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Elternzeit für den Hausbau nutzen – ja oder nein?

Eigentlich ist die Elternzeit dafür gedacht, dass die frischgebackenen Eltern intensiv Zeit mit ihrem Kind verbringen, eine gesunde Beziehung aufbauen sowie sich voll und ganz der Kindererziehung widmen können. Sie erleichtert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – und unter Umständen weiteren Dingen. Immer mehr Eltern nutzen die Elternzeit nämlich zusätzlich für die Umsetzung anderer Vorhaben, für welche im normalen Berufsalltag schlichtweg keine Zeit bleibt. Dies kann eine Weltreise ebenso sein wie ein Hausbau. Aber ist das überhaupt sinnvoll?

Die Elternzeit steht zwar beiden Elternteilen gleichermaßen zu, jedoch schrecken vor allem die Väter oft vor einer längeren Auszeit vom Job zurück. Sie fürchten um ihre Karriere und suchen deshalb vermehrt nach Alternativen wie Urlaub, Teilzeitarbeit oder Überstundenabbau. Dennoch steigen die Zahlen der Väter, welche Elternzeit nehmen, stetig an. Das Statistische Bundesamt kam in einer Erhebung zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2014 bereits 34,2 Prozent der Väter Elternzeit genommen haben. Zum Vergleich waren es im Jahr 2008 erst 20,8 Prozent. Dennoch gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen Mutter und Vater: Während die Männer nur durchschnittlich 3,1 Monate Elternzeit nehmen, sind es bei den Frauen 11,6 Monate. Theoretisch möglich wären sogar bis zu 24 Monate. Weshalb so wenige Eltern in Deutschland diese Möglichkeiten voll ausschöpfen, liegt in den bereits erwähnten Gründen. Viele fürchten um ihre Karriere – vielen anderen wird aber auch einfach irgendwann langweilig und sie sehnen sich wieder nach anderen Dingen außer Windeln und Babysprache. Die Rückkehr in den Job, zumindest in Teilzeit, stellt dazu einen willkommenen Ausgleich dar.

 

Deutsche sehnen sich nach einem Eigenheim

Dennoch wäre es eben auch eine Überlegung wert, die Elternzeit zusätzlich für die Realisierung anderer Vorhaben wie einen Hausbau zu nutzen. Vor allem, wenn beide Elternteile gleichzeitig eine Auszeit nehmen und sich so die Kinderbetreuung sowie -erziehung teilen können, bleibt nämlich unter Umständen noch Zeit, sich nebenbei dem Projekt Eigenheim zu widmen. Laut einer Studie von SPIEGEL ONLINE in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey sehnen sich fast 84 Prozent der Deutschen nach einem Eigenheim. Während nur 6,2 Prozent der Befragten dauerhaft zur Miete wohnen möchten, wünschen sich 20 Prozent eher und 63,6 Prozent unbedingt eine eigene Immobilie. Oft bleibt dieser Traum aber ein solcher, denn die Immobilienpreise in Deutschland sind hoch, weshalb hierzulande die Wohneigentumsquote sehr niedrig ist. Zudem fehlt vielen Menschen schlichtweg die Zeit, sich das Haus ihrer Träume zu bauen.

 

Hausbau und Kindererziehung: Können diese zeitgleich funktionieren?

Hausbau und Kindererziehung
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Dass ein Hausbau kein einfaches Projekt darstellt, ist gemeinhin bekannt. Nicht selten ist er eine echte Belastungsprobe für die Nerven, die Beziehung oder auch den Geldbeutel. In der Elternzeit wird das Gehalt zwar weiterbezahlt, allerdings nur bei Geringverdienern zu 100 Prozent. Ansonsten können bis zu 35 Prozent Abzüge anfallen und somit ist die Elternzeit für viele Familien nicht die Phase, in welcher sie über große Investitionen nachdenken. Sollten sie aber, denn  eine Baufinanzierung ist auch in der Elternzeit möglich, indem das Elterngeld als Einkommen angerechnet wird. Wer also über ausreichend Eigenkapital oder Sicherheiten verfügt, kann auch in der Elternzeit einen Baukredit beantragen. Noch sinnvoller ist es allerdings, die Kreditverhandlungen mit all ihren Besonderheiten so frühzeitig wie möglich zu führen. So, dass zu Beginn der Elternzeit direkt mit dem eigentlichen Bau durchgestartet werden kann. 

Schließlich gilt es vorab ein Grundstück zu suchen, Handwerker zu bestellen, das Haus zu planen beziehungsweise sich für ein Fertighaus zu entscheiden und weitere Vorbereitungen zu treffen. Allein für die Bauplanung können bei einem Massivhaus somit bis zu sechs Wochen verstreichen. Es folgen weitere Bauphasen wie die Einholung der Baugenehmigung, das Ausheben des Kellers, das Anbringen der Bodenplatten, die Rohbauphase sowie zuletzt der Innenausbau. Anschließend steht natürlich auch noch der Umzug an. Klingt stressig?

