Lärm, Käsefüsse und Frittiertes - ein Tag auf dem Indoor-Spielplatz

„Sabrina!!“, ruft die Mutter und wedelt wild mit den Armen um ihrer, freundlich gesagt,leicht korpulenten Tochter, zu signalisieren, sie möge doch bitte an den Tisch kommen. „Sabrina!!! Das Essen ist da!“ Das was als Essen angekündigt wurde, sind Chicken Nuggets, Pommes und ein geschätzter halber Liter Ketchup. Doch genau das findet sich hier auf allen Tischen. Pommes, Nuggets, Würstchen, Pizza; und der Duft all dieser Speisen vermischt sich mit dem von Fußgeruch, vollen Windeln und Schweiß. Wir sind in einem Kinderparadies, einem Indoor-Spielplatz. Wir sind hier, weil Petrus uns getrieben hat.

Das Vergnügen seinen Nachmittag mit 700 Kindern zu verbringen

Drei Tage Regen am Stück, da mussten wir überlegen, was wir mit den Kindern machen und eine kleine Recherche im Internet hat uns zum Indoor-Spielplatz geführt. Für 13,00 € Eintritt (drei Erwachsene und ein Krabbelkind) bekommt man das einmalige Vergnügen seinen Nachmittag mit geschätzten siebenhundert Kindern in einer alten Tennishalle zu verbringen. Dort warten Hüpfburgen, Elektroautos, ein gigantisches Klettergerüst, Dreiräder, Kettcars, Roller, Schaumgummiwürfel und allerlei weiteres Spielzeug auf die begeisterten Kinder, die ihre Schuhe in hohem Bogen von sich werfen, um sich in den Spaß zu stürzen, während die Eltern noch verzweifelt nach einem ruhigen Sitzplatz suchen. Doch beides gibt es nicht. Kein Sitzplatz und schon gar nichts Ruhiges. Bereits beim Hereinkommen fragt man sich, warum es eigentlich Lärmverordnungen für Diskotheken, nicht aber für Indoor-Spielplätze gibt, so laut tönt das Geschrei und Gebrüll durch die Halle, wird gerufen, geweint und gekreischt. Ein Nachmittag hinter dem laufenden Triebwerk eines A380 ist ein wahres Kurerlebnis im Vergleich. Wer behauptet Kinder verlören das Gehör durch die Nutzung von Mp3 Playern, dem sei gesagt, das Indoor-Spielplätze hier weit größeren Schaden anrichten dürften.

 

 

Was nicht frittiert ist, kommt nicht auf den Tisch

Also setzen wir uns an einen Tisch, der zur Hälfte mit einer gelben Papiertischdecke und roten Papptellern bestückt ist. Ein Kindergeburtstag. Doch kaum sitzen wir, werden wir wieder vertrieben, denn auch unsere Plätze sind reserviert - für die Eltern der Geburstagskinder. Mit Kind, Kinderwagen, Rucksäcken, Jacken und Schuhen in den Händen suchen wir unseren Weg durch das Chaos, werden wahlweise von Kettcars angefahren, stolpern über herumliegendes Spielzeug, oder werden angerempelt. Dann endlich: ein freier Tisch. Eilig wird er besetzt und dann machen auch wir uns daran, uns den Fastfood-Verlockungen hinzugeben. Würstchen mit Pommes, Schnitzel mit Pommes, Nuggets mit Pommes, Spaghetti - nein nicht mit Pommes- mit Tomatensoße. Eine Speisekarte, wie von einem Fünfjährigen erdacht. Aber gut es ist ein Kinderparadies und dazugehört eben auch eine paradiesische Kinderküche. Nachdem wir unsere Leckereien aus dem Reich der Fritteuse verzehrt haben, stürzen auch wir uns in das Chaos.

 

 

Von Schaumgummi und Käsefüßen

Mein Sohn, 11 Monate, möchte unbedingt in das riesige Klettergerüst in dem man, gut gepolstert, herumkriechen kann. Also zwänge auch ich mich durch winzige Gänge, Röhren, klettere an Seilen hoch, rutsche und ignoriere die unzähligen Kinderfüsse, die wahlweise über mich laufen oder mir ins Gesicht treten. Es ist eine Wonne. Gelegentlich treffe ich auf andere Eltern, die ihren Sprösslingen nachkrabbeln und dann treffen sich unsere Blicke und es scheint für einen Moment ein Verständnis zwischen uns zu bestehen, das da lautet: warum? Warum tun wir uns das an? Waren die Urlaube zu zweit wirklich so schlimm? Waren die Pärchenabende vor dem Fernseher wirklich so dröge? Das Ausgehen zu zweit so langweilig? Mussten wir uns vermehren? Gerade bin ich so in meinen Gedanken versunken, da sehe ich noch wie mein Sohn gerade dabei ist alleine von der 15-Meter-Rutsche zu rutschen. Also presche ich vor, krabbele durch eine Röhre, klettere eine Sprossenwand hinauf, stürze mich über ein Trampolin, presche durch eine Bällebecken und schaffe es gerade noch das Hosenbein meines Sohnes zu greifen, bevor dieser haltlos in die Tiefe rauscht.

 

 

Ein durch und durch gelungener Tag - zumindest für meinen Sohn

Gemeinsam rutschen wir dann die Rutsche herunter und das glucksende Lachen und Quieken entschädigt für all die Mühe und den Lärm. Er findet es fantastisch hier. Als wir vor die Tür gehen, sind wir uns sicher, dass wir die letzten fünf Stunden gut überstanden haben - nur um festzustellen, dass es nur zwei Stunden waren! Wir sind vollkommen fertig und erledigt, setzen die Kinder in den Wagen und fahren nach Hause. Ich bin froh und dankbar, dass es meinem Sohn so gefallen hat, aber Indoor-Spielplätze sind definitiv so, wie ich mir die Hölle vorstelle.

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