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Es stimmt – jedes Baby ist anders

Man sagt, jedes Kind und jedes Baby sei anders. Für manche Eltern kann das auch wie eine Drohung klingen. Was, wenn Kind Nummer zwei richtig schwierig werden würde? Beispiele für solche Kinder findet man meist im Bekanntenkreis. Aber hin und wieder kommt es ganz anders als erwartet. Ein Erfahrungsbericht …

Vor unserem zweiten Kind hatten meine Frau und ich einen ziemlichen Respekt. Wie würde es wohl zu viert werden? Schaffen wir das? Einer der Gründe für unser flaues Gefühl im Magen war die Tatsache, dass wir im Freundeskreis zwei Familien haben, die extrem anstrengende zweite Kinder haben. In beiden Familien stimmen Vater und Mutter überein, dass, wäre Kind Nummer zwei das Erstgeborene gewesen, es wohl ein Einzelkind geblieben wäre.

 

Mit unserer ersten Tochter war es nicht ganz einfach

Unser erstes Kind – eine Tochter mit Namen Lilly – hat uns als Baby gut auf Trab gehalten. Wohl der Hauptgrund war, dass sie bei ihrer Geburt mit 2.300 Gramm sehr klein und recht schwach war. Mit diesem Gewicht war sie unter den kleinsten drei Prozent aller Nicht-Frühchen. Man mühte sich im Krankenhaus von Anfang an, dass Lilly doch Milch zu sich nehmen sollte. Am ersten Tag fütterten wir sie wie einen kleinen Vogel mit einer Pipette. Wäre ihr Gewicht unter 2.000 Gramm gefallen, dann hätte man sie auf die Säuglingsstation verlegt und künstlich ernährt. Zum Glück kam es nicht soweit. Aber trotzdem sollte meine Frau alle zwei Stunden versuchen, sie an die Brust zu legen. Dort saugte Lilly meist kurz, um wenig später entkräftet einzuschlafen. Sie war einfach zu schwach, um dauerhaft zu saugen.

Zu Hause beschlossen wir – nach dem okay der Kinderärztin – recht bald, dass meine Frau Milch abpumpen würde und wir in Schichten schlafen würden. Ich würde die Nachtschicht übernehmen, damit meine Frau auch auf ein paar Stunden Nachtschlaf ohne Unterbrechung käme. Mit Hilfe des Fläschchens würde ich sicherstellen, dass Lilly auch dann mit Nahrung versorgt wäre. Das zogen wir über viele Wochen durch. Zum Glück hatten wir den Luxus, uns beide um die Kleine kümmern zu können.

Das Ganze klappte gut – Lilly wuchs stetig und entwickelte sich. Ein paar kleine „Macken“ hatte sie jedoch, die wir ihrer Zerbrechlichkeit zuschrieben. Sie ließ sich gerne herumtragen – und nur sehr ungern ablegen. Meist kam dann Gequengel – und wir nahmen sie wieder auf den Arm. Nach einer Weile lernten wir, dass wir mit diesem Baby nur in Schichten essen konnten – Mama isst von ihrem  Teller, dann übernimmt sie das Baby von Papa, Papa isst daraufhin seinen Teller, dann war Mama wieder dran – wenn Lilly nicht gerade zufällig im Tiefschlaf war und sich ablegen ließ. Auch mussten wir immer um sie herum sein und sie unterhalten. Alleine spielen oder gar allein in einem Zimmer sein fand Lilly gar nicht gut. Der Laufstall verschwand dann auch sehr schnell wieder im Keller.

Ein Kind, das seine Eltern auf Trab hält, aber auch viel Freude schenkt

Trotz allem war Lilly weit davon entfernt, ein schwieriges Baby zu sein. Sie lächelte viel, schrie wenig, hatte keine gesundheitlichen Probleme und wuchs auch stetig. Wir waren der Meinung, dass wir wirklich Glück mit ihr gehabt hatten. Lilly hat viel Aufmerksamkeit gebraucht, okay – aber sie war kein Schreikind und wir mussten uns nie ernsthaft Sorgen um sie machen.

Mit der Zeit hat sich Lilly übrigens prächtig entwickelt. Sie ist immer noch klein (Kleidergröße 92 mit 3,5 Jahren) und leicht, lässt sich weiter sehr gerne tragen und ist oft anlehnungsbedürftig, aber sie ist auch selbstbewusst und geht gerne in den Kindergarten. Sie sucht weiter unsere Nähe, wenn sie zu Hause ist, und möchte beschäftigt werden. Sie ist ein Kind, das uns fordert, aber auch eines, das uns viel Freude bereitet.

