Erinnern Sie sich noch an das Vorbild Ihrer Kindheit? Vielleicht war das ja Lothar Matthäus. Oder auch der coole Stuntman Colt Seavers. Unter Umständen war es sogar Ihr eigener Vater. Lang ist’s her! Interessant wird das Thema Idol erst dann wieder, wenn man selbst ein Elternteil ist. Und über die Vorbilder seiner Kinder nur noch den Kopf schütteln möchte. Meist zu Unrecht.
Fußballer oder Casting-Chefin – die Idole unserer Kinder
Wer schätzen Sie, sind die Vorbilder der deutschen Kinder? Schreiben Sie sich ein paar Namen auf und lesen Sie erst dann weiter. Sie werden staunen!
Männer von Weltformat
Bei den Jungs verhält es sich laut eines Tests von Spiegel Wissen (2/2010) folgendermaßen: Im Alter von zehn bis zwölf Jahren steht unangefochten Michael Ballack an erster Stelle das war vor seiner Verletzung im Sommer). Bei den 13- bis 16-Jährigen macht Stefan Raab das Rennen und bei den Teens von 17 bis 19 Jahren gewinnt Barack Obama.
Ein Fußballer von Weltformat, ein erfolgreicher TV-Mann und Musikproduzent sowie der amerikanische Präsident. Eine Mischung, die man fast schon wohlwollend mit einem Kopfnicken bestätigen könnte.
Schließlich hätte so oder so ähnlich tatsächlich eine männliche Idol-Wahl auch vor zehn, vor 20 oder vor 50 Jahren auch aussehen können. Damals hießen die Heroen halt nur Rahn, Frankenfeld und Kennedy.
Das Klum-Imperium
Bei den Mädchen sieht es ein bisschen anders aus. Die Girls zwischen zehn und zwölf Jahren stehen besonders auf Heidi Klum. Bei den 13- bis 16-Jährigen gewinnt – tata – Heidi Klum. Und nun dürfen Sie drei Mal raten, wen die 17- bis 19-Jährigen als ihr größtes Idol ansehen. Richtig: Heidi Klum. Da will das wohlwollende Kopfnicken bereits am Ansatz nicht gelingen. Außer man heißt Seal.
Wille und Weltruhm
Aber wieso eigentlich? Für was steht Heidi Klum? Für Schönheit, für Erfolg, für eine heile Familie. Natürlich auch für Disziplin, für eisernen Willen und Weltruhm. Was ist also so schlimm daran, dass alle Mädchen sie so toll finden und so sein möchten wie sie: eine vierfache Mutter mit enormem beruflichen Erfolg.
Spieglein, Spieglein
Warum müssen wir überhaupt Idole haben? Und warum muss es dann unbedingt eine hysterisch kichernde Domina mit einer eigenen Casting-Show sein? Oder ein geschwätziger TV-Star mit einem viel zu breiten Grinsen? Das lässt sich biologisch ganz einfach erklären. Wer in der Schule gut aufgepasst hat, weiß vielleicht noch: Das liegt an den Spiegelneuronen!
Jene Spiegelneuronen sorgen dafür, dass Lachen oder Gähnen ansteckend ist. Dass wir unsere Beine übereinander schlagen, wenn es unser Gegenüber auch tut. Sie sind auch verantwortlich dafür, dass Babys und kleine Kinder die Gestik und Mimik von uns Erwachsenen zu imitieren versuchen. Vereinfacht ausgedrückt: Kinder synchronisieren sich mit den Handlungen des Gegenübers, weil sie so sein möchten wie sie.
Alltägliches Vorbild
Das bedeutet: Wann immer Erwachsene im Umfeld von Kindern aktiv werden, fungieren sie als Vorbild! Wenn Papa also allfeierabendlich biertrinkend vor dem Fernseher sitzt, setzt er damit die Spiegelneuronen seines Juniors in Bewegung. Ein beherztes „Geh doch mal ein gutes Buch lesen!“ nützt bei einer eigenen, derart gestalteten Aktivität gar nichts. Und wenn ein Stefan Raab oder ein Mario Barth eine ganze Nation zum Lachen bringt, setzt das die gleichen Spiegelneuronen in Betrieb.
Inspiration in der Familie
Unsere Haltung, unser Verhalten, alles, was wir tun und was wir nicht tun – die Spiegelneuronen der Kids nehmen es wahr, setzen es um oder inspirieren sie zumindest. Darum sind für kleinere Kinder im Kindergartenalter meist die Eltern oder die größeren Geschwister die verehrten Idole. Denn: Die meistern den Alltag und können all das, was man selbst schon können möchte. Lesen, schreiben, Auto fahren, Legostädte bauen.
Helden von heute
Ab den Ten-Somethings wird es schon etwas komplizierter. Bei Jungs spielt oft der Sport eine große Rolle, bei Mädchen beginnt die Prinzessinnen-Romantik. Michael Ballack und Heidi Klum eben. In die Pubertät kommend sind selbstredend die am tollsten, die die größte Klappe und das stärkste Selbstbewusstsein haben. Stefan Raab und Heidi Klum eben. Und wenn man auf die zwanzig zugeht und es darum geht, seinen Platz im Leben zu finden, sieht die Jugend natürlich die am heldenhaftesten, die mit Disziplin und unbedingten Willen ganz nach oben kommen – wie Obama und Klum.
Exzentrisch oder rotzig?
Als Eltern können wir uns die Vorbilder für unsere heranwachsenden Kinder nicht aussuchen. Nicht überwachen oder kontrollieren. Ihnen auch keine Idole ausreden. Wenn sie nun mal in der Pubertät die exzentrische Lady Gaga oder den rotzigen Bushido nacheifern, dann können wir nur hoffen, dass es bei der großflächigen Plakatierung des Jugendzimmers bleibt.
Eine andere Umfrage, welche die Zeitschrift „Baby und Familie“ bei 14- bis 19-Jährigen in diesem Jahr gemacht hat, bietet dem Popstars-Idol-Denken Paroli: Dort kam nämlich heraus, dass für ein Drittel aller Befragten die Mutter das größte Vorbild sei. Dicht gefolgt von Papa mit immerhin 28 Prozent.
Authentisch und aufrichtig
Also: Vergessen Sie das nicht, wenn Sie das nächste Mal wieder über eine rote Ampel gehen wollen oder auf dem Kinderspielplatz eine rauchen möchten. Als Mama- oder Papa-Idol muss man nicht heilig sein, man muss auch nicht perfekt aussehen und bei jeder Gelegenheit einen coolen Spruch auf den Lippen haben. Man sollte seinen Kindern nur ein authentisches und aufrichtiges Leben vorleben. Dann kann man mit Jugend-Idol-Sünden wie Klum und Raab gut leben.
Zum Weiterlesen:
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_fachbeitrag/a_kindheitsforschung/s_1527.html
http://www.presseportal.de/pm/54201/1579325/wort_und_bild_baby_und_familie