücke Kuchen bestellt hatte. Als ich dann auf die Uhr sah, wurde mir klar, dass der weitere Verlauf des Tages stressig werden würde. Ich hatte noch eine Menge zu erledigen, aber deutlich weniger Zeit dafür, als ich vor meinem Treffen mit dem Unbekannten kalkuliert hatte.    

Ich hatte keine Ahnung, wie ich das alles schaffen sollte.

Und ich hatte keine Ahnung, ob ich mich soeben mit einem Vater unterhalten hatte. Irgendwie kamen wir auf dieses Thema nicht.