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Was einem keiner übers Vater-sein erzählt

Sicher, es gibt ihn. Diesen dezenten Hinweis „Vater werden ist nicht schwer – Vater sein dagegen sehr“. Aber weitere sachdienliche Hinweise gibt es kaum. Ansonsten heißt es immer nur, der Tag der Geburt sei der schönste des Lebens. Und Vater zu sein, sei eine Ehre und von unschätzbarem Wert. Dass diese Sache durchaus auch gewisse Schattenseiten hat, wird gern verschwiegen. Doch ich trete an für eine neue Sicht der Dinge!

Ich liebe meinen Sohn. Nichts in der Welt könnte ein Argument dafür sein, irgendetwas rückgängig zu machen. Er hat mein Leben vom ersten Tag an bereichert. Er tut es noch immer. Und so wie ich ihn einschätze, wird sich daran auch nichts ändern, denn er ist eine Persönlichkeit, die einfach begeistert. Trotzdem muss man sich als verantwortungsbewusster Vater auch einmal egoistisch äußern dürfen. Denn bei aller Bereicherung, die ich seit der Ankunft meines Sohnes erlebt habe, gab es auch Einschränkungen, Stress, Umstellungen und Streit mit der Gattin. 

 

Die Stunde der Wahrheit

„Schatz, ich bin schwanger.“
Mit diesem Satz beginnt es. Er verändert alles. Man spürt das auch sofort, denn wenn man nach dem Verkünden der Neuigkeit nicht sofort und unverzüglich in Freudentränen und Begeisterungstänze ausbricht, kommt der nächste, folgenschwere Satz.
„Freust du dich denn gar nicht?“
Natürlich freue ich mich, denkt man. Aber lass mir doch wenigstens 30 Sekunden, um diese Tatsache zu verarbeiten. Im besten Fall rettet man die Situation durch einen liebevollen Spruch und beginnt danach, sich wirklich zu freuen.
Was dann folgt, sind 9 Monate des Wartens. Das ist bei jedem anders, weil jeder Mann anders ist. Und jede Frau. Die Schwangerschaft kann ein wundervolles Erlebnis werden. Oder das Tor zur Hölle bedeuten. Alles ist möglich. Aber man ist bereits während dieser Zeit Vater, auch wenn man den winzigen Nachwuchs noch gar nicht gesehen und in den Händen gehalten hat. Feiern mit den Kumpels? Einfach mal bei ein paar Bier die Sau rauslassen? Spät nachts nachhause kommen? In einer gut funktionierenden Beziehung räumt man sich gegenseitig gewisse Freiheiten ein, das ist wichtig und schadet nicht. Aber während der Schwangerschaft schafft man die häufig ab. Dabei ist es gar nicht die Frau, die dasitzt und klagt: „Liebling, ich bin schwanger, kannst du heute nicht zuhause bleiben?“
Nein, es ist dieses Gefühl, tief drinnen in den Sphären männlicher Gene. Dieses Gefühl, das uns sagt: „Ich kann doch jetzt nicht feiern gehen, während meine Liebste schwanger zuhause sitzt.“
Dass die Liebste unter Umständen einmal ganz gern ein bisschen Ruhe haben könnte, ist natürlich undenkbar.

Kommunikation neu entdeckt

Wer ein Freund der gepflegten Unterhaltung ist, wird sich nach der Geburt des Nachwuchses umstellen müssen. Der Wortschatz beginnt bei null und wird im Laufe der Zeit erst nach und nach gesteigert. Auch das Gefühl, abends ins Bett zu gehen und erst morgens wieder aufzuwachen, ist eines, von dem man sich üblicherweise schnell verabschieden kann. Babys haben einen sehr eigenen Schlafrhythmus und sie sind bis auf Weiteres nicht bereit, daran etwas zu ändern.  
Und die Zeiten der Machos sind ja nun auch vorbei. Vor Urzeiten mag es normal gewesen sein, dass die Frau achtmal pro Nacht aufwacht und sich um das schreiende Baby kümmert, während der Mann den Schlaf der Gerechten schlief. Doch das läuft heute anders. Als modernes und aufgeklärtes Paar teilt man alles miteinander. Selbst verlorenen Schlaf. Auch hier kann sich die Kommunikation darüber, wer weiterschläft und wer aufsteht, in völlig neuen Dimensionen bewegen. Allerdings nicht immer zum Vorteil.

Ein „Danke“ wäre schön gewesen!

Irgendwann ist der Nachwuchs soweit. Er ist durch die Schule guter, konstruktiver und moderner Erziehung gegangen und in der Lage, die elterlichen Anstrengungen anzuerkennen. Bis dahin vergehen jedoch ein paar Jahre. Und in dieser Zeit verzichtet man als Vater auf einiges, man reibt sich auf, man opfert sich, damit es dem Kleinen (oder der Kleinen) auch wirklich gut geht und er/sie gesund und voller Selbstvertrauen durchs Leben gehen kann. Dank erntet man dafür nicht. Im besten Fall äußert sich die Partnerin einmal wohlwollend, indem sie Dinge sagt, wie „Das klappt doch schon ganz gut mit den Windeln“ oder „Du schaukelst den Kinderwagen mit einem sehr beruhigenden Rhythmus“.
Das kleine Wesen, um das sich alles dreht, nimmt sämtliche Dienstleistungen jedoch nur ganz selbstverständlich hin.

Ein neuer Blick

Klang es, als hätte ich mich beklagt?
Das sollte es nicht, denn ich jammere nicht. Im Gegenteil! Wer Kinder hat, weiß, dass sich der Blick auf manches relativiert. Die Prioritäten verschieben sich. Das bedeutet für das eigene Leben in vielerlei Hinsicht Veränderungen. Auch solche, die nicht immer einfach sind. Es richtet sich nun einmal fast alles nach den Bedürfnissen des Kindes. Aber gleichzeitig ist es wunderschön. Man erlebt Dinge, die man vorher nie erlebt hat, und empfindet dabei eine unglaubliche Liebe. Inzwischen könnte ich häufiger mal wieder mit meinen Kumpels einen draufmachen. Aber so oft brauche ich das gar nicht mehr.    

 

Was ist Eure Meinung? Stimmt Ihr unserem Autor zu? Was sind die Dinge, die ihr beim Vater-sein so nicht erwartet habt?