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Wenn Väter älter werden

„Sie werden so schnell groß“. Während Väter beim Anblick ihrer „ganz plötzlich“ zum Teenager herangereiften Sprösslinge oft solche Gedanken hegen, macht natürlich das Altern auch nicht vor ihnen selbst Halt. Doch wie damit umgehen?

Wir haben es bereits beim Thema Schulzeitende angemahnt: Zeit verfliegt angesichts des Elterndaseins als würde man auf einer Rakete sitzen. Eben noch war man ein auch äußerlich jugendlicher Mitt- oder Endzwanziger und gefühlt drei Monate später kneift der Rücken beim Aufstehen, wird die kahle Stelle am Hinterkopf immer größer, rückt die Fünf vor der Altersangabe näher. Und gerade diese gefühlte Rasanz, mit der das kommt, überwältigt viele Männer. Dabei ist „akzeptieren“ längst nicht alles was man tun kann. Warum es dennoch nicht ganz ohne Akzeptanz geht, verraten wir auf den folgenden Zeilen.


1. Stichwort Fitness

Es ist noch nicht allzu lange her, da machte man seinem Sohnemann nicht nur beim Basketballspielen noch etwas vor, sondern war auch der in Kindesaugen bärenstarke Papa, dem keine Kiste, kein Möbelstück zu schwer war. Doch der Tag wird kommen, an dem der Sohnemann seinen „alten Herrn“ in Sachen Kraft abhängt – ganz einfach eine normale Altersentwicklung. Männer erreichen ihr Höchstmaß an (körperlicher) Kraft Anfang der 20er. Und bereits ab dem 30. Geburtstag geht es durch altersbedingten Muskelschwund bergab. Die „Jahres-Schwundrate“ beträgt zwar nur 0,3 bis 1,3 Prozent Muskelmasse, doch gilt, je weniger muskulös man(n) in jungen Jahren war, desto stärker wirkt sich der Verlust aus.
Wo es in den 20ern also eher ein optisches Ding war, im Fitnessstudio Gewichte zu stemmen, sollte es Mitte der 30er ein normaler Vorgang werden, um dem Alter entgegenzuwirken – einfach damit man vor seinem kraftstrotzenden Teenager-Sohn nicht ganz so offensichtlich kapitulieren muss, wenn Power gefragt ist. Doch der Muskelaufbau hat noch einen anderen Hintergrund.


2. Die Hormone

Was macht den Mann zum Mann? Auf biologischer Ebene ist es vor allem das Hormon Testosteron. Und dessen Produktion wie Auswirkung ist direkt mit dem Altersprozess verbunden. Denn ab dem 35. Lebensjahr sinkt auch der Testosteronspiegel. Das ist einerseits Grund dafür, dass Männer im „gesetzteren Alter“ weniger explosiv sind als ihr jüngeres Ich. Doch leider sind das Männer-Hormon und die Muskulatur auch direkt und in beiden Richtungen miteinander verbunden:

  • Sinkt der Hormonspiegel, verringert sich auch das Muskelwachstum.
  • Trainiert man jedoch die Muckis, steigt automatisch der Testosteronspiegel.

Zudem ist der natürlich absinkende Testosteronlevel auch noch für andere „Altersgebrechen“ verantwortlich, darunter Leistungsverlust, Müdigkeit bis hin zu Potenzstörungen. Kraftsport ist aber nur ein Weg, diesen Prozess umzukehren. Guter, ausreichender Schlaf ist ein weiterer, denn Schlafmangel ist ein Rückkopplungsprozess, der sowohl durch Testosteronmangel entsteht, wie er ihn verschlimmert. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich mehr Vitamin-D zuzuführen, entweder durch tägliche „Sonnenbäder“ oder Supplementierung.

Sehr viele Väter, die um die 40 mit nachlassender „Männlichkeit“ konfrontiert wurden, konnten die meisten dieser Auswirkungen auf diesem Wege umkehren. Und es gibt noch eine weitere gute Nachricht: Testosteron ist weder als Mangel- noch Überschusserscheinung mit Haarausfall verbunden. Wenn beim Friseur also von Mal zu Mal weniger auf dem Boden landet, ist das wahrscheinlich ein genetisch vererbter Zustand.


3. Gelobt sei, was altersmilde macht

Es ist nicht nur möglich, sondern hat auch unbestrittene Vorteile, spät Vater zu werden. Doch eines gehört nicht dazu: Das „Jugendverständnis“. Um das anhand eines Beispiels zu erklären: Wer mit 20 Vater wird, ist 35, wenn sein Kind mitten in der Pubertät steckt. Da hat man die eigene Jugend noch gut im Gedächtnis, kann sich viel eher in die Lebensrealität eines hormonell gebeutelten Teenagers hineinversetzen. Wird man jedoch erst mit 35 Vater, erlebt man die gleichen „Pubertätsfreuden“ erst mit 50 und damit fast einem halben Leben Distanz. Das kann es, zugegeben, schwieriger machen.

