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Die Herausforderungen von Fernbeziehungen mit Kind

Fernbeziehungen sind immer eine Herausforderung. Noch schwieriger wird es, wenn Kinder im Spiel sind. Es gibt etliche Hindernisse, die zu Problemen führen können. Umso wichtiger ist es, das gemeinsame Leben darunter nicht leiden zu lassen.

Am Sonntagabend ist die Stimmung bei Familie Berendt häufig gedrückt. Der sechsjährige Finn weiß, dass sein Papa am nächsten Morgen wieder ins Auto steigt, um zur Arbeit zu fahren. Die ist so weit weg von Zuhause, dass er erst am Freitagnachmittag wieder zurück kommt. Manchmal ist es nicht so schwer, wenn Finn weiß, dass Papa fährt. Aber heute ist wieder so ein Abend, da will er einfach nicht, dass Papa die ganze Woche über woanders ist. Finns Mama ist heute auch traurig, das spürt der Junge. Aber ändern kann niemand etwas daran. Das macht Finn noch viel trauriger.

 

Wenn der Vater ohne Sohne (oder Tochter) …

Es kommt zwar vor, dass es die Mutter ist, die von montags bis freitags aus dem Haus ist, doch das ist eher die Ausnahme (die Gründe dafür sollen hier heute nicht das Thema sein). Meist muss der Vater reisen, und in der Regel macht er das nicht freiwillig, sondern weil er keinen anderen Job gefunden hat oder weil das Unternehmen, in dem er beschäftigt ist, den Standort gewechselt hat. Aus dieser Situation kann sich im schlimmsten Fall ergeben, dass der Vater für das Kind (oder die Kinder) zu einer Art Wochenend-Papa wird. Darunter kann die Beziehung leiden, besonders, wenn Kinder emotional zu ihrem Vater auf Distanz gehen. Doch man kann dagegen etwas tun.

Das Gefühl, das der Vater beim Kind ist

Selbst wenn er die ganze Woche über weg ist, muss der Vater doch nicht spurlos verschwunden sein. Er kann beispielsweise am Abend vor der Fahrt etwas besonders Schönes mit seinem Kind unternehmen, vielleicht auch eine längere Gute-Nacht-Geschichte vorlesen oder mit dem Nachwuchs ein Kuscheltier austauschen, das dann die ganze Woche über beim Vater bzw. Kind bleibt. Einem noch recht kleinen Kind zu sagen, dass man mit den Gedanken oder dem Herzen bei ihm ist, wird nur wenig bringen. Wenn aber das Kuscheltier direkt mit dem Vater assoziiert wird, kann das durchaus ein gutes Gefühl vermitteln.
Auch das Telefon oder der Computer können wirksame Instrumente sein, um auch unter der Woche eine gewisse Nähe herzustellen. Speziell mit dem Telefon sollten Väter aber vorsichtig umgehen, denn nicht jedes Kind reagiert positiv auf die Stimme des Papas am anderen Ende der Leitung. Es gibt auch solche, die dann erst recht Sehnsucht empfinden und durch das Telefonat noch trauriger werden.

Das Wochenende: Als Vater-Kind-Team oder Familie?

Natürlich wäre es absurd, würde man annehmen, dass man die verlorene Zeit der Woche am Wochenende quasi „nachholen“ oder „aufholen“ kann. Trotzdem tut man gut daran, sie auch wirklich sinnvoll und dem Kind zugewandt zu nutzen. Arbeit auch am Wochenende mit nach Hause zu nehmen ist da natürlich nicht im Sinne des Familienglücks.

Nun kann man darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, möglichst viel Zeit alleine mit dem Kind zu verbringen, da ja schon in der Woche die Partnerin allgegenwärtig war. Die Antwort lautet ganz klar: Jein. Für größere Kinder gilt, dass sie es in vollen Zügen genießen, wenn sie Zeit mit dem Vater alleine verbringen können. Kleinere Kinder dagegen brauchen das Gefühl, dass die Familie zusammen ist und nicht am Wochenende erneut auseinander gerissen wird. Doch es geht nicht ausschließlich um die Kinder, auch die Partnerin spielt eine wichtige Rolle. Sie hat die ganze Woche über alles alleine geregelt und freut sich (so sollte es zumindest sein), wenn sie ihren Partner am Wochenende sieht und mit der Familien gemeinsam etwas unternimmt. Auch hier sollte man aber differenzieren, denn ebenso vorstellbar ist, dass die Partnerin sich am Wochenende über ein wenig freie Zeit nur für sich ganz alleine freut. Letztlich macht es die gesunde Mischung, alle Beteiligten sollten etwas voneinander haben, ohne dabei aber das Wochenende bis zum Rand voll zu packen. Stress hat man schließlich in der Woche mehr als genug.

Entscheidungen per „Ferndiagnose“

Sowohl für die Beziehung zur Partnerin als auch für die zum Kind ist es sinnvoll und ratsam, wenn sich das Zusammenleben nicht aufs Wochenende beschränkt. Das mag ein wenig merkwürdig klingen, wird aber deutlich, wenn man sich alltägliche Entscheidungen ansieht. Werden die immer „einsam“ von der Partnerin getroffen, weil der Mann ja nicht zuhause ist, verliert man schnell die Nähe zueinander und das Gespür für alltägliche Fragen. So können beispielsweise Erziehungsfragen (darf der Nachwuchs woanders übernachten oder abends etwas länger weg bleiben?) auch am Telefon besprochen und letztlich gemeinsam entschieden werden. Das ist erstens gut für die Beziehung, weil so auch über eine räumliche Distanz ein gemeinsames Empfinden für die Familie entsteht. Und es ist gut für die Kinder, die merken, dass der Vater auch dann an wichtigen Prozessen beteiligt ist, wenn er nicht zuhause ist.

Dem traurigen Finn vom Anfang des Beitrags geht es übrigens besser. Er hat jetzt ein Kuscheltier seines Vaters, das er jeden Abend mit zum schlafen ins Bett nimmt. Auf den nächsten Freitag freut er sich jetzt schon riesig!