Bis zum Ende der 1980er Jahre ging man davon aus, dass Neugeborene keine Schmerzen empfinden können. Was uns heute gruselig erscheint, war damals in vielen Ländern eine Selbstverständlichkeit. Heute weiß die Wissenschaft, dass Embryos bereits ab der 22. Woche Schmerzen wahrnehmen und verarbeiten können – und diese auch nicht vergessen
Das Schmerzempfinden von Kindern – ganz anders als bei Erwachsenen
Ebenfalls erwiesen ist, dass das Nervensystem von Säuglingen und Kleinkindern noch nicht ausgereift ist. Deshalb fällt es ihnen oft schwer, den Schmerz zu lokalisieren. Kinder, die bereits sprechen können, zeigen bei Schmerzen auf den Bauch – ob der Schmerz dort auch tatsächlich sitzt, ist allerdings nicht sicher. Es gibt Kinder, die erst mit 12 Jahren Art, Ort und Stärke des Schmerzes genau beschreiben können.
Die kindliche Schmerzwahrnehmung – anders als bei Erwachsenen
Offiziell wird Schmerz als „ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist“, definiert. Schmerz dient als wichtiges Warnsignal und weist den Körper darauf hin, dass an der schmerzenden Stelle „etwas nicht in Ordnung ist“. Ein weiteres Merkmal von akuten Schmerzen: Sie verschwinden, wenn die Ursache behoben ist.
Kinder nehmen Schmerz anders wahr und verstehen ihn auch anders als wir Erwachsenen. So kann körperlicher Schmerz als konkrete Strafe für ein Fehlverhalten empfunden werden. Das Verständnis für Schmerz wächst mit der Gehirnentwicklung – je älter das Kind, umso einfacher kann es Schmerz in seiner definierten Bedeutung wahrnehmen.
Erwachsene werden von Ärzten häufig gebeten, einen Schmerz auf einer Skala von 1 bis 10 in Bezug auf seine Intensität einzuordnen. Die Fähigkeit hierzu Kinder erlangen Kinder erst in der Pubertät.
Diagnose Bauchschmerzen?
Bei der Geburt ist das kindliche Nervensystem noch nicht voll entwickelt, Neugeborene und auch Kleinkinder wissen nicht, wo der Schmerz sitzt und nehmen ihn deshalb oft als Bauchschmerz wahr, auch wenn es Ohrenschmerzen oder Halsschmerzen sind. Ein weiterer Grund dafür ist, dass sich rund um den Nabel Lymphknoten befinden, die bei Virusinfektionen mitbeteiligt sind. Gerade bei Bauchschmerzen ist die Diagnose deshalb oft schwer und sie werden häufig nicht ernst genommen.
Tipp: Klagt Ihr Kind häufig über Bauchschmerzen, sollte es gründlich untersucht werden. Ist keine organische Ursache zu finden, können auch psychosomatische Gründe wie Stress oder Überforderung Bauchschmerzen verursachen.
Schmerzmittel sind nicht die Lösung!
Eltern die allzu schnell nach Schmerzmitteln greifen, wenn ihr Kind klagt, vermitteln die Botschaft, diese wären eine generelle Lösung für alles. Oft reichen Ablenkung, eine Umarmung oder einmal pusten bereits aus, dass das Kind mit seinem Schmerz zurechtkommt. Ein wenig Schmerz kann jedes noch so kleine Kind aushalten und verarbeiten. Sind doch einmal schmerzlindernde Mittel nötig, dann sollten erst bewährte Hausmittel versucht werden. Das können warme Umschläge oder ein Fencheltee bei Bauchschmerzen oder Ruhe in einem dunklen Raum bei Kopfschmerzen sein. Kehren die Schmerzen immer wieder oder sind gar chronisch, ist natürlich eine ärztliche Abklärung unverzichtbar.
Nehmen Sie die Schmerzen Ihres Kindes ernst!
Schreit ein Säugling vor Schmerz oder klagen Kinder über Schmerzen, sollten Sie als Eltern dies ebenso wie seine anderen Empfindungen, unbedingt ernst nehmen. Sie sind immer ein Ausdruck dafür, dass etwas nicht stimmt – und die Ursachen müssen dabei nicht in jedem Fall organisch sein. Dabei geht es nicht nur darum, dass Schmerzen Hinweise auf ernste Erkrankungen sind, sondern auch darum, bei der Schmerzbewältigung zu helfen. Wenn Ihr Kind Angst hat, Ihnen über Schmerzen zu berichten, haben Sie etwas falsch gemacht. Das können Sätze wie „Stell dich nicht so an!“ oder „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ bewirken. Ebenso verwirrend für Kinder ist es jedoch, wenn Eltern auf jede Schmerzäußerung übertrieben besorgt und fürsorglich reagieren. Langfristig vertraut das Kind seinen eigenen Gefühlen und damit sich selbst nicht mehr.
Geben Sie Ihrem Kind die Sicherheit in die Richtigkeit seiner Empfindungen und zeigen Sie ihm Lösungswege. Helfen Sie ihm für die Zukunft Resilienz, also Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit mit schwierigen Situationen zurecht zu kommen, zu entwickeln.
Kindern immer nur großzügig Schmerzmittel zu geben, ist nicht die Lösung!