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So wird Papa zum Unterstützer bei der Grundschul-Eingewöhnung

Auch wenn Ihr Sprössling schon einige Jahre Kita hinter sich hat, ist der Schulbeginn ein anderes Kaliber. Da sollten Sie der starke Stamm zum Anlehnen und Stützen sein aber gleichzeitig nicht festhalten.

Der berühmte „Ernst des Lebens“ ist zwar heute dank eines besseren Verständnisses von kindlicher Psychologie und daran ausgerichteten Lehrmethoden längst nicht mehr so ernst wie zu Ihren Zeiten. Aber die Grundschule markiert immer noch den ersten Punkt im Leben Ihres Kindes, hinter dem es nicht nur einige Grund-Skills beherrschen, sondern Leistung liefern muss. Egal wie spielerisch das Wissen auch noch vermittelt und abgefragt werden mag. Neue Menschen, neue Anforderungen, ein stundenplan-diktierter Tagesablauf. Das sorgt bei vielen ABC-Schützen für eine regelrechte Mikro-Pubertät, zumindest was die Stimmungslage anbelangt. Es lässt viele Väter ratlos zurück. Was tun? Ein guter Anfang wäre es, die folgenden Punkte zu beherzigen.

Freiheit geben, wo sie anderswo genommen wird

Wie würden Sie es finden, wenn Sie von der Arbeit kommen und danach bis zum Zubettgehen mit Verpflichtungen ausgebucht sind? Sie wären vollkommen zurecht sauer, denn der Mensch braucht seine Freiräume, die er nach eigenem Gusto gestalten kann. 

Diese Grundlage zu beherzigen, ist ein Punkt, an dem Sie ansetzen können. Denn so verständlich es auch ist, dass Sie möchten, dass Ihr Kind seine „Zuhause-Pflichten“ zwischen Sportverein und Haushaltsmithilfe nun weiter absolviert, so sehr sollten Sie diese, zumindest in den ersten Schulmonaten, zurückfahren. Ihr Nachwuchs hat jetzt genug damit zu tun, sich in ein im Vergleich zum bisherigen Leben unheimlich starren Terminkalender einzufügen. Da sollte er nach den Hausaufgaben weitgehende Freiheit bekommen, sonst geht es ihm wie Ihnen, es wird launisch. Das hat noch einen Vorteil: Freiräume machen erwiesenermaßen kreativer und wecken Entdeckungsdrang.

Wie bei Ihnen auch, sollte der kindliche Freiraum an Bedingungen geknüpft sein. Erst wenn die Hausaufgaben erledigt sind, hat Ihr Kind wirklich frei. Diese Konsequenz ist tragendes Fundament selbstständiger Lerndisziplin. 

spielende Jungen
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Spielerisches Lernen einbauen

Auch wenn es vor allem im ersten Schuljahr noch sehr zahm sein mag, so beginnt doch dann schon der schulische Dreiklang:

  1. Schulisches Lernen
  2. Rekapitulieren des Tages-Erlernten durch Hausaufgaben
  3. Zusammenfassen größerer Themengruppen vor Klassenarbeiten

Die ersten beiden Punkte gehören künftig zum täglichen Brot, ergänzt um Nummer drei, wenn Arbeiten anstehen. Einige Väter, vor allem diejenigen, die schon die Kindes-Karriere im Blick haben, wollen, dass das Kind täglich noch zusätzlich lernt. Allerdings werden Sie damit vornehmlich erzielen, dass Lernen zur Zwangsmaßnahme wird.

Wesentlich effektiver ist es, zuhause spielerisch und ohne Druck dafür zu sorgen, dass Ihr Nachwuchs neben Hausaufgaben und Testvorbereitung lernt. Das kann eine förderliche Gestaltung der Wände durch Alphabet-Deko im Kinderzimmer bedeuten. Vielleicht das spielerische Integrieren von Lerninhalten in den Alltag, etwa im Supermarkt: „Bring mir mal bitte die Packung, auf der Chili steht“ anstatt „gib mit bitte die grüne Packung“. Der Sinn dahinter ist immer, Zusatzlernen für das Kind unbemerkt ablaufen zu lassen.

Das Kind erwachsen sein lassen

Aus Sicht eines Mitte 30-Jährigen mag es zwar zum Schmunzeln anregen, wenn der Sechsjährige verkündet, er sei nun auf dem besten Weg zum Erwachsenen. Aber tatsächlich steckt darin ein wahrer Kern: Kinder spüren in dem Alter schon präzise, dass die Welt von ihnen nun mehr Selbstständigkeit erwartet. 

Allerdings antworten viele falsch darauf, indem sie versuchen, den Anforderungen mit mehr Schutz zu entgegnen. Ein gutes Negativbeispiel ist der Papa, der auf den Schulweg reagiert, indem er die Tochter bis vors Schultor fährt oder sie zu Fuß begleitet und ihr dabei womöglich noch den Ranzen trägt. Alles verständlich, aber keinesfalls dazu geeignet, einen selbstständigen Menschen zu formen. Einen sicheren Schulweg sollte das Kind allein meistern, oder im Verbund mit Klassenkameraden. Erwachsene sollten daran gar nicht beteiligt sein.

