Kinder tun fast alles, um Teil einer Gruppe zu sein – Erwachsenen geht das oft ähnlich. Wir wollen irgendwo dazugehören, wollen anerkannt und geliebt werden. Es liegt in der Natur des Menschen als Gruppenwesen. Mitunter löst dieser starke Wunsch sonderbare und bedenkliche Verhaltensweisen beim Kind aus.
Dabei sein ist alles – Kinder wollen dazugehören
In der Pubertät ist die Cliquenbildung mit teilweise strengen internen Regeln allgemein bekannt: Als Jugendlicher darf man nur dabei sein, wenn man raucht, Alkohol trinkt, gefärbte Haare hat oder bestimmte Markenjeans trägt. Die ersten Gruppenzwänge finden sich aber bereits im Kindergarten. Nur wer ein eigenes Hotwheel Car mitbringt, darf mit Autorennen spielen, nur mit der original Baby Born Puppe ist man Teil der Mädchengruppe. Diese Zwänge können Eltern oft vor schwierige Entscheidungen stellen.
Warum die Zugehörigkeit so wichtig ist
Der Mensch ist ein soziales und kommunikatives Wesen und steht dementsprechend nicht gern alleine da. Er möchte irgendwo dazugehören. Also sieht er sich unbewusst nach anderen Menschen um, die zu ihm passen. US-Wissenschaftler haben jüngst außerdem herausgefunden, dass das Gehirn den Körper mit Glückshormonen belohnt, wenn man anderen etwas nachmacht.
Besonders in der Pubertät wird der Wunsch übermächtig. Meist sinkt die Akzeptanz im Elternhaus und es kommt verstärkt zu Reibereien: Wegen der Schulnoten, den Kleidungsvorlieben, dem Musikgeschmack oder dem ersten Freund. In der Gruppe, in der alle ähnlich fühlen und handeln, wird der Jugendliche so akzeptiert wie er ist. Er fühlt sich gemocht und gut aufgehoben. Sich anzupassen, um noch mehr mit der Clique zu verschmelzen, ist fast schon selbstverständlich. Allerdings nimmt diese Anpassung teilweise Formen an, die für die Eltern bedenklich sind oder sogar kriminell oder gefährlich werden.
Gefährliche Mutproben
Beliebt innerhalb von Cliquen ist das Ritual einer Mutprobe. Damit soll die Bindung an die Gruppe gefestigt werden. Das neue Mitglied muss sich erst als „würdig“ erweisen, Teil der Gemeinschaft zu werden. Die Aufgaben reichen von der ersten Zigarette, einer neuen (schrillen) Haarfrisur bis hin zum Diebstahl im Supermarkt, Autoklau oder Drogenkonsum. Für viele Jugendliche ist der Wunsch, dazu zu gehören weitaus stärker als die Vernunft und sie lassen sich auf gefährliche Handlungen ein oder begeben sich geradewegs in die Drogenabhängigkeit. Herrscht in einer Gruppe der Zwang zum Tragen von Markenklamotten und ein Jugendlicher möchte unbedingt dazugehören, führt auch hier der Weg manchmal darüber, sich die schicken Klamotten zu klauen.
Ausweg aus dem Gruppenzwang
Wenn es soweit kommt, müssen Eltern eingreifen und ihr Kind schützen. Hier ist allerdings Feinfühligkeit angesagt. Zwang hilft wenig, da ein Teenager immer Mittel und Wege finden wird, um seinen Willen durchzusetzen. Eltern sollten auf die Einsicht ihres Kindes setzen und selbst von Anfang an ein gutes Vorbild sein. Hilfreich ist außerdem ein gut entwickeltes Selbstwertgefühl, das es dem Kind erlaubt, auch einmal nein zu sagen, wenn es etwas nicht gut findet, was die Clique verlangt.
Ein Effekt der Cliquenzugehörigkeit ist häufig die Anpassung an die allgemeine Einstellung innerhalb der Gruppe. Es besteht die Gefahr, dass der Teenager weltanschauliche und politische Vorstellungen übernimmt, mit denen Sie als Eltern nicht einverstanden sind. Kommt ein Kind plötzlich mit menschenverachtenden und unsozialen Einstellungen an, dann muss an seine Vernunft appelliert werden. Das Mitläufertum ist besonders gefährlich, wenn es zum Beispiel um faschistische Gruppierungen geht. Denn wer Mitläufer ist, hat selbst nicht genau verstanden, was er eigentlich sagt und übernimmt unkritisch die Meinung der Gruppenführer.
Konkrete Hilfen für Ihr Kind
Wann immer Sie bemerken, dass Ihr Kind aus der Bahn oder in den starken Sog einer Clique gerät, sollten Sie eingreifen. Am sinnvollsten mit Gesprächen, die an die Vernunft und Einsicht Ihres Kindes appellieren. Versuchen Sie mit ihm in Kontakt zu bleiben und ein so vertrauensvolles Verhältnis zu schaffen, dass das Problem angesprochen werden kann und Sie Ihrem Kind zur Seite stehen können.
Wenn Gespräche nicht möglich sind, dann helfen vielleicht Angebote. Vielleicht schaffen Sie es, Ihr Kind für ein neues Hobby zu begeistern. Die Anmeldung im Sportverein kann Kontakte zu anderen Jugendlichen knüpfen, deren Einstellungen und Verhaltensweisen weniger schwierig sind. Manchmal ist es auch sinnvoll, das Kind für eine Weile komplett aus dem Kontakt zu lösen: Eine Sprachreise, Reiterferien oder andere Urlaubsangebote können eventuell die enge Bindung lösen und neue Interessen bei Ihrem Kind wecken.
Kommen Sie nicht mehr alleine zurecht, dann sollten Sie sich professionelle Hilfe holen. Ansprechpartner im Netz ist hier zum Beispiel die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke), konkrete Hilfen gibt es auch bei caritativen oder gemeinnützigen Beratungseinrichtungen. Dort sind in der Regel Pädagogen oder Psychologen vor Ort, die konkret auf die Probleme von Teenagern spezialisiert sind.
Zum Weiterlesen:
http://healthland.time.com/2010/11/04/why-we-conform-to-the-group-it-gets-your-brain-high/