Einmalwindeln sind praktisch – verursachen aber jede Menge Müll.

Stoffwindeln – die ideale Wickel-Alternative?

Immer mehr Menschen beschäftigen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und versuchen, Müll möglichst zu vermeiden. Wird die Familie dann allerdings durch ein Baby erweitert, scheint die Müllvermeidung plötzlich unmöglich zu sein: Täglich wandern dann Müllsäcke voller Wegwerfwindeln, die erst nach Jahrhunderten abgebaut sein werden, in den Restmüll. Obendrein kosten die Einmalwindeln außerdem jede Menge Geld. Schon allein deshalb kommt bei vielen jungen Eltern die Frage auf, ob es nicht auch anders geht.

Die Lösung des Windel-Wegwerf-Problems: wiederverwendbare Mehrwegwindeln aus Stoff. Doch sind die Mehrwegwindeln wirklich für jeden eine günstige, nachhaltige und praktische Wickel-Alternative?

Mehrwegwindeln für weniger Windel-Müll

Jährlich werden in Deutschland etwa 660.000 Babys geboren. Pro Tag benötigen sie zusammen etwa 4 Millionen Wegwerfwindeln. Allerdings müssen Eltern nicht nur bei Neugeborenen, sondern bis ins Kleinkindalter mit vollen Windeln umgehen. Dementsprechend groß ist auch der insgesamt entstehende Windel-Müllberg: Alle Wickelkinder zusammen produzieren hierzulande etwa 8 Millionen schmutzige Einmalwindeln täglich!

Nicht nur für diejenigen, die versuchen, nachhaltiger zu leben, sind diese Windelmüll-Zahlen schockierend. Auch Eltern, die sich lediglich über die hohen Windelpreise ärgern, fragen sich zunehmend, ob das Wickeln nicht auch anders geht. Und tatsächlich: Mehrwegwindeln zählen zu den Hygiene- und Pflegeprodukten rund um Kind und Familie, die sich einer auffällig wachsenden Beliebtheit erfreuen. Grund hierfür sind neben der Müllvermeidung noch weitere, überzeugende Stoffwindel-Vorteile. Bedenken müssen Eltern aber, dass auch Mehrwegwindeln einige Nachteile mit sich bringen können. 

 

Stoffwindeln
Stoffwindeln sind günstiger – machen aber mehr Arbeit.

 

Vorteil: Stoffwindeln sind günstiger

Kinder werden meist für 2 bis 3 Jahre gewickelt und tragen Windeln. Werden sie in dieser Zeit mit Einmalwindeln ausgestattet, fallen Kosten von etwa 1.000 bis 1.500 Euro für die Wegwerfwindeln an. Werden Windeln von hochpreisigen Herstellern verwendet, können die Windelkosten sogar noch höher sein.  

Werden hingegen Stoffwindeln verwendet, benötigt ein Kind in seiner Wickelzeit hiervon nur etwa 25 Stück. Zwar muss die Mehrwegwindel-Grundausstattung ebenfalls erst einmal angeschafft werden und kostet durchaus einige Hundert Euro. Insgesamt darf allerdings davon ausgegangen werden, dass Mehrwegwindeln im Vergleich zu Einmalwindeln rund 30 bis 50 Prozent günstiger sind. Das gilt sogar dann, wenn man den Wasser- und Stromverbrauch für das Waschen der Windeln einkalkuliert!

Außerdem praktisch: Wiederverwendbaren Windeln aus Stoff können problemlos an Geschwisterkinder weitergegeben werden. So helfen sie gleich doppelt beim Sparen. Außerdem können sie dann, wenn die Wickelzeit vorüber ist, auch weiterverkauft werden.

 

Vorteil: Stoffwindeln sind sanft zur Babyhaut

Gewöhnliche Wegwerfwindeln enthalten chemische Substanzen. Sie können bei empfindlichen Kindern Hautreizungen, einen wunden Po oder eine Windeldermatitis begünstigen – diese Probleme kennen die meisten Eltern. Bei Mehrwegwindeln hingegen kommen vorwiegend natürliche Materialien an die Kinderhaut. Schließlich werden beispielsweise Mullwindeln aus Bio-Baumwolle gemeinsam mit einer hautverträglichen Überhose verwendet. Durch diese hautverträglicheren Materialien kommt es bei der Verwendung von Mehrwegwindeln seltener zu Pusteln und Rötungen. Außerdem enthalten Stoffwindeln nicht nur weniger Chemie. Im Vergleich zu Einmalwindeln sind sie auch deutlich atmungsaktiver und verhindern auch so Hautreizungen.

Nichtsdestotrotz sind Stoffwindeln sehr auslaufsicher. Schließlich bestehen sie nicht allein aus Bio-Baumwolle, sondern verfügen auch über eine wasserdichte Schicht etwa aus Polyurethanlaminat und Wolle. Wer auf Natürlichkeit setzt, sollte also auf jeden Fall die Wickeltasche mit Stoffwindeln befüllen.