In die gleiche Kerbe schlägt auch das Wecken. Natürlich ist es in Ihrem Sinne, Ihren Spross persönlich zu wecken. Nicht nur der Sanftheit wegen, sondern vielleicht auch, um die morgendlich-hektischen Abläufe nicht noch durch ein trödelndes Kind zu verschärfen. Dennoch sollte Ihr Kind seinen eigenen Wecker haben, die meisten werden diesen Beweis ihres „Erwachsenseins“ mit Feuereifer annehmen. 

Schaufenster
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Trends und Schulhofrealitäten nicht völlig ignorieren

Ein heißes Eisen. Natürlich möchten Sie als Vater verhindern, dass das eigene Kind zu einem materialistischen, auf Statussymbole fixierten Menschen heranwächst. Allerdings ist es ebenso unzweifelhaft, dass der Schulhof ein raues Pflaster ist. So sehr Sie Ihre Kinder auch dazu erziehen, alternative Ansichten zu akzeptieren, so sehr neigen Ihre Kids dazu, den Trends ihrer Welt hinterherzulaufen. 

Dagegen anzukämpfen wäre müßig. Denn es hätte nur zur Folge, dass Ihr Kind zum Außenseiter wird. In diesem Alter hat Ihr Kind schlicht noch keinen Sinn für die Coolness von Nonkonformismus. Sie sollten versuchen, Ihr Kind, was die Must-Haves der Schulhofwelt anbelangt, nicht gänzlich außen vor zu lassen. Das beginnt mit dem Pausenbrot, bei dem das Schinken-Käse-Sandwich grundsätzlich das Bio-Möhren-Pesto auf Vollkornbrot aussticht, erstreckt sich über Trendspielzeuge, nach dem Fidget-Spinner kommt derzeit übrigens die Wundertüte in neuem Gewand zurück und es endet wie jeher bei Kleidung.

Nein, Sie müssen nicht erlauben, alles mitzumachen. Aber eine Nase für die wichtigsten Schulhoftrends sollten Sie entwickeln und Ihrem Kind gestatten, zu partizipieren.

Sich nicht in innerkindliche Angelegenheiten einmischen

Auch bei Jungs geht es heute auf dem Schulhof bei weitem nicht mehr so rau zu wie damals, als für Sie „Kämpfe“ und Kraftproben dazugehörten. Sicherlich keine schlechte Entwicklung. Doch ebenso wenig, wie Sie verhindern können, dass Grundschüler Trends folgen, können Sie verhindern, dass sie Hackordnungen entwickeln. Das ist ein normaler, natürlicher Vorgang, der jetzt schon die Erwachsenenwelt vorwegnimmt. Auch da müssen Sie sich an Rangordnungen halten. Ihre Kinder haben wenigstens noch den Luxus, diese unter sich ausbilden zu können, wo es bei Ihnen viel häufiger Leistung, Dienstalter usw. sind.

Doch das macht Ihnen natürlich Angst: Sie müssen Ihr Kind, dass doch erst sechs oder sieben Jahre alt ist, den Gemeinheiten anderer Kinder aussetzen. Dass sich dagegen alles in Ihrer Vaterseele sträubt und Sie von Herzen dem Schulhofrowdy, der Ihr Kind seit Tagen ärgert, mal einen gehörigen „Erwachsenen-Anpfiff“ erteilen möchten, versteht sich von selbst. 

Allerdings sollten Sie eines bedenken. Jeder Ihrer väterlichen Eingriffe sorgt dafür, dass Ihr Kind sich nicht selbst behaupten muss. Sie schwächen es regelrecht. Nein, Sie müssen nicht tatenlos zusehen. Bei echtem(!) Mobbing müssen Sie sogar Gegenmaßnahmen ergreifen. Allerdings sollten Sie sich im schulischen Alltag unterhalb der Dauer-Mobbing-Schwelle, so gemein das zwischenkindliche Verhalten auch auf Sie wirken mag, maximal zurückhalten. Das einzige, was Sie tun können und sollten, ist es, Ihrem Kind Verhaltenstipps zu geben, somit Ihre Vorgehensweise auf es selbst zu projizieren. Das stärkt Ihre Vater-Kind-Beziehung, denn Ihr Nachwuchs sieht, dass Sie ihm helfen, aber gleichzeitig auch, dass Sie ihn seine Probleme selbst lösen lassen (auch wenn Ihnen innerlich das Herz blutet). 

Kinder Klatschspiel
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Zusammengefasst

Der Grundschulbeginn bedingt, dass sich Ihr Kind nun erstmals in eine Welt einfügen muss, die nicht mehr von Ihnen kontrolliert werden kann. Dies zu akzeptieren, ist die wichtigste Papa-Pflicht. Für den Alltag bedeutet es, dass Sie immer nach einer Maxime verfahren sollten: Da sein, um Ihrem Kind, wenn es das möchte, Rückhalt zu geben, aber so wenig wie möglich von selbst eingreifen und an seiner Stelle handeln. Das prinzipiell einfache Geheimnis, um einen starken, selbstbewussten, eigenständigen, durchsetzungsfähigen Menschen großzuziehen. 

 

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