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Häufige Erziehungsirrtümer – fünf grundsätzliche Punkte, die Eltern wissen sollten

Eltern haben heute mehr Angst denn je, in der Erziehung ihrer Kinder etwas falsch zu machen. Die gute Nachricht zuerst: Tun Sie Ihr Bestes, dann können die Fehler so groß nicht sein. Allerdings gibt es eine Menge Irrtümer, die rund um das Thema Kindererziehung kursieren. Hier finden Sie einige der häufigsten.

Erziehung hat heute zum erklärten Ziel, aus unseren Kindern lebenstüchtige und verantwortungsvolle Erwachsene zu machen. Während die Bedeutung der Eltern als strenge und allmächtige Autorität stark in den Hintergrund rückt, sind Verständnis, Zuwendung und Respekt heute wichtige Aspekte in der Erziehung. Doch auch hier kann einiges aus dem Ruder laufen, wenn Erwachsene vergessen, dass ihre Kinder genau das sind: Sich entwickelnde Wesen, die Liebe, aber auch Orientierung und Grenzen brauchen.

 

Erziehungsirrtum 1: Erst die Kinder, dann ich!

Sie müssen sich für Ihr Kind nicht aufopfern! Insbesondere mit dem Begriff der Helikoptereltern werden heute Eltern beschrieben, die einfach alles für ihr Kind tun und dabei sich selbst und ihre Bedürfnisse stark vernachlässigen. Ob das das Beste für Ihr Kind ist? Sicher nicht, denn Kinder wollen starke, selbständige, zufriedene und glückliche Eltern. Dazu ist nötig, dass auch deren eigene Wünsche und Prioritäten berücksichtigt werden. Das gilt für Sie als Vater, aber ebenso auch für Ihre Partnerin in der Mutterrolle. Gönnen Sie sich also Auszeiten, zusammen oder auch getrennt voneinander. Ihr Kind ist bei den Großeltern oder dem Babysitter währenddessen gut aufgehoben und profitiert nach der Auszeit von zufriedenen und ausgeglichenen Eltern. Nur wer sich selbst genug Raum gönnt, um die eigene Persönlichkeit auszuleben, kann diesen Raum auch anderen – in dem Fall den eigenen Kindern – vollständig und entspannt zugestehen.

Erziehungsirrtum 2: Die Sache mit der Belohnung

Immer belohnen, nie belohnen – was ist nun richtig? Die Geister scheiden sich, wenn es darum geht, Kinder für gutes Benehmen und angepasstes Verhalten mit Süßigkeiten oder Geschenken zu belohnen. Richtig ist: Es kommt darauf an! Regelmäßiges Mithelfen im Haushalt – natürlich altersgerecht – gehört einfach zum Zusammenleben dazu und verdient keine extra Belohnung. Ihr Kind soll lernen, dass manche Arbeiten einfach eine Selbstverständlichkeit sind. Andererseits sind Belohnungen ideal, um im Kind zu verankern, was erwünschtes und richtiges Verhalten ist. Dabei müssen Belohnungen längst nicht immer Geschenke sein. Vor allem kleinere Kinder profitieren deutlich mehr von der Anerkennung der Eltern, wenn sie etwas Tolles geleistet haben. Materielle Belohnungen sind natürlich auch in Ordnung. Nur sollten sie so selten verteilt werden, dass sie wirklich etwas Besonderes sind. Fallen Kinder bestimmte Aufgaben wie zum Beispiel das Zähne putzen oder Hausaufgaben machen sehr schwer, dann kann eine Belohnung für die nötige Motivation sorgen. Für alltägliches hat sich das Bonussystem bewährt: Jedes „richtige“ Verhalten wird notiert, zum Beispiel als Sonne im Kalender, bei 10 Sonnen gibt es ein kleines Geschenk oder eine besondere Aufmerksamkeit durch die Eltern.

Erziehungsirrtum 3: Ohne Mütter geht es nicht!

