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Reden mit dem Kind: Die Herausforderung einer Selbstverständlichkeit

Das ist nun wirklich nichts Neues! Zu einer guten Erziehung gehört das Gespräch mit dem Kind. So weit, so gut. Doch wie funktioniert die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern eigentlich genau? Wenn sich zwei Erwachsene unterhalten, folgt das Gespräch anderen Regeln als wenn Sie mit Ihrem Kind sprechen. Fünf Tipps machen den verbalen Austausch einfacher.

Zuweilen ist es ein Tanz auf dünnem Eis. Einerseits müssen Sie für Ihr Kind Verständnis aufbringen. Andererseits soll es lernen, sich an Regeln zu halten und auf Sie zu hören, wenn Sie es ernst meinen. Spätestens wenn Ihr Sohn oder Ihre Tochter in der Pubertät ist, wird es besonders schwer, wenn es darum geht, dem Nachwuchs Ratschläge zu geben. Eigentlich wollen Kinder das, doch die richtige Herangehensweise ist von größter Bedeutung dabei.

Die beleidigte Leberwurst

Es ist alles andere als ein Spaß, wenn das Kind später nach Hause kommt, als es vereinbart war. Noch weniger lustig ist es, wenn es schon häufiger vorgekommen ist. Auch Eltern neigen in solchen Situationen manchmal dazu, „bockig“ zu werden, das Kind mit Nichtbeachtung zu strafen und so zu Unverständnis und einer Abwehr beizutragen. Besser ist es, klar und deutlich zu sagen, dass es nicht nur um Pünktlichkeit geht, denn wenn ein Kind oder Jugendlicher zu spät nach Hause kommt, spielt auch immer eine gewisse Sorge eine Rolle. Das können Sie so sagen. Oft öffnet es Kinderaugen auf wundersame Art und Weise, wenn Sie erklären, dass Sie schlicht und ergreifend Angst hatten, dass etwas passiert sein könnte. Das Verantwortungsgefühl wächst, der Nachwuchs begreift, dass es nicht um lächerliche Machtkämpfe geht, sondern um etwas viel Größeres.

Bloß kein Wischi-Waschi!

Kinder brauchen klare Ansagen und Aussagen. Aber sie müssen sie auch verstehen und nachvollziehen können. Wenn Sie Sätze verwenden wie „Das ist nun einmal so!“ oder „Das musst Du nicht verstehen, halt Dich einfach dran!“, führt das nicht nur zu Frust beim Kind, sondern behindert auch die weitere Kommunikation. Sie können Ihrem Kind viel besser klarmachen, dass bestimmte Regeln gelten, wenn Sie erläutern, warum das so ist. Das heißt gegebenenfalls, dass eine längere Diskussion geführt werden kann.

Noch schwieriger ist es für kleine Kinder, wenn Sie keine klaren Aussagen treffen. Besonders beliebt sind Fragen, von denen Kinder überfordert sind. Das Antworten auf Fragen und die daraus resultierende Konsequenz, eigene Entscheidungen zu treffen, beruhen auf einer gewissen Reife, die kleine Kinder einfach noch nicht haben. Zu viele Fragen mögen zwar gut gemeint sein, erreichen bei Ihrem Kind aber häufig das Gegenteil dessen, was erreicht werden soll.

Wessen Nerven liegen eigentlich blank?

Jeder hat einmal einen schlechten Tag. Wenn Sie einen Gebrauchten erwischt haben und Ihr Sohn sich als tollpatschige Abwaschhilfe herausstellt (und zwar zum wiederholten Mal), dann kann ein „Meine Güte, jetzt pass' doch mal auf, das ist das dritte Glas diese Woche, das Dir 'runter fällt!“ schon einmal herausrutschen. Es dient der Sache aber üblicherweise nicht. Außerdem ist es gut möglich, dass der Junge einfach abgelenkt ist oder sich um etwas Gedanken macht, das ihn stark beschäftigt. Sie handeln doppelt richtig, wenn Sie sich für Ihren Ausbruch zunächst einmal entschuldigen und dann vorsichtig nachfragen. Sollte wirklich etwas in Ihrem Sohn arbeiten, wird er es wahrscheinlich dann auch sagen.

„Was war da los?“

Früher gab es den berühmt berüchtigten „Blauen Brief“, wenn es zu Ärger in der Schule kam. Nicht selten hat er Familiensegen schief hängen lassen und zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Wenn Lehrer heute mit Eltern Kontakt aufnehmen, bedeutet das meist auch nichts Gutes. Doch auch hier gilt, sich beide Versionen der Geschichte anzuhören. Es geht nicht darum, die Aussagen des Kindes oder die des Lehrkörpers infrage zu stellen. Vielmehr ist es wichtig, die Sicht des Kindes zu berücksichtigen. Vorwürfe wie „Was hast Du Dir denn dabei jetzt wieder gedacht?“ bewirken im wesentlichen Rückzug und eine Abwehrhaltung beim Nachwuchs. Der bessere Weg, um herauszufinden, was genau passiert ist und wo die Gründe für das Verhalten des Kindes liegen, ist aktives Nachfragen. Sie werden mehr erfahren und die Gefühlslage Ihres Kindes kennenlernen, wenn Sie danach fragen, was genau die Lehrkraft gesagt hat und wo sich Ihr Kind ungerecht behandelt fühlt.

 

„Bis Du Großmutter bist, ist das vergessen ...“

Solche und ähnliche Sprüche haben Kinder immer schon zur Verzweiflung gebracht. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, denn sie signalisieren, dass Sie das Kind nicht ernst nehmen. Beispiel erster Liebeskummer:

„Du wirst noch so viele Jungs kennenlernen. Mach Dir nichts draus!“ Ein solcher Satz ist ein regelrechter „Totschläger“. Wenn die Tochter über ihren ersten Liebeskummer berichtet, wird es ihr kaum helfen, dass irgendwann ein anderer Junge kommt und die Trauer vergessen macht. Wichtiger ist es, das Mädchen ernst zu nehmen, zuzuhören und ihm nicht das Gefühl zu geben, die Empfindungen seien unbedeutend. Die Erinnerungen an den eigenen ersten Liebeskummer können durchaus hilfreich für das Kind sein. Eine Formulierung könnte beispielsweise sein: „Ich hatte in meinem Leben auch schon oft Liebeskummer. Das tut sehr weh. Und mir hat es immer geholfen, wenn ich darüber reden konnte.“

Es funktioniert nicht immer

Selbst die am besten gemeinte Erziehung ist immer nur so gut, wie die Realität, die sie zuweilen einholt. Niemand kann immer alles richtig machen, Eltern nicht, Kinder nicht. Lehrer übrigens auch nicht. Der Anspruch an die eigene Perfektion kann daher auch nach hinten losgehen. Fehler sind also erlaubt. Entscheidend ist, wie Sie damit umgehen. Denn Ihr Kind nimmt das sehr genau wahr.