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Kriterien für die Einschulung – Wann ist ein Kind ein Kann-Kind?

Wann soll das eigene Kind eingeschult werden, auf welche Schule soll es gehen und ist es – obwohl im besten Einschulungsalter – schon reif für die erste Klasse? Diese Fragen beschäftigen alle Eltern, die ein Kind in die Schulzeit entlassen müssen.

In Deutschland herrscht für alle Kinder Schulpflicht, der Zeitpunkt der Einschulung erfolgt nach bestimmten Regularien. Da sich nicht jedes Kind in gleicher Weise entwickelt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, den gesetzlich festgelegten Zeitpunkt der Einschulung nach hinten, aber auch nach vorne zu verlegen. Initiiert werden diese Verfahren von den Eltern, mitunter aber auch von den Erziehern oder Vorschullehrern.

 

Das Jahr der Einschulung – festgelegt durch die Stichtagsregelung

Der sogenannte Stichtag regelt, wann ein Kind unter die Schulpflicht fällt. Bis 1997 galt allgemein der 30. Juni eines Jahres. Kinder die vor diesem Termin sechs Jahre alt wurden, wurden im laufenden Schuljahr nach den Sommerferien eingeschult. Kinder, die danach erst den sechsten Geburtstag feierten, brauchte es eine Sondergenehmigung und eine bestandene Prüfung für die Einschulung. Im Zuge einer flexibleren Gestaltung der Einschulung sehen die Regelungen für den Stichtag heute etwas anders aus: Der Stichtag wurde zur Ländersache und allgemein nach hinten verschoben. In Berlin ist zum Beispiel der 30. September der Stichtag, in Niedersachsen der 31. August (ab 2012 der 30. September).

Muss-Kind und Kann-Kind

In Abhängigkeit vom Stichtag unterscheidet man zwischen Muss- und Kann-Kindern. Kinder die vor dem Stichtag sechs Jahre alt werden, müssen im laufenden Schuljahr eingeschult werden, Kinder, die danach sechs Jahre alt werden, können eingeschult werden. Während die Muss-Kinder auf besonderen Antrag ein Jahr zurückgestellt werden können, brauchen Kann-Kinder einen Antrag für eine vorverlegte Einschulung, die Schulfähigkeit wird geprüft.

Über eine Zurückstellung eines Kindes empfehlen meist Erzieher oder auch die Schulleitung. Den Antrag selbst – der gut begründet sein muss – stellen dann die Eltern. Anhaltspunkte für die Entscheidung geben die Vorsorgeuntersuchung U9, der Kindergarten und eventuell ein psychologisches Gutachten. Haben Sie sich entschieden, Ihr Kind ein Jahr später einschulen zu lassen, zum Beispiel weil es sich nur schlecht konzentrieren kann oder sehr wenig spricht, dann sollten Sie mit Ihrem Kind sprechen. Denn die Welt um es herum wird sich, zumindest im Kindergarten verändern: Die Freunde verlassen die Einrichtung und es muss sich neue Spielpartner suchen. Erklären Sie die Gründe dafür auf kindgerechte und möglichst ehrliche Art und Weise; vermitteln Sie Ihrem Kind aber nicht das Gefühl, es wäre dumm oder unzulänglich.

Wann ist ein Kind schulreif?

Die meisten Bundesländer prüfen mit einer Einschulungsuntersuchung, ob ein Kind schulreif ist. Kognitive und motorische Fähigkeiten werden abgeprüft. So muss das Kind zum Beispiel logische Reihen fertigstellen, einen Menschen malen oder auf einem Bein hüpfen. Die Testergebnisse dürfen allerdings nicht überbewertet werden. Wir alle wissen, wie unterschiedlich die Tagesform eines Kindes sein kann. Wirkt unser Fünfjähriger am Montag noch wie ein kleines Genie, können wir am Dienstag bereits den Eindruck gewinnen, der Sprössling wäre höchstens Drei. Bei den Einschulungsuntersuchungen, die unterschiedlich durchgeführt werden können, werden folgende Bereiche des Kindes geprüft:

  • Körperliche Voraussetzungen, insbesondere fein- und grobmotorische Fähigkeiten
  • Geistige Fähigkeiten, wie zum Beispiel die Fähigkeit, einzelne Buchstaben aus Wörtern herauszuhören oder die Entnahmefähigkeit, das ist die Fähigkeit, etwas nachzubauen oder abzumalen.
  • Sprechen und Verstehen sind unverzichtbar, will ein Kind in die Schule gehen. Es muss sich mitteilen und das Gesagte aufnehmen und verstehen können.
  • Im emotionalen und sozialen Bereich muss ein Kind Kontakte knüpfen können. Es muss sich konzentrieren, sich anstrengen wollen und in der Lage sein, Teil einer Gruppe zu werden.

Zurückstellung allein reicht nicht aus

Hat die Einschulungsuntersuchung ergeben, dass das Kind, obwohl es das richtige Alter hat, nicht schulfähig ist, sind die Eltern zum Handeln aufgefordert. Denn eine Rückstellung allein ist nicht immer ausreichend. Sicher wachsen sich manche Entwicklungsdefizite aus und häufig sind Kinder eben einfach tatsächlich noch nicht so weit, dass sie in die Schule gehen können. Sehr oft liegen aber auch echte Entwicklungsstörungen vor: Sind diese in der U9 bereits erkannt worden, sollten entsprechende Maßnahmen zur Förderung angegangen werden. Probleme mit dem Sprechen und der Sprache können mit Logopädie behandelt werden; motorische oder soziale Defizite lassen sich durch eine ergotherapeutische Therapie beheben. Lassen Sie sich beraten und denken Sie daran: Es muss Ihnen auf keinen Fall peinlich sein, wenn Ihr Kind in einigen Bereichen etwas später dran ist oder Unterstützung braucht. Allzu leicht werden Kinder dann in die Schublade behindert oder geistig unterentwickelt gesteckt.