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Wenn Mama krank wird, ist nichts wie sonst – ein zweifacher Familienvater berichtet von seinen Erlebnissen

Gleichberechtigung hin oder her: die Mutter ist in der Regel Bezugsperson Nummer eins für ein kleines Kind. Wenn sie einmal krank wird, herrscht in der Familie ein absoluter Ausnahmezustand. Daran ändert sich auch nichts, wenn man als Vater mit Haushalt und Kindern eigentlich ganz gut klarkommt.

Unser Autor hat zwei turbulente Wochen hinter sich. Nicht nur, dass seine Frau das Bett hüten musste. Nein, das alleine reichte ja noch nicht...

 

Fällt die Mama aus, ist Land unter in der Familie

Ich kannte es ja eigentlich schon aus dem letzten Winter: Fängt sich ein Familienmitglied eine fiese Erkältung ein, ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann sich die anderen drei damit anstecken. Da kann es durchaus passieren, dass vier Wochen lang einer nach dem anderen hustet und schnieft. Gerade Kinder sind ja überaus empfänglich für allerlei Krankheiten. Was ich kürzlich erleben durfte, stellte meine bisherigen Erfahrungen allerdings in den Schatten.

Meine Frau ist gerade dabei, unsere Tochter abzustillen, womit sich diese nicht sonderlich einverstanden zeigte. Und so kam, was kommen musste: eine ordentliche Brustentzündung hatte sich entwickelt. Als Mann kann man die Schmerzen freilich nur erahnen, jedenfalls ging es meiner Frau von da an sehr schlecht. Die Ärztin hatte ihr absolute Bettruhe verordnet. Wenn nicht, dann dürfe sie sich auf mehrere Tage in der Klinik einstellen, weil eine solche Entzündung andernfalls zu einem ernsten Problem werden könne. Wie man einem Zweieinhalbjährigen und einer fast Einjährigen den Begriff Bettruhe erklären soll, dazu erhielt meine Frau leider keinen ärztlichen Rat.

So informierte ich also meinen Arbeitgeber und erfuhr, dass man bis zu vier Tage im Jahr frei bekommt, wenn die „Hauptbetreuungsperson“ ausgefallen ist. Meine Frau zog sich daraufhin ins Schlafzimmer zurück und war quasi nicht mehr ansprechbar. Ich übernahm die Kinderbetreuung, wobei das Damoklesschwert des drohenden Klinikaufenthaltes ständig über mir schwebte. Hoffentlich würde sie schnell gesund werden. Die kommenden drei Tage verbrachte ich dabei wie folgt:

7:00 Uhr: Mit wahlweise fröhlichem Gehüpfe oder motzigem Schreien geweckt werden und anschließend den Kindern erklären, dass die Mama heute nicht aufstehen wird, weil sie sehr müde ist.

07:15-08:00 Uhr: Kinder wickeln, waschen, Zähne putzen, anziehen usw. Ist das lustig, wenn man mit dem Wasser herumspritzt und mit Creme die Wand verschönert!

08:00-09:00 Uhr: Frühstück vorbereiten und genießen. Da unsere Kinder hier eine sehr reichhaltige Auswahl schätzen, kam ich selbst eventuell in der letzten Viertelstunde dazu, mein Morgenmahl hinunterzuschlingen.

09:00-09:30 Uhr: Frühstückstisch samt Küche aufräumen. Diese Tätigkeit kann mitunter genauso viel Zeit in Anspruch nehmen wie das eigentliche Frühstück, weil die Kinder ihr Essen gerne im Radius von zwei Metern verteilen. Völlig normal, schließlich muss man ja erst lernen, mit Besteck zu essen. Die beiden spielen währenddessen im Wohnzimmer, sind aber nicht abgeneigt, die Sauerei im ganzen Erdgeschoss zu verteilen. Mama ist immer noch müde.

09:30-11:30 Uhr: Jetzt wird gespielt. Beide Kinder sind sich einig, dass ALLES im Kinderzimmer unbedingt herausgeholt und auf dem Boden im Dachgeschoss verteilt werden muss. Wer das Chaos später aufräumen wird, ist eigentlich jetzt schon klar.

11:30-13:30 Uhr: Endlich Schlafenszeit. Mit sehr viel Glück schlummern die beiden jetzt etwa eineinhalb Stunden selig in ihren Betten. An Entspannung ist trotzdem nicht zu denken. Schließlich gibt es im Haus viel zu tun, wenn Mama krank ist.

13:30-14:30 Uhr: Mittagessen. Der Ablauf ist ungefähr mit dem Frühstück zu vergleichen. Mama lässt sich ganz kurz blicken, um dann wieder in ihr Bett zu verschwinden.

