In den ersten Lebensjahren orientiert sich ein Kind nahezu ausschließlich an den Eltern, aber auch danach vermitteln Eltern ihren Kindern Verhaltensweisen, Gewohnheiten und Werte. Was Kinder bis zur Pubertät von ihren Eltern mitnehmen, kommt wieder und prägt maßgeblich den kindlichen Charakter.
Die Vorbildfunktion der Eltern
Eltern sind ganz automatisch Vorbilder, ob sie wollen oder nicht. Denn Kinder ahmen von Geburt an das Verhalten der Eltern nach. Sie lernen dadurch ganz unbewusst Verhalten, bilden Einstellungen und entwickeln Gefühle. Dies bietet eine gute Chance, den Kindern von Anfang an bestimmte Werte zu vermitteln und das ganz ohne gezielte Erziehungsmaßnahmen und weitschweifige Erklärungen.
Die ersten sieben Lebensjahre
In diesen ersten Jahren lernen Kinder unglaublich viel. Die Nachahmung ist in dieser Zeit die Lernmethode Nummer eins, behält allerdings auch später noch eine wichtige Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung. Kinder lernen in dieser Zeit von den Eltern zum Beispiel den Umgang mit anderen Menschen und Tieren, sie übernehmen das Verhältnis zur Umwelt und die allgemeinen Lebenseinstellungen der Eltern. Ein Kind, das in dieser Zeit erlebt, wie seine Eltern sich rücksichtsvoll und geduldig gegenüber anderen Menschen verhalten, Wert auf Umweltschutz legen, sorgsam mit den Dingen des täglichen Gebrauchs umgehen und Tiere lieben, wird diese Einstellungen und Verhaltensweisen übernehmen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich selbst immer wieder daraufhin überprüfen, ob Ihr Verhalten auch dem entspricht, was Sie Ihrem Kind als Wertvorstellung mitgeben möchten.
Die Bildung der Gefühle
Wussten Sie, dass Gefühle nicht angeboren sind? Auch die Gefühlsentwicklung ist ein Lernprozess, der durch das eigene Erleben und durch das Vorbild der Eltern stattfindet. Darüber hinaus lernt das Kind, mit seinen Gefühlen umzugehen. Wenn Ihnen dies bewusst wird, können Sie und Ihr Kind erheblich profitieren. Anstatt einem Wutanfall Raum zu geben, könnten Sie Ihre Gefühle mit Worten ausdrücken:
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Ich habe mir Sorgen gemacht, weil ich nicht wusste, wo Du bist.
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Ich bin traurig und enttäuscht, weil Du unsere Abmachung nicht eingehalten hast.
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Ich hatte Angst, dass Du Dich verletzt, als Du so hoch auf den Baum geklettert ist.
Indem Sie Ihre Gefühle aussprechen, kann Ihr Kind Sie einschätzen und kann mit der Zeit auch seine eigenen Gefühle artikulieren. Indem Sie darüber sprechen, machen Sie Gefühle zu einer Tatsache, zu etwas, mit dem man umgehen kann und das nicht unausgesprochen im Raum steht.
Werte der Eltern werden übernommen
Kinder übernehmen in den ersten Lebensjahren unkritisch die Werte der Eltern, denn sie haben keine Vergleichsmöglichkeiten. Erst später vergleichen sie die eigenen – von den Eltern übernommenen – Einstellungen mit denen anderer Menschen. Seien Sie sich darüber im Klaren, dass alles, was Sie sagen und tun, die Persönlichkeit und Lebenseinstellung Ihres Kindes prägt. Es lohnt sich, einmal über die eigenen Werte nachzudenken und darüber, was Sie Ihren Kindern mitgeben möchten.
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Wie ist mein Umgang mit der Umwelt, achte ich auf Dinge wie Mülltrennung und sorgsamen Umgang mit Ressourcen wie Strom, Wasser oder Wärmeenergie?
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Was halte ich von Minderheiten, wie spreche ich zum Beispiel über Auslänger oder Behinderte?
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Wie optimistisch bin ich, wenn es um Alltagsprobleme oder um die Zukunft geht?
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Wie viel Wert lege ich auf Gerechtigkeit, nicht nur in Bezug auf mein Kind?
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Wie rücksichtsvoll gehe ich mit meinem Partner um?
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Wie verhalte ich mich anderen Menschen gegenüber, wie nehme ich Kontakt zu anderen auf?
Eltern als Vorbild für Geschlechterrollen
Die Persönlichkeit eines Mannes, was ihn ausmacht und wie er sich Frauen gegenüber erhält, lernt und übernimmt er als Junge von seinem Vater. Bei Frauen ist es ähnlich, sie übernehmen ihre Sicht auf und ihre Einstellung zu Männern hauptsächlich von der Mutter. Dies wirft im Rahmen der Vorbildfunktion von Eltern verschiedene Fragen auf:
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Wie denke ich über das andere Geschlecht und wie verhalte ich mich ihm gegenüber?
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Wie zufrieden bin ich mit meiner persönlichen Geschlechterrolle?
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Wie werden die Geschlechterrollen in der Partnerschaft gelebt?
Zusätzlich lernen Kinder von ihren Eltern den Umgang innerhalb einer Beziehung. Sie können sich sicher sein: Kinder, die mit sich ständig streitenden Eltern aufwachsen oder mit Eltern, die nur nebeneinander her leben, werden es später schwer haben, selbst eine befriedigende und gleichberechtigte Partnerschaft aufrecht zu erhalten.
Eltern sind auch für Jugendliche Vorbild
Auch wenn der Einfluss der Eltern mit dem Alter der Kinder abnimmt, die frischgebackenen Teenager eigene Werte entwickeln und andere Lebenseinstellungen ausprobieren, hat eine Umfrage des Apothekenmagazins „Baby und Familie“ ergeben, dass rund ein Viertel aller Jugendlichen Vater oder Mutter als Vorbild sehen. Geschwister und prominente Personen sind bezüglich der Vorbildfunktion weit abgeschlagen. Ein beruhigender Gedanke, dass das eigene Kind, das in der Pubertät eigentlich nur nörgelt und meckert, letztendlich wohl doch das annimmt und akzeptiert, was es von seinen Eltern vorgelebt und vermittelt bekommt.
Niemand ist perfekt und so sollten Sie sich davor hüten, dies als Elternteil sein zu wollen, nur um Ihrem Kind ein optimales Vorbild zu sein. Auch Fehler und Schwächen und vor allem der Umgang damit haben Vorbildfunktion und zeigen, dass niemand makellos sein muss, um ein wertvoller und liebenswerter Mensch zu sein. Sind Sie im Einklang mit sich selbst und Ihren Erziehungszielen, empfindet Ihr Kind Sie als authentisch und wird Sie umso mehr als Vorbild anerkennen.
Zum Weiterlesen:
www.geschichteinchronologie.ch/soz/pflichtelternkurs/Perrez-et-al-02_erziehung-vorbild.htm
www.med-kolleg.de/news/n2751579325.html
www.focus.de/schule/familie/jugendliche_aid_229431.html