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Warte bis Papa nach Hause kommt!

Der Vater als letzte Instanz: Relikt-Drohung aus der Kindheit oder gerechtfertigtes pädagogisches Mittel von überforderten Müttern? Ganz abgesehen davon – wie sollten Väter damit umgehen?

Früher war der Satz nicht unüblich. Wenn Mama sich aus der Affäre ziehen wollte (oder musste), wurde Papa als Zurechtstutzer angekündigt. Damals war der Vater aber eben in erster Linie fürs Geldverdienen und als oberste Autorität gefragt. Wollen Sie sich in diese Rolle drängen lassen?

 

Drohen macht Angst!

Hand aufs Herz: Fast jeder von uns kennt diese Drohung aus dem Mund seiner Mutter. Egal wie liebevoll, fürsorglich, einfühlsam und gerecht sie sonst immer gewesen sein mag. Irgendwann war auch bei der größten Über-Mutti der Punkt erreicht, an dem sie sagte: „Warte nur bis der Papa nach Hause kommt!“ Und genau so wie man sich daran erinnert, dass dieser Satz mindestens einmal im Kindheits- oder Teenageralter fiel, genau so sicher kann man sich an das Gefühl erinnern, das man dann bekam: Angst.

Wieso drohen Müttern ihren Kindern mit dem Vater? Auch heute noch? Ist das nicht im höchsten Maße unfair? Das ist es. Aber leider sind Jahrhunderte lange Frauen- und Müttersozialisationen und Prägungen nicht von heute auf morgen vergessen. Wenn eine ansonsten sehr selbstbewusste und resolute Mutter mit dieser Papa-Drohung kommt, zeigt das nur eines: Hilflosigkeit. In einem modernen Deutschland würde man sich wünschen, dass es diese Panikmache vor der Autorität Vater nicht mehr geben würde, aber leider ist Hilflosigkeit und Überforderung zeitlos.

 

Good Cop, Bad Cop

Kinder sind manchmal anstrengend. Sie tun auch nicht immer alles, was man will. Sie treiben Unsinn und machen Quatsch. Sie schießen auch bisweilen über das Ziel hinaus. Wenn am Ende des totalen Kinder-Unsinn-Tsunamis dann auch noch eine überreizte Mama steht, dann kommt es durchaus zu solchen Ausbrüchen und Aussprüchen. Die alte Krux: Mama ist der Good Cop, Papa der Bad Cop. Bei dieser unsinnigen Machtaufteilung untergräbt die Frau auch ihre eigene Autorität. Frei nach dem Motto: „Mama hat ja eh nix zu sagen“. Insofern schneiden sich Mütter mit solchen Drohungen nur ins eigene Fleisch: Irgendwann wird das Kind sie nicht mehr als maßgeblichen Elternpart wahrnehmen, der ebenfalls Regeln aufstellen kann. Und sie gegebenenfalls auch durchsetzen darf.

 

Der Papa als Schiedsrichter

Andererseits ist es natürlich auch extrem ungerecht gegenüber dem Vater, der in eine – oftmals ungebetene – Richterrolle gesteckt wird, die er gar nicht erfüllen kann. Zumindest nicht, wenn er beiden, Frau und Kind, gerecht werden will. In dem Fall soll der Vater Schiedsrichter sein für eine Situation, bei der er nicht zugegen gewesen ist. Das ist ähnlich absurd wie beim Fußball: Auch da kann der Schiri im Nachhinein aus Erzählungen von zwei Spielern nicht entscheiden, ob es nun ein Foul war oder nicht. Außer er ist parteiisch, was natürlich der eine Spieler (in dem Fall die Frau) von ihm erwartet. Und das ist eben unfair.

Ganz abgesehen davon sollte Stunden nach einem Konflikt dieser nicht erneut aufs Tableau kommen. Beispiel: Der 11-jährige Sohn zerdeppert – trotz mütterlicher Warnung im Vorfeld – eine Vase beim inhäusigen Frisbee-Trurnier. Mama ist komplett entnervt, schreit, brüllt und wirft als letzten Satz eben jene „Warte nur...“-Drohung in den Raum. Was soll Sohnemann nun damit anfangen? Dass es nicht gut war, dass er die Vase zerdeppert hat, weiß er inzwischen auch. Aber anstatt sich gemeinsam mit dem Konflikt auseinanderzusetzen, wird das Kind allein gelassen – mit einer imaginierten Furcht vor dem Heimkommen des Vaters in einigen Stunden. Und der Angst....ja, vor was eigentlich? Vor Prügel? Vor dem bösen Blick? Oder einfach vor der Tatsache, dass Papa immer solidarisch mit der Mama sein wird? Egal, woher die Angst rührt, sie ist in jedem Fall schlimm, destruktiv und auf die Dauer schädigend.

 

Was sollte der Mann also tun?

Als Tipp also für alle Väter, die abends nach Hause kommen und deren Frau sie schon an der Haustüre abfangen, um sich über den furchtbaren, ungehorsamen, frechen, unmöglichen Fratzen aufzuregen: Bewahren Sie die Ruhe! Ihre Frau ist womöglich an solchen Tagen wirklich am Limit ihrer Kräfte und möchte einfach nur, dass Sie ihr Entscheidungen abnehmen oder das viel besagte Machtwort sprechen.

Aber: Es gibt immer zwei Seiten und auch, wenn Sie von der Arbeit gestresst sind und sich eigentlich auf ein gemütliches Abendessen gefreut haben, nehmen Sie sich die Zeit, um ein gerechter Mediator zu sein. Hören Sie sich beide Seiten besonnen an und sagen Sie dann ruhig auch: „Ich war nicht dabei und ich kann nicht entscheiden, wer hier im Recht und wer im Unrecht ist.“ Auch wenn Ihre Frau dann leicht säuerlich reagiert: Wichtiger ist es, Ihrem Kind zu jeder Minute klar zu machen, dass es keine Angst vor Ihnen haben muss und darf. Egal, was es macht und egal, was passiert.

Das müssen Sie auch Ihrer Frau in Gesprächen klar machen: Sie sind nicht die letzte Instanz, die über Strafe oder Freispruch, richtig oder falsch entscheidet. Und Sie wollen vor allem nicht der schwarze Buhmann sein, vor dem die Kinder zittern. Denn eins ist sicher: Das Warten auf eine angedrohte Strafe ist oft schlimmer als die Strafe selbst!