Doch es gibt in diesem Sinne auch einen Vorteil des Älterwerdens. Vielleicht versteht man als End-Vierziger die „heutige Jugend“ nicht mehr so gut, doch man hat viel mehr geistige Reife erlangt. Das Stichwort Altersmilde ist zwar auch ein bisschen ans Testosteron gekoppelt, viel mehr hängt es jedoch damit zusammen, dass man vieles schon gesehen und erlebt hat. Man mag mit 50 nicht so gut wie mit 35 verstehen, warum die eigene Tochter sich die Haare zum Regenbogen färbt – im Gegensatz zu seinem jüngeren Ich bringt einen das aber auch nicht mehr so auf die Palme, weil man in vielen Lebensjahren eben noch ganz andere Jugendtrends gesehen hat.  

Zudem hat man als reiferer Mann auch weniger dieses „Konkurrenzgebaren“ im Blut stecken. Die Altersdistanz ermöglicht es einem so, besser seine Rolle als Vorbild auszufüllen – anstatt ein zwangsjugendlicher Kumpelpapa zu sein, den seine Kids bestenfalls nur peinlich finden.


4. Do’s und Dont’s

Aus all diesen Tatsachen ergeben sich im Zusammenspiel mit den Lebensrealitäten des Älterwerdens einige Verhaltensweisen, die man abmildern oder auch forcieren sollte. Die vielleicht wichtigste ist wie bereits eingangs angesprochen Akzeptanz. Jeder Mensch altert, Punkt.

Man(n) kann (und sollte) zwar bei den rein körperlichen Auswüchsen ruhig etwas gegensteuern – allein damit man leistungsfähig bleibt. Doch wer darüber hinaus krampfhaft versucht, äußeres Altern zu kaschieren, macht sich nicht nur als Vater unglaubwürdig, sondern auch als Erwachsener. Man muss keine jugendliche Musik hören, keine jugendlichen Modetrends mitmachen. Das respektiert weder die Jugend, noch die eigene Generation.

 


 

Do:

  • Sich physisch und psychisch fit halten
  • Die Midlife-Crisis richtig deuten und nutzen, aber sie nicht als Ausrede nutzen, sein Leben völlig umzukrempeln
  • Sein Wissen verwenden, um Vorbild-Vater zu sein, durch eigene Erfahrung wichtige Tipps für den Kindes-Lebensweg zu geben
  • Akzeptieren, dass selbst ein trainierter und gepflegter Körper mit 50 nicht mehr so viel leisten kann, wie mit 25. Der Silberrücken-Gorilla muss sich auch nicht mehr auf jeden Konkurrenzkampf mit Jungspunden einlassen
  • All die Vorteile des Älterwerdens ausnutzen, um sich selbst zu optimieren. Das beginnt bei der gesicherteren Lebensweise und endet längst nicht bei „Erwachsenen-only-Mode“.


Don‘t:

  • Das Älterwerden durch Cremes und ähnliche Mittelchen mit Feuer und Schwert bekämpfen. Man muss nicht aussehen wie eine alte Lederjacke, aber krampfhaftes Haarfärben, Fältchen-Bekämpfen und Tinktur-Einmassieren ist für Männer nicht gerade cool. In diesem Sinne ist der Haartrimmer vielleicht die würdevollste Antwort auf altersbedingten Haarausfall.
  • Sich vom Lebensalter beuteln lassen. Jedes Alter hat seine schönen Seiten, man(n) muss sie nur finden und für sich anwenden. Wer jenseits der 40 nur der schwindenden Jugendlichkeit nachweint, wird die verbliebenen Jahre wenig Freude haben
  • Auf fruchtlose Gefechte in Sachen Stil- und Geschmacksfragen mit der Jugend einlassen. Das ist müßig, denn Jugend will nicht so sein, wie ihre Eltern. Und jede Teenager-Generation hat auch das Recht, Dinge zu tun, die ihre Eltern scheußlich finden – auch wir waren mal so.
  • Eine Alters-Arroganz entwickeln („Komm Du mal in mein Alter“). 45 oder mehr Lebensjahre sind zwar reich an Erfahrungen, aber wer diese zu freimütig ausgibt oder zu halsstarrig verlangt, dass die eigenen Kids genau diesem Weg folgen, verbaut sich viele Verhandlungsoptionen und sorgt auch dafür, dass die jugendliche Dagegen-Haltung sich verstärkt.

Eigentlich ist es ja ganz einfach. Man muss es nur schaffen, seinen männlichen Stolz herunterzuschlucken. Natürlich werden manche Herren daran scheitern. Aber wem es gelingt, sein Altern nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu seinem Vorteil zu nutzen, erntet mehr aus dieser unvermeidbaren Lebenslage. Oder: Männer, wir werden alle älter. Doch wenn es schon unausweichlich ist, dann lasst es uns wenigstens auf coole, männliche Weise tun und die gesammelten Erfahrungen nutzen, anstatt einem alternden Starlet gleich der Jugend nachzuweinen und beim Versuch, sie zu reproduzieren, einfach nur tragikomisch zu wirken.

 


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