In uns ist immer noch stark verankert, dass ein Kind nicht ohne Mutter aufwachsen kann. Das ist ein Irrtum. So wichtig die Mütter als Nahrungsquelle und erste Bezugsperson sind, auch andere Menschen können dem Kind die Zuwendung und Fürsorge geben, die es in den ersten Lebensmonaten und -jahren braucht. Das kann der Vater sein, aber auch andere Menschen. Wichtig für Babys und Kleinkinder und ihre gesunde Entwicklung ist, dass ihre körperlichen und emotionalen Bedürfnisse befriedigt werden. Dazu gehört maßgeblich auch ein kontinuierlicher liebevoller Kontakt zu einer Bezugsperson.

Erziehungsirrtum 4: Daumenlutschen darf nicht sein!

Kinder, die viel am Daumen lutschen, verformen damit ihren Kiefer. Das ist Fakt. Allerdings bildet sich diese Verformung in den allermeisten Fällen bis zum 3. Lebensjahr zurück. Gegenüber dem dauernden Stress, den es Eltern und Kind bereitet, die Angewohnheit zu verhindern, erscheint dies doch als das kleinere Übel. Der Saugreflex ist je nach Kind unterschiedlich ausgeprägt. Viele Kinder lutschen bereits im Mutterleib intensiv am Daumen und behalten das auch nach der Geburt bei. In vielen Fällen legt sich das Bedürfnis, am Daumen oder Finger zu lutschen, gegen Ende des ersten Lebensjahres. Viele Kinder nuckeln dann nur noch kurz zum Einschlafen. Setzt sich die Angewohnheit dauerhaft fest, dann hat das Daumenlutschen für Eltern dennoch einige Vorteile: So kann der Finger anders als ein Schnuller nachts nicht verloren gehen. Spielt oder isst ein Kind, dann kann es nicht gleichzeitig nuckeln. Nachteilig ist dagegen, dass der Daumen immer und überall dabei ist und sich nicht einfach so austauschen oder abschaffen lässt. Wichtig für Eltern: Das Lutschen am Daumen erfüllt ein Bedürfnis des Kindes. Halten Sie es durch drastische Maßnahmen oder Drohungen ab, dann kann das zu echten Schäden an der Kinderseele führen. Also bleiben Sie gelassen: Spätestens zum Schuleintritt wird das Daumenlutschen Geschichte sein, eventuelle Schäden am Kiefer lassen sich durch eine Zahnspange wieder geradebiegen.

Erziehungsirrtum 5: Kinder müssen die Wahrheit sagen!

Phantasie oder Wirklichkeit? Für Kinder unterscheiden sich diese beiden Aspekte bis zu einem gewissen Alter nur unerheblich. Vor allem im „magischen Alter“ von drei bis fünf Jahren verschmilzt für das Kind die Vorstellung mit der Realität oft noch stark. Es glaubt an die Dinge, die es erzählt und lügt in dem Sinne also weder bewusst noch unbewusst. Bestrafen Sie Ihr Kind für seine vermeintlichen „Lügen“, kann das unangenehme Folgen haben. Kinder, die die Erfahrung machen, dass das, was sie für wahr halten, als Lüge bestraft wird, trauen möglicherweise ihren Gedanken und Empfindungen auch später nicht. Das erschwert ihnen, Entscheidungen zu treffen und der eigenen Linie zu folgen.

 

Erziehungsirrtümer gibt es jede Menge! Viele davon sind im Buch „Lexikon der Erziehungsirrtümer“ von Andrea Bischhoff nachzulesen. Generell sollten Eltern sich nicht allzu verrückt machen. Welche Punkte der Erziehung für das Kind positiv und gut waren und welche sich eher negativ auswirken, lässt sich in der Regel ohnehin erst hinterher – also wenn die eigenen Kinder erwachsen sind – herausfinden. Bis dahin folgen Sie Ihrem Herzen und dem gesunden Menschenverstand und Sie können nur wenige gravierende Fehler machen.