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Meine ganz persönliche Beichte - Gedanken zwischen Halloween und Adventszeit

Eigentlich beginnt mit den Adventstagen die geistige Vorbereitung auf Weihnachten, also ein geistliches christliches Fest. Aber, wie Papablogger Andreas Clevert feststellt, ist Spiritualität oder Religion bei Kindern heutzutage kein großes Thema mehr. Und auch, wenn einmal ein Kindergottesdienst besucht wird, kann es dort zu Missverständnissen kommen…

Diese unsere Zeit, man muss es unumwunden benennen dürfen, ist einfach gottlos. Es geht dabei schon lange nicht mehr um Transzendenz oder Spiritualität, sondern nur noch um Wertevermittlung. Das ist für uns Eltern schon schwierig genug. Wir dürfen uns nichts vorwerfen lassen. Wir Eltern bemühen uns ständig. Dennoch, es ist ein Rückzugsgefecht. Der Besuch des Kindergottesdientes. Der konfessionelle Kindergarten. Kleine Erfolge sind es, die uns in unserem Bemühen antreiben.

 

Im vergangenen Sommerurlaub waren in unserer Ferienwohnung auch Kinderbücher mit biblischen Themen. Für uns also unbekannte Bücher. Nummer 1 sitzt auf dem Klo und bittet Nummer 2 um Lektüre. Echte Brüderlichkeit. Nummer 2 läuft an das Bücherregal. Zieht ein paar Bücher raus. Schaut auf den Einband. Fragt: „Möchtest Du das Buch mit Jesus? Ich bringe es Dir.“ Wahre Nächstenliebe. Nummer 2 erkennt IHN auf dem Buchdeckel. Ob ER auch ihn kennt?

Werte des christlichen Abendlandes

Wir waren bei den Werten. Des christlichen Abendlandes. Also des Westens. Also auch: Halloween. Wir sind uns dessen bewusst. Wir opfern dafür den so urdeutschen Reformationstag. Den könnte man doch auch schön feiern. Etwa ein Wettbewerb, wer am schnellsten Bilder an die Kinderzimmertür nageln kann. Aber unter uns, hat Luther Vorbildcharakter? Ein Rebell, ein Abtrünniger, der dem Volk auf's Maul schaute und dem Aussprüche zugeschrieben werden wie "Aus einem verzagten A… kommt kein fröhlicher Furz." Das gäbe heute einen Eintrag ins Klassenbuch. Und wenn Jungschüler sich grinsend mit Verweis auf die Autorenschaft rechtfertigen möchten, einen zweiten Verweis. Und dann die Bibel ins Deutsche übersetzen! Wer wird denn da noch später aufs humanistische Gymnasium gehen und Latein lernen? Und Fremdsprachen sind doch total wichtig!! Deswegen ist uns Halloween lieber. Ist auch Abendland. Beiläufig kann auch gleich die Feinmotorik geübt werden. Beim Kürbisschnitzen. Und nach Lust und Laune auch: Doktorspielen, Verband anlegen, Blutungen stillen. Schön! Vielleicht muss man dann auch keine Schminke mehr kaufen.

Nach dem Kindergottesdienst die Überraschung

Nummer 2 nahm sich das sehr zu Herzen mit dem Halloween-Abend. Wie sehr, offenbarte sich erst einen knappen Monat später: Der Kindergarten (konfessionell!) von Nummer 1 beging den Auftakt des Advents mit einem speziellen Kindergottesdienst. Nummer 2, noch Tagesmuttergänger, durfte als Geschwisterkind mitkommen. Ehrfürchtig. Bei den großen Kindergartenkindern vorne um den Altar sitzen. Die ganze Zeit keinen Mucks. Flackerndes Kerzenlicht, im Kreise aufgestellt um den Pfarrer im Talar. Ein kleines Schattenriss-Spiel zum Thema "Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde..." (sic: natürlich in der Luther-Übersetzung!). Als wir nach Abschluss des Gottesdienstes aus der Krypta strömten, hatten all die kleinen und großen Kinder glänzende Augen und rote Wangen. Und weil sie so brav waren, gingen wir auf den gerade eröffneten Adventsmarkt. Gebrannte Mandeln, Kinderkarussell, das ganze Programm. Ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Herrlich. Voller vorweihnachtlicher Inbrunst die Frage der Eltern beim Zubettbringen des Nachwuches, was ihnen denn nun heute am besten gefallen habe? Nummer 2: "Na klar, in dem Haus, im Keller, mit dem Vampir in der Mitte."
Nächstes Jahr werden wir doch den Reformationstag feiern.

 

zum Autor:
Andreas Clevert, Jahrgang 1970, ursprünglich aus Esslingen stammend, lebt mit seiner spanischen Frau und seinen drei Jungs/Söhnen  (*2008, *2010 und *2013) in Bonn. Mehr von seinen Erlebnissen lesen Sie unter www.vaterdasein.wordpress.com