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Schnee von gestern – wie über Streitigkeiten zwischen Eltern und Kind Gras wächst

Ab und zu streiten sich Eltern und ihre Kinder. Häufig auch nur, weil die Eltern gerade im Stress sind und für Diskussionen keine Zeit haben. Das tut einem dann, wenn Ruhe eingekehrt ist, meist Leid. Zum Glück sind kleine Kinder normalerweise nicht nachtragend und es kommt nicht selten zu schönen Versöhnungsszenen.

Wir streiten. Papa und Sohn. 45 Jahre gegen 3 Jahre. Einsichten gibt es nicht, aber einen Sieger. Ich. Ist nicht immer so.

Doch wie üblich schleicht sich dann bei mir das schlechte Gewissen ein. War ein Kompromiss nicht möglich? Habe ich jetzt zu sehr auf meiner Position beharrt? Bin ich nur gestresst in dieser Frühstücksdiskussion? Ist das enge Zeitkorsett am Morgen schuld, wenn die Uhr unerbittlich Richtung Schulgong und geschlossener Kindergartentür geht?

Apropos verschlossene Kindergartentür: Sie kennen ja alle die übliche Ansage der Pädagogischen Leitung Ihrer Kindertagesstätte. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir um 9 Uhr die Türe des Kindergartens für eine Viertelstunde schließen müssen, da die Kinder ungestört von weiteren, verspätet ankommenden Kindern ihren Morgenkreis als symbolischen Beginn des Tages erleben sollen. Danach können Sie gerne Ihr Kind reinbringen. Ich muss Sie aber bitten, diese fünfzehnminütige Schließung zu respektieren.“


Die pünktliche Krippenschließung zum Morgenkreis – ein täglicher Stressfaktor

Ein Thema, welches elterliche Schweißperlen zu einem munteren Brunnenplätschern anschwellen lässt. Pädagogisch bejahen wir das immer. Selbstverständlich soll das Morgenritual im Kindergarten, der Morgenkreis, die Liederrunde oder was auch immer nicht durch (zu spät) ankommende Kinder gestört werden. Nur wenn man selbst mal wieder die  Messlatte „Ab 9:00 Uhr geschlossen“ reißt, findet man/frau das auf dem Weg zu den Büroterminen gar nicht mehr pädagogisch nachvollziehbar. Aber schlimmer geht immer, wie mal andere Eltern bei dieser pädagogischen Ansage einwarfen: „Das ist doch fair, in unserem alten Kindergarten hatte man beim Zuspätkommen ganz verloren und durfte an diesem Tag das Kind gar nicht mehr bringen.“ Wow, und es war nicht Nordkorea.

Aber zurück zu meinem Streit mit dem kleinen Sohnemann. Am Vortage hat es endlich auch im Rheinland geschneit. Schneereste sind auch heute noch vorhanden, als wir endlich vor’s Haus treten. Ich versuche es mit meinem klassischen Versöhnungsangebot: „Sind wir wieder Freunde?“ Antwort, zerstreut: „Oh, Schnee! Von gestern!“

Erleichtert. So ist diese Metapher entstanden. Ganz sicher.

 


zum Autor:
Andreas Clevert, Jahrgang 1970, ursprünglich aus Esslingen stammend, lebt mit seiner spanischen Frau und seinen drei Jungs/Söhnen  (*2008, *2010 und *2013) in Bonn. Mehr von seinen Erlebnissen lesen Sie unter www.vaterdasein.wordpress.com