14:30-17:30 Uhr: Spaziergang zu Oma und Opa. Zum Glück wohnen die nicht sehr weit weg. Sie freuen sich, ihre Enkelkinder zu sehen und spielen mit ihnen. Ich setze mich ein Zimmer weiter, blättere bei einer Tasse Kaffee in der Zeitung und habe endlich die Gelegenheit, mich ein wenig auszuruhen. So ist allen geholfen.

17:30-19:00 Uhr: Gemeinsames Abendessen. Auch Mama sitzt appetitlos mit am Tisch, sieht aber aus wie ein Zombie und ist zu keiner größeren Unterhaltung in der Lage. Der Ablauf ähnelt dem der anderen Mahlzeiten, nur dass die Sauerei beim Abendessen ihren Höhepunkt erreicht.

19:00-19:30 Uhr: Die Kinder werden gebadet. Mit in die Wanne müssen selbstverständlich diverse Badeenten, Puppen und Speilsachen. Es macht riesigen Spaß, sich gegenseitig nasszuspritzen. Der
Wasserstand auf dem Badezimmerboden beträgt nach groben Schätzungen etwa einen Zentimeter.

19:30-20:30 Uhr: Die Kinder müssen nacheinander ins Bett gebracht werden. Während ich es schaffe, die Kleine mit nur drei Gute-Nacht-Liedern zum Schlafen zu bringen, spielt der Große noch in seinem Zimmer. Er allerdings besteht auf das volle Programm und schlummert erst nach jeweils drei Geschichten und Liedern ein.

22:00 Uhr: Endlich liege auch ich völlig erschöpft in meinem Bett. Ich verfolge noch schnell die Nachrichten im Fernsehen, ehe mir die Augen zufallen.

 

Es kommt garantiert immer alles auf einmal

Das alles war scheinbar noch nicht genug. Kaum war meine Frau wieder einigermaßen fit, bekam unsere Tochter starkes Fieber, das partout nicht vergehen wollte. Die Kinderärztin legte uns nahe, die Kleine in einer Kinderklinik untersuchen zu lassen. Dort wollte man sie für mindestens eine Nacht unter Beobachtung stellen, um eine ernsthafte Erkrankung auszuschließen, zumal sie kurzzeitig auch blaue Lippen hatte. Natürlich blieb meine Frau als Begleitperson dabei und ich fuhr mit meinem Sohn wieder nach Hause. Dem Vernehmen nach war es kein sonderlicher Spaß, ein Kind, das gerade laufen lernt, den ganzen Tag in seinem Gitterbettchen zu bespaßen. Herumkrabbeln ging wegen der Infusion und den ganzen Gerätschaften nämlich nicht. Dementsprechend motzig und übellaunig war sie die ganze Zeit über. Wäre noch ein weiterer Patient in das Zweibettzimmer gekommen, er hätte sicherlich freiwillig die Flucht ergriffen.

Aus einer Nacht wurden schließlich drei. Ich schaffte es irgendwie, die Betreuung für unseren Sohn mit Hilfe der Großeltern zu organisieren. Ganz nebenbei konnte ich – wenn ich geistig auch nur halb anwesend war - meiner Berufstätigkeit weiterhin nachgehen. Nach Arbeit und Besuchen bei Frau und Tochter war ich mit meinem Sohn alleine. Ich muss gestehen, dass ich unsere gemeinsamen „Männerabende“ sehr genossen habe.

Schließlich konnte ich meine Lieben wieder aus der Klinik abholen. Wie sich herausstellte, hatte unsere Tochter ein sogenanntes Dreitagefieber – typisch dafür sind sehr hohes Fieber und anschließend ein gefährlich aussehender Ausschlag auf der Haut. Insgesamt aber eine harmlose Krankheit, die wohl jedes Kind früher oder später einmal bekommt. Viel Wind um fast nichts also.

Mein Fazit:

Wenn auch zwangsläufig, so habe ich die gemeinsame Zeit mit meinen Kindern doch außerordentlich genossen. Endlich konnte ich mich den ganzen Tag lang ausgiebig mit ihnen beschäftigen, was normalerweise durch Alltag und Beruf nicht möglich ist. Natürlich gibt es mit zwei Kindern auch jede Menge zu tun. Gut, wenn man als Mann schon vorher tatkräftig mit angepackt hat und sich dementsprechend auskennt. Wenn nicht, steht man einer solchen Situation weitgehend hilflos gegenüber. Was ich in diesen Tagen in jedem Fall erlangt habe ist eine Erkenntnis, die ich eigentlich schon länger insgeheim hatte, aber nie aussprach: nämlich dass eindeutig meine Frau es ist, die den stressigeren Job von uns beiden hat.