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Expertenartikel - Kündigungsschutz der werdenden Eltern

Die Geburt eines Kindes bedeutet nicht nur das Glück der Gründung oder Erweiterung einer Familie, sondern hat neben finanziellen auch rechtliche Auswirkungen auf fast jeden Lebensbereich. So werden grundsätzlich beide Eltern sorgeberechtigt und unterhaltspflichtig (Familienrecht), das Neugeborene wird mit der Durchtrennung der Nabelschnur rechtsfähig (allgemeines Zivilrecht) und bereits das Ungeborene, der sog. nasciturus, ist erbfähig (Erbrecht). Darüber hinaus betrifft eine Geburt noch viele weitere Bereiche des alltäglichen (Rechts-) Lebens, an die man vielleicht nicht gleich denkt. In diesem Artikel soll der Kündigungsschutz der in einem Arbeitsverhältnis stehenden werdenden Eltern näher betrachtet werden.

Allgemeiner Kündigungsschutz

 
Unter dem allgemeinen Kündigungsschutzrecht versteht man die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) und die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die die Kündigung eines Arbeitsnehmer / einer Arbeitnehmerin (im Folgenden Arbeitnehmer) erschweren oder ausschließen.


Muss ein Arbeitnehmer aus betriebsbedingten (im Gegensatz zu personen- oder verhaltensbedingten) Gründen gekündigt werden, hat der Arbeitgeber, wenn das KSchG anwendbar ist, vorher aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, einer eventuellen Schwerbehinderung sowie der Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers eine sogenannte Sozialauswahl zu treffen. Dabei hat keines dieser vier Auswahlkriterien eine herausragende Bedeutung, weshalb dem Arbeitgeber ein gewisser Wertungsspielraum zusteht. Nach dieser „Auswahl“, die durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung konkretisiert werden kann, muss der Arbeitgeber denjenigen Arbeitnehmer kündigen, der am wenigsten schutzwürdig ist.

 




Besonderer Kündigungsschutz vor, während und nach der Elternzeit

 
Der besondere Kündigungsschutz erweitert für besonders schutzbedürftige Personen (z. B. Betriebsratsmitglieder, Auszubildende oder Schwerbehinderte) den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG.


Mütter genießen ebenfalls einen besonderen Kündigungsschutz und sind vom Gesetzgeber durch das Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mütter (MuSchG) vor Benachteiligungen im Arbeitsleben aufgrund ihrer Schwangerschaft geschützt. So gilt gemäß § 9 MuSchG gegenüber einer schwangeren Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung grundsätzlich ein Kündigungsverbot für den Arbeitgeber, welches die Kündigung nur in besonderen Ausnahmefällen zulässt (z.B. Diebstahl).


Das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) schützt dagegen nicht nur die Mutter, sondern im gleichen Maße den Vater des Kindes. § 18 BEEG schafft einen speziellen Kündigungsschutz für Vater und Mutter, nach dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an die Elternzeit schriftlich verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während der Elternzeit das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht einseitig beenden darf.


Gem. § 16 BEEG muss die Elternzeit spätestens sieben Wochen vor ihrem Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangt und gleichzeitig erklärt werden, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren die Elternzeit genommen werden soll. Die Sieben-Wochen-Frist gilt auch, wenn sich die Elternzeit unmittelbar an die Geburt des Kindes anschließen soll. Im schriftlichen Antrag an den Arbeitgeber kann in einem solchen Fall, da der tatsächliche Geburtstermin naturgemäß nicht auf den Tag genau angegeben werden kann, der Beginn „ab Geburt“ unter Nennung des voraussichtlich errechneten Termins angegeben werden. Aus dringenden Gründen (z. B. Frühgeburt) ist auch eine angemessene kürzere Frist möglich.


Wegen dieser Anmeldeverpflichtung bleibt dem Arbeitnehmer nur eine Woche, in der er die Elternzeit unter Kündigungsschutz anzeigen kann, weshalb der Wunsch in Elternzeit zu gehen dem Arbeitgeber auch erst dann offenbart werden sollte.


Bei einer Aufteilung der Elternzeit (z. B. einen Monat nach der Geburt des Kindes und einen weiteren Monat nach einem Jahr) ist für den zweiten Abschnitt zu beachten, dass der besondere Schutz des § 18 BEEG nach überwiegender – noch nicht höchstrichterlich bestätigter – Ansicht lediglich während der Freistellung und nicht in den acht Wochen davor gilt (vgl. LAG Bln 15.12.2004 – 17 Sa 1929/04, NZA-RR 05, 474).


Der besondere Kündigungsschutz des § 18 BEEG endet mit dem Ende der Elternzeit ohne jede Nachwirkung. Eine dann erklärte Kündigung ist ausschließlich nach dem allgemein geltendem Kündigungsrecht zu beurteilen.


In besonderen Ausnahmefällen kann eine Kündigung des Arbeitgebers trotz Elternzeit des Arbeitnehmers von der zuständigen Landesbehörde für zulässig erklärt werden. Nach den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 18 Abs. 1 S. 3 BEEG liegt ein besonderer Grund beispielhaft bei einer Betriebsstilllegung, der Stilllegung der Betriebsabteilung ohne Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, der Verlagerung von Betrieb oder Betriebsabteilen oder der Ablehnung einer zumutbaren Weiterbeschäftigung vor.


Sollte ein Elternteil während der Zeit des Mutterschutzes oder der Elternzeit gekündigt werden, ist, um die Kündigung nicht wirksam werden zu lassen, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage zu erheben.
 

 



Benjamin Wienand ist Rechtsanwalt und seit März 2009 bei der Sozietät FONTAINE GÖTZE, einer renommierten Wirtschaftskanzlei, angestellt. Dort bearbeitet er Fälle aus dem Arbeits-, Vertriebs- und Gesellschaftsrecht. Anfang 2009 absolvierte er erfolgreich die Fachanwaltslehrgänge für Arbeits- sowie Handels- und Gesellschaftsrecht.

Mehr Informationen finden Sie unter www.fontaine-goetze.de.