Wie würde Baby Nummer zwei werden? Was, wenn das Kind richtig schwierig wäre?

Tatsächlich haben meine Frau und ich uns die Entscheidung für ein zweites Kind nicht leicht gemacht. Nicht wegen Lilly, die fanden wir zwar anstrengend – speziell für Eltern im fortgeschrittenen Alter wie uns – aber rundum ein tolles Kind. Was aber, wenn Kind Nummer zwei richtig schwierig werden würde? Könnten wir das körperlich und nervlich bewältigen – und hätten dann noch genügend Kraft, um Lilly gerecht zu werden? Eine unserer Nachbarinnen hatte ein Schreibaby und sie – jung und ehemalige Leistungssportlerin – war über Monate ständig kurz vor dem Zusammenbruch. Wie würden wir mit einer solchen Situation umgehen?

Schließlich entschieden wir uns doch, es trotz aller Bedenken darauf ankommen zu lassen und zu versuchen, ein zweites Kind zu bekommen. Nach einer Weile klappte es mit der Schwangerschaft. 9 Monate später hatte unser Hoffen und Bangen ein Ende und wir lernten unser neues Familienmitglied kennen – Laura. Bei all den Gedanken, die wir uns im Vorfeld gemacht hatten, waren wir auf ein Kind wie sie nicht vorbereitet.

Auf ein Baby wie Laura waren wir wirklich nicht vorbereitet

Laura war von Anfang an – völlig unproblematisch. Die Geburt lief ziemlich gut. Unser Baby wog etwas mehr als 3.000 Gramm und nahm schon im Kreissaal Mamas Brust an. Wir fühlten uns mit ihr so entspannt, dass wir spontan entschieden, noch am selben Tag mit ihr nach Hause zu fahren.

Inzwischen ist Laura fast 4 Monate alt und hat sich toll entwickelt. Sie trägt Kleidung, die ihre Schwester im Alter von etwa einem Jahr anhatte. Laura ist ein echtes Gute-Laune-Kind, das viel lacht, mit Fremden schäkert und uns unendlich viel Freude bereitet. Sie lässt sich ohne Probleme auch ablegen und beschäftigt sich dann mit sich selbst, ihrer Umgebung oder ihrem Spielzeug. Sie ist dankbar für die Aufmerksamkeit, die man ihr schenkt, fordert diese aber nicht durch Quengeln ein. Sie ist sehr berechenbar – wenn sie sich meldet, dann will sie entweder Mamas Brust oder ist müde. In dem Fall muss man sie eine Weile herumtragen. Aber, wenn sie am Abend eingeschlafen ist, dann kommt es auch vor, dass sie bis um 3 Uhr in der Früh ohne Unterbrechung schläft. Bei Lilly wagten wir in diesem Alter an so etwas gar nicht zu denken. Laura ist in jeder Beziehung ein Traumkind. Wir sind so glücklich, sie zu haben.

Lilly liebt ihre kleine Schwester sehr. Allerdings ist sie gerade in keiner einfachen Phase und verlangt viel Aufmerksamkeit von uns. Aber das ist eine andere Geschichte…

Warum ist unser Baby so, wie es ist?

Warum Laura so ist, wie sie ist? Sicher gehen wir als Eltern mit ihr etwas entspannter als beim ersten Baby um. Dazu mag auch beitragen, dass wir uns um ihre körperliche Entwicklung nie Sorgen machen mussten. Vielleicht fühlt sich unser Baby Nummer zwei mit einem weiteren Kind im Haus auch noch geborgener. Aber vieles ist sicher ganz einfach Lauras Persönlichkeit – und da haben wir sehr viel Glück gehabt. Im Endeffekt haben wir uns im Vorfeld viel zu viel Gedanken gemacht.

Inzwischen scherzen meine Frau und ich sogar, dass wir uns noch ein weiteres Kind vorstellen können. Vorausgesetzt, wir gewinnen im Lotto und können uns dann eine größere Wohnung in München leisten – und den Babysitter dazu ;-)

Wenn die Babys alle wie Laura wären – warum dann nicht noch zwei oder drei …