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Neue Väter – warum gibt es trotz bester Absichten wenig gesellschaftliche Veränderung?

Der moderne Vater - liebevoll kümmert er sich um den Nachwuchs, hilft, wo er kann und ist sich auch für das Windeln wechseln nicht zu schade. Die sogenannten „Neuen Väter“ sind Familienmenschen mit einem völlig neuen Verständnis von Erziehung und Beziehung. Zumindest scheint das auf den ersten Blick der Fall zu sein. Bei näherem Hinsehen hat sich allerdings viel weniger verändert, als es den Anschein hat. Die Gründe sind genauso alt wie die Rollenverteilung vergangener Zeiten.

Das Kind in die Kita zu bringen, ist für Väter heutzutage eine Selbstverständlichkeit geworden. Babyschwimmen oder Bastelnachmittage sind ebenfalls Veranstaltungen, auf denen die männlichen Elternteile regelmäßig anzutreffen sind. Nicht zuletzt das Elterngeld trägt scheinbar dazu bei, dass immer mehr Väter ihre Prioritäten auf Familie und Erziehung fokussieren. Meist sind diese Beobachtungen aber nur oberflächliche Aktivitäten, denn nach wie vor sind die Rollen zwischen Mann und Frau so verteilt, wie man es aus früheren Zeiten kennt. Die Väter mit den Kinderwagen sind eher exotische Ausnahmen.

 

Elternzeit bedeutet Urlaubszeit

Seit im Jahr 2007 das Elterngeld eingeführt wurde, haben zahlreiche Männer diese auch in Anspruch genommen. Immerhin 27 Prozent der Väter nutzen diese besondere Zeit, um am Familienleben teilzunehmen. Drei Viertel dieser Väter kehren aber bereits nach 2 Monaten wieder Vollzeit in ihren Job zurück. Um in angemessenem Umfang an der Erziehung der Kinder teilzuhaben, ist diese Zeitspanne natürlich zu kurz. Es ist mehr ein verlängerter Urlaub mit Kind als intensive Kindererziehung. Selbst gewählt ist die frühzeitige Rückkehr in das Arbeitsleben häufig nicht. Eine Umfrage der Zeitschrift „Eltern“ hat ergeben, dass rund 40 Prozent der befragten Väter liebend gern eine Weile in Teilzeit arbeiten würden. In die Praxis setzen das jedoch nur 5 Prozent um, das ist verschwindend wenig. Zudem hat sich an dieser Zahl seit Jahrzehnten nichts verändert, sie scheint fast wie in Stein gemeißelt. Woher kommt der Widerspruch zwischen den geäußerten Wünschen und der konträren Wirklichkeit? Die Politik spielt eine Rolle, wenn auch nicht die einzige.

Die Macht der Münze

Gerade junge Paare versuchen häufig, Arbeit und Familienleben zu teilen. Die Sache funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Denn früher oder später stellen sich ganz praktische Fragen betriebswirtschaftlicher Art. Die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sind nach wie vor ein Thema, das bei der Erziehung eine entscheidende Rolle spielt. Denn noch immer verdienen Männer in aller Regel mehr als Frauen. Dieser Umstand führt dazu, dass die Aufteilung dann doch wieder in die alte Richtung geht: der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau nur Teilzeit. Oder sie bleibt gleich ganz zuhause. Letzteres ist bei rund einem Drittel aller Familien so. Immerhin 71 Prozent der Paare entscheiden sich für Teilzeit der Mutter bei einem Full-Time-Job des Vaters. Weitere Gründe für die konventionelle Rollenverteilung:

  • Das Ehegattensplitting. Die steuerliche Behandlung von Paaren führt unweigerlich dazu, dass Männer unter dem Strich mehr Geld nachhause bringen.
  • 400-Euro-Jobs. Der Anteil von Frauen in diesen Beschäftigungsverhältnissen ist deutlich höher als der von Männern. Zukunftsorientierte Perspektiven bieten sie jedoch in den seltensten Fällen.
  • Fehlender Mindestlohn. Darunter leiden Frauen ganz besonders, weil sie oft weniger netto im Portemonnaie haben als die Männer.
  • Frauen in Führungspositionen. Noch immer machen Frauen in den oberen Etagen einen sehr geringen Anteil aus. Im Zweifel bringt der Manager das Geld nachhause, während die Managerin den Haushalt führt.

Die Glucke im Haus

Es sind nicht nur karrierebewusste Männer oder politische Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass Väter oft den Beruf über das Familienleben stellen. Auch die Mütter spielen dabei mit hinein. Wenn sie ihre Rolle nicht teilen wollen oder dem Mann einfach nicht zutrauen, einen Haushalt zu führen, verliert dieser schnell die Lust daran, sich zuhause zu beweisen. Natürlich gibt es sie, die Frauen, die gern bereit sind, den Haushalt gemeinsam zu führen, die beruflich weiterkommen wollen und trotzdem liebende Mütter sind. Aber die traditionelle Rolle gefällt nicht wenigen Frauen eben nach wie vor. Zu viel Mann zu oft zuhause ist nicht gerade das, was sie sich wünschen.

Von Windeln und Wäsche

Die Väter richten es sich nicht selten so ein, wie es ihnen am besten passt. Windeln wechseln oder die Kinderkarre schieben (vielleicht sogar reparieren), das sind Dinge, die ihnen gut gefallen. Wäsche waschen oder die Küche wischen steht dagegen nicht so hoch im Kurs. Und so kommt es zu Unzufriedenheit bei den Müttern, wenn sie neben Vollzeit- oder Teilzeitarbeit letztlich doch deutlich mehr im Haushalt machen als der arbeitende Partner.

Dabei ist die Lösung zumindest theoretisch ganz einfach. Soziologische Studien haben ergeben, wie es am besten läuft. Wenn beide Partner ihre Arbeit auf einen Teilzeit-Job reduzieren und sich den Haushalt gerecht untereinander aufteilen, entsteht am ehesten das gegenseitige Gefühl von Glück. Das klingt schön und erstrebenswert. Aber aus vielen Gründen sieht die Praxis anders aus. Die Paare, die sich so aufteilen, wie es optimal erscheint, sind jedenfalls noch in der Minderheit.