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Ein gar nicht so flotter Dreier - Liebesleben mit Kind

Welch eine Bereicherung, wenn das Kind geboren wurde! Endlich hat es ein Ende, das Warten auf den kleinen Zwerg, der das Leben von Grund auf verändern wird. Das Liebesleben übrigens auch. Viele junge Eltern nehmen an, dass sich bei ihnen nichts ändern wird, schließlich lieben sie sich und finden sich sexuell noch genauso anziehend wie früher. Fürs Ausziehen wird also noch genügend Zeit bleiben. Oder auch nicht. 

Kinder zu zeugen macht Spaß, keine Frage. Wenn es dann geklappt hat und die Partnerin schwanger geworden ist, folgen neun Monate des aufgeregten Wartens. Und dann ist es soweit. Nun sitzt man zu dritt im Boot. Und stellt schnell fest, dass das Manövrieren ganz neue Anforderungen stellt. Die langjährige Hebamme Anja Lorenz weiß aus Erfahrung: „Ein Baby sprengt die Paarbeziehung auf.“ Ist es wirklich so schlimm?

 

 

Flüstern im Ohr, Schreien im Bett

Manch ein Mann wird sich wehmütig an die lustvollen Schreie seiner Frau zurück erinnern, wenn er die Alternative erlebt. Man begegnet sich in der Küche, Blicke und Hände streifen einander, Lippen öffnen sich, es wird geküsst, gestreichelt … und geschrien. Das Baby hat einen Wunsch und scheut sich nicht, diesen akustisch zu unterstreichen. Ein schönes Vorspiel war's, mehr aber auch nicht. Die geliebte Frau entfernt sich rasch, um zu sehen, was das Baby braucht. Doch es ist nicht nur das Baby, das die Lust auf den Sex vertreibt. Für Hebamme Claudia Ronsöhr ist die Schwangerschaft nach der Geburt noch lange nicht vorbei. Sie beginnt zwar neun Monate davor, enden tut sie allerdings erst 9 Monate danach. Zärtlichkeiten sind für die meisten Frauen auch nach der Geburt von größter Bedeutung. Nur eben nicht zwingend in Form von Sex. Diese Sicht lässt dem einen oder anderen Mann schon einmal die Kinnlade herunterklappen. 

 

Schlafen statt miteinander schlafen

Neben Babygeschrei, das zum falschen Zeitpunkt kommt (zumindest wenn man es aus der lustvollen Ecke betrachtet), spielt mangelnder Schlaf eine entscheidende Rolle, wenn es um das Paarungsverhalten nach der Geburt geht. Wer erst einmal unzählige Nächte nicht durchgeschlafen hat, sich mit Windeln, Koliken oder anderen nächtlichen Herausforderungen abkämpfen musste, der weiß, dass am Abend oft nur eine Aktivität gewünscht wird: Schlafen, und zwar so schnell und so tief wie möglich. Hinzu kommt, dass das Baby immer dabei ist, egal, was man macht. So bleiben nur wenige Gelegenheiten, sich den lustvollen Dingen des Lebens zu widmen. Und wenn doch ein wenig Zeit übrig ist, fallen gern mal die Augen zu. Sex? Vielleicht morgen, heute bitte wirklich nicht.

 

Debatten über das Bett statt über Stellungen

War früher noch die Frage erlaubt, welche Stellung die Partnerin bevorzugt, lautet sie nach der Geburt eher: „Soll das Baby bei uns schlafen oder nicht?“ Allein das kann schon zu tage- oder nächtelangen Diskussionen führen. Führt der Mann die Gefahr an, die es bedeutet, wenn das Baby im Elternbett schläft (das klingt vernünftiger, als einfach das Bett mit der Frau alleine teilen zu wollen), kontert sie, dass gerade jetzt, gerade in dieser Phase, die so wichtig ist (obwohl doch eigentlich jede Phase wichtig ist) das Baby dringend im gemeinsamen Bett schlafen muss. Irgendwann folgt die Nachfrage des Partners, wann denn die wichtige Phase vorbei ist und der Nachwuchs im eigenen Bett schlafen kann. Und wenn dann der Kompromiss gewählt wird, das Kinderbett ins Schlafzimmer zu stellen, lauert die nächste Gefahr. Nämlich die, sich im Bett beobachtet zu fühlen. Auch das wirkt nicht auf jeden Mann (und jede Frau) als unbedingt tauglicher Lust-Unterstützer.

 

Ich will, ich will!

Losgelöst vom Sex gibt es ein anderes Thema, das Einfluss auf die Beziehung nehmen kann, wenn das Baby geboren wurde. Es ist etwas scheinbar Profanes wie Eifersucht. An den Haaren herbeigezogen ist das wahrlich nicht, denn die Brust der Mutter (und auch sonst alles an ihr) gehört nach der Geburt im Wesentlichen dem Baby, der Partner muss sich mit Position 2 zufriedengeben. Wann immer das Kind das Bedürfnis nach Nähe und Zärtlichkeit verspürt, die Mutter wird dem nachgeben und diese erfüllen. Vom Vater dagegen wird meist erwartet, dass er das schon versteht und souverän die zweite Reihe erträgt, in die er verbannt wurde. Doch das ist gar nicht so leicht. Man stelle sich vor, die Partnerin wird von einem anderen Mann umgarnt, der witzig ist und charmant und der die Liebste auf eine merkwürdige Art und Weise zum Lachen bringt. Die Konsequenz ist in aller Regel Eifersucht. Und selbst wenn die geliebte Frau mit Engelszungen betont, dass es keinen Grund zu Eifersucht gäbe, bleibt doch eine gewisse Alarmbereitschaft beim männlichen Ego nach. Die Zurücksetzung, wenn das Baby da ist, ist noch viel realer, der Vater muss tatsächlich teilen. Und steht nicht mehr an erster Stelle. Ein Vater, der Erfahrung mit dieser Form der Eifersucht hat, kam mit seiner Frau zu der Absprache, dass immer er den ersten Kuss von ihr bekommt. Das Kind erhält den zweiten. Ein kleines bisschen Psychologie wirkt Wunder, der Vater kann so besser damit umgehen, nur die zweite Geige zu spielen. Auch wenn dieser Kuss Lichtjahre von richtig gutem, leidenschaftlichem Sex entfernt ist. Geduld gehört eben auch zum gar nicht so flotten Dreier.