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Kinder in der Pubertät - was hassen sie am Vater?

Friede, Freude, Eierkuchen? Eine glückliche Familie mit liebenden Eltern und zufriedenen Kindern? Dazu eine Prise Humor, gegenseitiges Verständnis und gemeinsame Urlaube und Wochenendausflüge? Gern, das klingt doch prima. Allerdings kann die Pubertät dieser Idylle in die Quere kommen. Und zwar so sehr, dass die verklärten Gedanken an das traute Glück nicht nur gestört werden, sondern sogar in Hass umschlagen können. Viele Väter reagieren mit Ratlosigkeit.

Vorbei ist es mit gegenseitigem Verständnis und dem Gefühl, es anders zu machen, als die eigenen Eltern es vielleicht taten, wenn erst einmal brüllend Türen geknallt werden. Dahin sind die Pläne, nicht die gleichen Fehler zu machen, denen man selbst erlag, wenn der Nachwuchs pubertierend Hass aussendet. Aus Hilflosigkeit kann sich ein Verhalten entwickeln, das man sich als Vater niemals hätte vorstellen können. Oder es entwickelt sich eine Ohnmacht und das traurige Gefühl, handlungsunfähig zu sein.

 

„Du bist nicht mein Freund!“

Als der Junge noch klein war, das Mädchen noch richtig niedlich, da ging es. Als Vater hatte man nicht nur die Rolle eines Elternteils inne, sondern oft auch die des Freundes. Kumpelhaftes Fußballspielen oder gemeinsame Spiele im Kinderzimmer und harmonische Urlaube vermittelten das Gefühl von so etwas Ähnlichem wie Freundschaft. Doch je älter die Kinder werden, desto unrealistischer ist es, an dieser Freundschaft festhalten zu wollen. Ab einem gewissen Alter ist man nur noch Vater. Und darüber hinaus uralt. Der Nachwuchs fühlt sich unverstanden und sieht nicht mehr das große Vorbild, sondern den Störfaktor, wenn es darum geht, sich an Absprachen zu halten, Leistungen in der Schule zu zeigen oder im Haushalt zu helfen. Du Aussage „Du bist nicht mein Freund!“ und die aggressiven Blicke dahinter sind ein Schock, den man als Vater erst einmal verarbeiten muss. Nicht jeder muss das durchmachen. Aber viele Väter kennen solche Situationen.

Niemals anbiedern!

„Mit mir kannst Du reden, ich bin doch Dein Freund.“ Diese Aussage, noch dazu, nachdem sich der Nachwuchs komplett danebenbenommen hat, bewirkt das genaue Gegenteil dessen, was erreicht werden soll. Jugendliche in der Pubertät brauchen vor allem eines: Freunde in ihrem Alter. Verkumpeln von Seiten des Vaters kommt nicht nur nicht gut an, sondern erzeugt eine starke Abwehrhaltung und Rückzug. Aggressivität kann erschwerend hinzukommen. Die Empfehlungen von Freunden oder Familienangehörigen an Väter, die sich im Pubertätskonflikt mit dem Sohn oder Tochter befinden, reichen von „Nun lass ihn doch einfach in Ruhe“ bis „Du musst einfach härter bei Deiner Tochter durchgreifen“. Beides mag gut gemeint sein, ist jedoch in der Praxis schwierig umzusetzen. Den Jugendlichen einfach in Ruhe zu lassen, kann bedeuten, dass er sich noch viel weiter entfernt und womöglich durch sein Verhalten wichtige Entwicklungen beeinflusst, ohne sich dessen bewusst zu sein. Die „harte Hand“ ist aus zweierlei Gründen problematisch. Zum einen ist es meist schwer, sie überhaupt konsequent anzuwenden, weil man doch genau dieses Prinzip bei den eigenen Eltern oft verachtet hat. Zum anderen entsteht auch dabei in der Regel eine Gegenwehr, die weiteres Konfliktpotential in sich birgt. Die Androhung von Strafen oder Verboten ist bei Jugendlichen oft schwer durchzusetzen, im Zweifel entstehen Machtkämpfe, die die Lage nur verschärfen. Setzt man die Sanktionen um (fast) jeden Preis durch, sind dem Hass Tür und Tor geöffnet. Gelingt es nicht, steht man als „Weichei“ da und verliert auch noch den Rest an Kontrolle oder Respekt.

Nennen wir ihn Paul

Paul steht stellvertretend für viele andere Väter, die alles anders machen wollten als ihre Eltern. Und Paul hat eine Tochter, der er einfach nicht mehr gewachsen ist. Sie nimmt ihn nicht ernst, grinst ihn provokant an, wenn er etwas will oder erwartet und lässt sich überhaupt nichts sagen.

Paul hat sich dabei ertappt, wie er den Satz sagen wollte, den er eigentlich verabscheut: „Solange Du Deine Füße noch unter meinen Tisch stellst ...“ Er sagte ihn dann auch nicht, weiß aber nicht mehr weiter. Schnell war er in der Situation, Verbote auszusprechen, seine Tochter zu reglementieren. Doch das ging erst recht nach hinten los, der Teenager reagierte darauf mit der Aussage: „Ach, vergiss es, Du machst doch sowieso nichts!“ Und sie hatte sogar Recht damit. Es passt einfach nicht zu Pauls Stil, er hat jahrelang seine Tochter anders erzogen. Nun auf einen autoritären Stil umzustellen, wirkt nicht, sondern macht ihn vor seiner Tochter unglaubwürdig.

Und die Lösung?

Schön wär's, wenn es eine Lösung gäbe, die für jeden Fall funktioniert. Doch so ist es leider nicht. Es gehört viel Geduld, viel Reflektionsvermögen und letztlich viel Liebe dazu, um die Pubertät, wenn sie in solchen Gefühlen mündet, zu überstehen. Die Wahrheit liegt zwischen dem kumpelhaften Sich-Anbiedern und dem Versuch, die Situation durch Strenge in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus muss eine Balance zwischen Gewähren lassen und Einschreiten gefunden werden. Alles nicht so einfach, so viel steht fest. Den Ansatz einer Lösung hat übrigens Pauls Tochter gegenüber ihrer Mutter formuliert. Sie sagte: „Ich versteh Papa nicht, er nervt total. Und weiß Du, warum?“ fragte sie ihre Mutter. Die wollte es natürlich wissen und hörte, wie ihre Tochter sagte: „Der eiert doch nur rum.“