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Kinder lieben Überraschungen – oder doch nicht?

„Ich habe heute eine Überraschung für euch!“ Während die Augen des siebenjährigen Antons zu leuchten beginnen, verzieht die fünfjährige Paula fast angewidert das Gesicht. „Sag mir, was für eine Überraschung!“, fordert sie ihren Papa auf.

Häufig finden Kinder Überraschungen tatsächlich toll, aber es gibt auch viele Kinder, denen es lieber ist, wenn sie informiert sind über das, was auf sie zukommt. Dies schließt oft sogar Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke mit ein. Dahinter steht der Wunsch nach Überschaubarkeit und Berechenbarkeit.

Veränderungen sind aufregend – aber auch „gefährlich“

Kinder, die Überraschungen, die ja gleichzusetzen sind mit Veränderungen, nicht ausstehen können, haben ein besonders großes Bedürfnis nach Gleichmaß und Regelmäßigkeit. Sie wollen, dass die Umwelt für sie berechenbar bleibt. Diese Kinder reagieren oft auch besonders empfindlich, wenn sich der Lebensrhythmus oder die Familienverhältnisse verändern. Kinder, die durch Überraschungen und Veränderungen beunruhigt und aus der Bahn geworfen werden, haben in der Regel wenig innere Sicherheit. Die Aufgabe der Eltern ist es in diesem Fall, die Entwicklung hin zu einem guten Selbstbewusstsein zu fördern. Ein Kind, das sich selbst sicher ist, kommt auch mit den zwangsläufigen Veränderungen im Leben besser klar.

„Nur eine Phase“ oder Dauerzustand?

In bestimmten Entwicklungsphasen ist es für Kinder besonders wichtig, dass um sie herum Ordnung und Verlässlichkeit herrschen. Wenn ein Kind gerade laufen lernt oder die ersten Sätze spricht, dann ist es extrem mit sich selbst beschäftigt. Gibt es in der Umwelt Veränderungen, reagiert es  gereizt und quengelig. Wenn Sie merken, dass Ihr Kind dazu neigt, in Lernphasen empfindlich auf Überraschungen zu reagieren, dann sorgen Sie dafür, dass Unberechenbares in dieser Zeit möglichst selten vorkommt. Es geht darum, Ihrem Kind die nötige Ruhe zu verschaffen, damit es sich stressfrei entwickeln kann. Fallen Überraschungen oder Veränderungen in eine solche Phase oder reagiert Ihr Kind grundsätzlich empfindlich auf Überraschungen, dann sollten Sie sich soweit wie möglich an diese Eigenart anpassen. Zumindest dann, wenn das Kind klein ist, reagiert es rein emotional und ist Erklärungen, warum denn eine Veränderung nötig oder eine Überraschung so toll sein soll, wenig zugänglich. Je älter das Kind wird, umso besser wird es damit umgehen können. Manche Menschen behalten allerdings bis ins Erwachsenenalter eine Abneigung gegen Veränderungen.

Veränderungen bedeuten Kontrollverlust

Wer überrascht wird, der verliert die Kontrolle über das, was um ihn herum geschieht. Das ist für unsichere Kinder häufig ein Problem, dass sie aus der Bahn werfen und sogar in Panik versetzen kann. Häufig betroffen sind Kinder, bei denen die Eltern einen unklaren und inkonsequenten Erziehungsstil verfolgen. Die Kinder fühlen sich dann übermäßig verantwortlich, das Vertrauen in die Kompetenz der Eltern ist gering. Wenn dann noch Überraschungen bevorstehen, wird es einfach zu viel.

So können Eltern helfen

Halten Sie in extremen Phasen das Leben Ihres Kindes möglichst frei von Überraschungen und Veränderungen. Ersteres ist dabei einfacher, denn Sie können Ihr Kind rechtzeitig informieren: Wohin der (angekündigte) Überraschungsausflug gehen soll, im Extremfall sogar, was es zum Geburtstag geschenkt bekommt. Es wird ihm nichts schaden, sondern es lediglich vor unnötigem Stress bewahren. Allerdings sollten Sie Ihr sensibles Kind nicht in Watte packen, denn wir alle müssen lernen, mit neuen Situationen umzugehen. Bekommt Ihr Kind einen Anfall, weil es ein blaues anstatt wie sonst immer ein rotes Bettlaken bekommt, dann müssen sie das aushalten - und zwar beide. Erklären Sie Ihrem Kind, warum das Bettlaken diese Farbe hat; ist es nicht ansprechbar, dann lassen Sie es wüten und warten Sie einfach, bis es sich wieder beruhigt hat.

Wie immer sind Sprüche wie „Nun stell dich doch nicht schon wieder so an!“ wenig hilfreich. Auch wenn Ihnen der Ausbruch Ihres Kindes und seine Gefühle unverständlich sind, nehmen Sie sie ernst und respektieren Sie seine Emotionen. Was Sie allerdings nicht tun sollten, ist jetzt das Bettlaken auszutauschen. Denn das unterstützt das Kind in seiner Wut und zeigt ihm eine Strategie, mit der es seinen Willen durchsetzen kann.