 

Vorteil: Sauberwerden fällt mit Stoffwindeln leichter

Einmalwindeln sind mit sogenannten „Superabsorbern“ ausgestattet. Dabei handelt es sich um eine gelartige Masse, die chemisch hergestellt wird. Sie sorgt in der Windel dafür, dass sich diese selbst im vollen Zustand nicht zu feucht anfühlt. Das klingt zunächst komfortabel – erleichtert aber das Sauberwerden nicht unbedingt. Im Gegenteil: Das Kind verspürt sogar einen geringeren Reiz, selbstständig auf die Toilette gehen zu wollen. Schließlich fühlt sich selbst die mit Urin gefüllte Windel noch vergleichsweise gut an. 

Werden hingegen Stoffwindeln verwendet, sind diese auch ausreichend saugfähig. Sie absorbieren Feuchtigkeit aber nicht komplett und fühlen sich darum im vollen Zustand auch etwas feucht an. Das mag nicht besonders komfortabel sein – schafft gleichzeitig aber auch einen gewissen Anreiz, dieses Gefühl vermeiden zu wollen. Vermutlich deshalb möchten Stoffwindel-Kinder - im Vergleich zu denjenigen, die Einmalwindeln bekommen – früher von alleine auf die Toilette. Allerdings gilt: Ein Garant für schnelles Sauberwerden sind Stoffwindeln trotzdem nicht.

 

Nachteile: Für das Wickeln mit Stoffwindeln braucht es viel Zubehör

Das Wickeln mit Einmalwindeln ist zweifelsohne unkomplizierter als die Verwendung von Stoffwindeln. Schließlich braucht es für Letztere jede Menge Zubehör. Was genau notwendig ist, um moderne Stoffwindeln verwenden zu können, hängt von der gewählten Stoffwindel-Variante ab. Insgesamt gibt es drei verschiedene Varianten:

  • All-In-One-Stoffwindeln: Diese Stoffwindeln erinnern am ehesten an eine „normale“ Einwegwindel. Die komplette Stoffwindel ist nämlich gebrauchsfertig und besteht an der Außenseite aus atmungsaktivem, aber wasserdichten PUL. Im Inneren der Windel befindet sich eine eingenähte Einlage, die aus Viskose, Baumwolle oder Fleece hergestellt sein kann. Die Windel kann im Ganzen verwendet, gewaschen und getrocknet werden. Hier ist lediglich die Anschaffung mehrerer Wechsel-Stoffwindeln nötig.
  • All-In-Two-Stoffwindeln: Diese Stoffwindeln bestehen aus einer separaten, saugstarken Windeleinlage (Prefold) und einer Überhose. Als Einlagen können auch Mullwindeln, Windelvlies, Spucktücher oder selbst hergestellte Binden verwendet werden. In jedem Fall muss diese Stoffwindel-Variante vor der Verwendung jedoch aus zwei Komponenten „zusammengebaut“ werden. 
  • All-In-Three-Stoffwindeln: Diese Stoffwindel-Variante besteht aus drei Teilen. Nämlich aus einer Überhose, einer wasserundurchlässigen Innenwindel und einer Saugeinlage. 

Um Stoffwindeln auch unterwegs verwenden zu können, ist – neben einer Windeltasche – außerdem eine sogenannte Wetbag sinnvoll. Hierin können gebrauchte Stoffwindeln (geruchssicher) zum Waschen nach Hause transportiert werden.

 

Nachteil: Das Wickeln mit Stoffwindeln ist zeitaufwendiger

Wie gesehen, ist für die Verwendung von Stoffwindeln die Anschaffung verschiedener „Windel-Bestandteile“ nötig. Wer sich dabei nicht für All-in-One-Stoffwindeln entscheidet, muss diese Schichten beim Wickeln selbstverständlich auch jedes Mal zusammensetzen. Es liegt auf der Hand, dass das etwas länger dauert als der Austausch einer vollen Wegwerfwindel.

 

Nachteil: Wer Stoffwindeln verwendet, muss häufiger waschen

Während die Einmalwindel in den Müll wandert, wenn sie voll ist, muss die Stoffwindel gewaschen werden. Hiermit möchten sich die meisten Eltern nach dem Windelwechseln und aus naheliegenden Gründen nicht zu viel Zeit lassen. Dementsprechend muss, wer Stoffwindeln verwendet, häufiger waschen – vielleicht sogar mehrfach pro Tag. Insgesamt sind Stoffwindeln trotz des damit zusammenhängenden Strom- und Wasserverbrauchs dennoch günstiger als Wegwerfwindeln. Allerdings macht das Waschen aber Arbeit und belastet in gewissem Maße die Umwelt. 

 

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