© Kzenon - Fotolia.com

Manche mögen’s heiß – was wir Deutsche von den Spaniern und ihrem Umgang mit der Hitze lernen können

Manche – so scheint die Vielzahl der Meldungen der vergangenen Tage zu bezeugen – mögen es schon heiß, aber nicht soooo heiß.
Deswegen darf ich mich bei den Tippgeber einreihen, wie man mit der aktuellen Sommerhitze umgehen kann. Was mich dazu qualifiziert? Nun, wir sind eine deutsch-spanische Familie. Und in unserer zweiten Heimat Spanien müssen wir schon immer mit einem 30 – 40 Grad – Sommer umgehen. Also los geht’s:

1)    Warum ist es an einem spanischen Strand* zwischen 14:00 Uhr  und 17:00 Uhr gerade im Sommer wie leer gefegt? Weil keine spanische Familie auf die Idee kommt, die Kinder oder sich selbst in dieser Mittagszeit der Knallhitze auszusetzen. Ab nach Hause, ins Hotel, in die Ferienwohnung, oder wo auch immer.
*Also ein spanischer Strand, an dem Spanier im Urlaub sind. Nicht Briten oder Deutsche.

2)    Warum kommt das spanische Jugendamt nicht, wenn gegen Mitternacht Kinder, Kleinkinder und Eltern irgendwo gemütlich die Küstenpromenade entlang spazieren und etwas trinken gehen? Weil die Kinder zu ihrem Schlaf schon kommen. Und zwar mittags. Wenn die britischen und deutschen Kinder am Strand rösten, essen die spanischen Kinder zu Mittag und machen dann ihre Siesta. Richtig schlafen oder ausruhen. Aber bitte nicht vor die Tür!

3)    Warum sehen spanische Häuser im Sommer tagsüber so abweisend aus? Weil alle Rolläden, Fensterläden oder was auch immer ausnahmslos geschlossen sind. Es gilt die Nachttemperatur so lange als möglich auch tagsüber in der Behausung zu halten. Und das klappt mit  den aktuellen Wärmedämm-Isonormen (ich korrigiere mich: Kältedämm-Isonormen) in Deutschland im Zweifel besser als in Spanien. Eine Dreifachverglasung hat auch im Sommer seine Vorteile. 

 

Tagesplanung, Essen, Trinken – wie Spanier mit der Hitze umgehen

4)    Warum genießen Spanier auch bei heißen Sommertemperaturen ihr Essen? Weil ihr Speiseplan schon immer darauf abgestellt ist, auch bei 40 Grad im Schatten Schmackhaftes zu präsentieren. Ich verwette alles in der Welt, dass beim Lesen dieser Zeilen in den aktuellen Zeiten der Begriff „kalte Tomatensuppe“ niemand mehr komisch vorkommt. Ein Gazpacho mit einem Stück frischen Baguette lässt einen problemlos die Siesta einleiten. Tomaten, Gurke, Paprika, Semmelbrösel, Olivenöl und Wasser im richtigen Stil gemischt (ok, wer mag, auch ein bisschen Knoblauch) ist zudem auch noch höchst gesund. Und wer sich am Salzgehalt stört, spart am Salz oder hört aufmerksam den Ernährungswissenschaftlern zu, die gerade bei hohen Temperaturen zu Recht auf Salzhaltiges setzen. 

5)     Warum genießen die Spanier auch bei heißen Sommertemperaturen ihr Trinken? Nein, ich nehme jetzt nicht den Tinto de Verano, ein Sommersüßweingetränk, das für mich persönlich Suchtcharakter hat. Ich nehme einfach das Lieblingsgetränk der Deutschen: Kaffee. Mir tun alle in Deutschland leid, die jetzt gerade auf den deutschen Eiskaffee setzen. Ein Kaffee, dessen Temperatur daher rührt, dass er gerade drei Stunden abgestanden im Kühlschrank war. Um den faden Geschmack zu überdecken, kommt ein Kugel Vanilleeis rein. Pfui. Niemand möchte einen abgestandenen Kaffee trinken, weder warm noch kalt. Ein Eiskaffee (café con hielo) ist ein frisch gebrühter, starker Kaffee, der heiß serviert ggf. noch gezuckert wird. Und dann wir er FRISCH über zwei, drei Eiswürfel geleert. Milch dazu nach Belieben. Das ist Eiskaffee, in Temperatur kalt und in Geschmack Kaffee. Nichts anderes.

Ach, und wenn es gar nicht anders geht, dann stellt die Füße in den Atlantik. Das mache ich jetzt, ganz unten in Spanien, Nähe portugiesische Grenze. 20 Grad Wassertemperatur, höchstens. Da hält, so habe ich gelesen, Ost- und Nordsee dieses Jahr nicht mit. Wir gehen jetzt wieder an den Strand,  so von sechs bis neun abends. Die Kinder sind frisch ausgeruht und haben Spaß. Von wegen Hitzewelle auf der iberischen Halbinsel.

 

zum Autor:
Andreas Clevert, Jahrgang 1970, ursprünglich aus Esslingen stammend, lebt mit seiner spanischen Frau und seinen drei Jungs/Söhnen  (*2008, *2010 und *2013) in Bonn. Mehr von seinen Erlebnissen lesen Sie unter www.vaterdasein.wordpress.com