 

Hausbau in der Elternzeit bedeutet eine Mehrfachbelastung – für die ganze Familie

Ist es auch! Niemand hat schließlich behauptet, ein Hausbau in der Elternzeit sei ein einfaches Unterfangen. Während vom ersten Planungstag bis zum Einzug in das Eigenheim bei einem Massivhaus bis zu 39 Wochen vergehen können, steht ein Fertighaus unter Umständen bereits nach zwölf Wochen. Allerdings sind unerwartete Verzögerungen sowie Kosten bei einem Bauvorhaben bekanntlich nichts Ungewöhnliches und müssen in die Planung ebenfalls einkalkuliert werden. Wer Kosten sparen möchte, kann möglichst viele Eigenleistungen beisteuern. Das benötigt jedoch Zeit. Wie sinnvoll ist es also, die Elternzeit dafür zu nutzen?

Auf diese Frage gibt es leider keine pauschale Antwort. Schlussendlich muss jede Familie selbst entscheiden, ob sie ein Haus bauen möchte und wann dafür der passende Zeitpunkt ist. Stressig ist ein solches Projekt so oder so – ein Neugeborenes macht die Sache aber natürlich nicht einfacher. Schließlich sollte die Elternzeit eigentlich dem Zweck dienen, die Beziehung zwischen Müttern beziehungsweise Vätern und dem Kind zu stärken. Elternzeit sollte Familienzeit sein und der Fokus hat darin natürlich auf dem Sprössling zu liegen. Handelt es sich dabei nicht um das Erstgeborene, sondern gibt es noch ältere Geschwister, wird die Sache noch komplizierter. Wer sich also entschließt, in der Elternzeit ein Haus zu bauen, sollte sich bewusst sein, welche Mehrfachbelastung dies bedeutet – nicht nur für den Bauherren selbst, sondern für die ganze Familie. 

 

Hausbau ist nicht gleich Hausbau

Dennoch stellt die Elternzeit eine Gelegenheit dar, die vielleicht nicht so bald wieder kommt. Wer also den Traum vom Eigenheim hegt und sich relativ sicher ist, dass er das Bauvorhaben in absehbarer Zeit aufgrund der Arbeit nicht umsetzen kann, sollte durchaus darüber nachdenken, die Elternzeit für den Hausbau zu nutzen. Dies gelingt allerdings nur, wenn beide Elternteile simultan in die Elternzeit gehen, sodass sich stets mindestens einer von beiden intensiv um das Kind kümmern kann, während der andere die Bauaufsicht übernimmt. Wichtig ist trotzdem, den Stress so gut es geht zu minimieren, denn eine gereizte Stimmung oder häufiger Streit im Zuhause sowie Sorgen und Ängste, beispielsweise finanzieller Art, können sich auf die Entwicklung des Kindes negativ auswirken – ebenso wie auf die Beziehung der Eltern oder deren Psyche. Sinnvoll ist der Hausbau also nur, wenn er für die Familie finanziell sowie zeitlich realisierbar ist, und zwar ohne größere Probleme. Zudem macht es einen großen Unterschied, ob es sich um ein Massiv- oder Fertighaus handelt und wie viele Eigenleistungen erbracht werden. Es gibt also große Unterschiede je nach Projekt.

 

Fazit: Ein Hausbau in der Elternzeit kann sinnvoll sein…

…sollte aber mit Vorsicht genossen werden. Gut geeignet ist die Elternzeit für ein Bauvorhaben, wenn die Familie finanziell gut aufgestellt ist und nur wenige Eigenleistungen erbringen muss. Aufgrund der kürzeren Bauzeit und der geringeren Gefahr von Verzögerungen, eignet sich dennoch ein Fertighaus für die jungen Familien oft besser als das Eigenheim in Massivbauweise. Wer hingegen viel mit anpacken möchte oder muss, weil er sich den Traum vom eigenen Haus sonst kaum leisten könnte, sollte noch einmal prüfen, ob das Vorhaben wirklich sinnvoll ist – zumindest in der Elternzeit. Denn durch den Hausbau sollte die Familie nicht belastet werden, allen voran das Neugeborene. Stattdessen sollte die Elternzeit eine schöne und möglichst sorgenfreie Zeit für die Eltern sowie Kinder darstellen. Überwiegt also die Vorfreude auf das Eigenheim, kann der Hausbau zu einem positiven Unterfangen werden. Setzt er die Eltern hingegen unter finanziellen, zeitlichen oder nervlichen Druck und es entstehen Stress, Streit oder Ängste, sollte das Bauprojekt auf eine geeignetere Zeit verschoben werden. Ein Vorteil will dennoch nicht unerwähnt bleiben: Für den Hausbau in der Elternzeit kann unter Umständen die Förderung durch das Baukindergeld in Anspruch genommen werden.

 

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