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„Später vielleicht!“ – Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein Kind?

Die Enddreißiger sind die neuen Twenty-Somethings. Zumindest, was das Kinderkriegen anbelangt. Warum man in den Zwanzigern immer mehr denkt, es sei der falsche Zeitpunkt für ein Baby und was sich in den Dreißigern vermeintlich ändert.

Glaubt man den Talkshows und Dokusoaps im deutschen Nachmittags- und Vorabend-TV dann werden die Justins und Jessicas dieser Bundesrepublik meist schon kurz nach der Kommunion schwanger. Mutter Kimberly, gerade mal Ende zwanzig, gibt sich dann meist als aufopfernde Oma, die jetzt neben Zigarettenausdrücken und Popstars-Kucken endlich mal wieder  eine neue Aufgabe hat.

 

Rational vs. emotional

Da man von medialen Negativbeispielen bezüglich unreflektierter bis unverantwortlicher Elternschaft beinahe täglich erschlagen wird, lohnt sich natürlich die Frage: Wann ist denn nun eigentlich der richtige Zeitpunkt für ein Baby? Die rationale Antwort wird immer die gleiche sein: nie! Die emotionale auch: (fast) immer!

 

Wenn Kinder Kinder kriegen

Das allseits beliebte und medial ausgeschlachtete „Wenn Kinder Kinder kriegen“-Thema war ja nicht schon immer eins. Dass mit beginnender Pubertät definitiv noch nicht der richtige Zeitpunkt für ein Baby ist, bleibt tatsächlich eine Perspektive, die sich erst in den letzten 40 Jahren in Deutschland entwickelt hat. Blick in die Vergangenheit: Meine Urgroßeltern hatten einen Bauernhof. Meine Großmutter war das Jüngste von 16 Kindern. Ur-Oma war bei der ersten Schwangerschaft gerade mal 14 Jahre alt. Bei der letzten 45. Was war jetzt verantwortungsloser? So früh oder so spät ein Kind zu bekommen?

 

Im Wandel der Zeit

Und ich brauche in der Ahnenreihe gar nicht so weit zurückgehen: Meine Eltern waren beide gerade mal 17 Jahre alt, als mein Bruder zur Welt kam. Ich kam dann verhältnismäßig spät. Zuerst wurde ein Haus gebaut, nebenbei in die Arbeit gegangen und dann – mit gereiften 22 Jahren – bekam man das zweite Kind. Meine Eltern haben sich nie nach einem richtigen Zeitpunkt erkundigt.

 

Und heute?

Mit 22 Jahren steckte ich mitten im Studium. Ein Kind zu bekommen war ungefähr so weit weg wie ein Wochenende ohne Bier. Keiner meiner Freunde verschwendete auch nur einen Gedanken an eine mögliche Vaterschaft. Die meisten wussten ja damals noch nicht einmal wie man „Beziehung“ schreibt. Im Nachhinein betrachtet waren wir einfach noch nicht wirklich erwachsen. Die Gründe für eine Nicht-Vaterschaft lagen ja offensichtlich auf der Hand: keine Ausbildung, kein Geld, keine Rücklagen. Außerdem nicht die richtige Frau. Und Wickeltisch im WG-Zimmer? Auch nicht so prickelnd.

 

Gefahr: Vaterschaft

Als mein Kumpel Stefan mit knapp 20 durch einen so genannten Unfall Papa werden sollte, dämmerten wir, seine Freunde, lange in einem Schockzustand dahin. Man wusste ja, dass so was passieren konnte. Aber plötzlich wurde die „Gefahr“ greifbar. Und man selbst vorsichtiger. Komisch nur, dass Stefan irgendwann anfing, sich auf seine Tochter zu freuen. Das machte uns schon etwas nachdenklich. Aber auch nicht lange.

 

Kinder oder After-Work-Parties?

In den Mittzwanzigern begann dann eine neue Ära: Studium beendet, der Ernst des Lebens – nach einigen Findungs-Monaten in Asien oder Südamerika – sollte und durfte beginnen. Man fand einen Job, arbeitete sich Stufe für Stufe hoch. Abends ging man mit den Kollegen auf alberne After-Work-Parties. Aber Kinder? Nein. Später vielleicht mal. Und ob die knackige Kirsten aus der Personalabteilung die richtige Partnerin gewesen wäre, blieb auch noch auszudiskutieren.

 

Karriere first!

Plötzlich dann, Ende zwanzig, der Erfolg! Ein Meeting jagte das nächste, heute Warschau, morgen New York. Diese Phase galt es auszunützen. Mitnehmen, was geht. Mit Tina, der toughen Anwältin aus dem Betrieb, war man zwar zusammen gezogen, aber keiner von beiden wollte seine Karriere jetzt aufs Spiel setzen und sich zu Hause dem Windeln wechseln widmen.

 

Endlich angekommen! Oder doch nicht?

Wieder gingen ein paar Jahre ins Land. 35, 36, 37. Jetzt aber! Man hatte inzwischen eine hübsche Eigentumswohnung, vier Zimmer, konnte seinem Kind was bieten. Der tougheste Anwaltsposten wurde auch irgendwann mal fad, als alle Freundinnen auf Babyparties abzuhängen begannen. Selbst vom tollsten Managerposten zu erzählen verlor mittlerweile an Charme, wenn die Geschichten deiner Kumpels über Steppkes Fußballspiel an Enthusiasmus kaum zu überbieten waren. War also jetzt der richtige Zeitpunkt für ein Baby? Hmmm, Stichwort: Risikoschwangerschaft. Down-Syndrom. Kaiserschnitt. Ach herrje, daran hatte man gar nicht gedacht. Also lieber doch nicht? Doch, doch. Sonst ist es zu spät.

Das lustigste an der ganzen Geschichte ist: Wenn man dann Mitte bis Ende dreißig ein Kind bekommen hat und Papa geworden ist, fragt man sich tatsächlich, wovor man all die Jahre so Angst gehabt hat. Tröstend ist nur: Man ist zumindest nicht – wie Justins oder Jessicas Vater – jetzt schon Opa!