Jedes Elternteil kennt das Lieblingslied und die Lieblingsgeschichte in- und auswendig. Hunderte von Wiederholungen machen das möglich. Andererseits wird es Kindern auch schnell langweilig und sie werden unleidlich. Wie geht man als Elternteil mit diesen scheinbaren Widersprüchen um?
Die Sicherheit, die Kinder brauchen
Zunächst eine Faustregel - je jünger das Kind, desto mehr Geborgenheit und Sicherheit sucht es in seiner Umgebung - von den Personen, vom Tagesablauf und von den Aktivitäten her. Je älter Kinder werden und je selbstbewusster, desto mehr Abwechslung brauchen sie. Es ist also ein Irrtum, dass Kinder ständig nach Abwechslung suchen. Ob dem so ist, hängt vor allem von ihrem Entwicklungsstand ab - aber auch dann kommt es darauf an, wie weit mögliche Veränderungen gehen...
Babys und Kleinkinder brauchen vor allem Sicherheit
Sehr kleine Kinder sind für ihr Wohlbefinden auf Dritte angewiesen. Sie sind für Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit, was Betreuung, Ernährung und Rituale angeht, extrem dankbar. Schenken sie ihren Kindern speziell in diesem Alter Verlässlichkeit, was die persönlichen Beziehungen angeht und auch in Bezug auf den Tagesablauf. So finden sie sich in die Welt hinein und gewinnen Vertrauen in ihre Umgebung. Ihre Kinder werden Ihnen diese Regelmäßigkeit auch zurückgeben - durch einigermaßen geregelte Schlaf- und Wachphasen und ein vergleichsweise ausgeglichenes Wesen. Selbstverständlich spielt auch der Charakter eines Kindes eine große Rolle. Dennoch fahren sie mit einem ausgeschlafenen Kind, das sich in seiner Haut sicher und wohl fühlt, besser. Vertrauen Sie uns ...
Sobald ihre Kinder sich äußern können werden sie Ihnen auch sagen, dass sie die Dinge ganz genau so haben wollen, wie sie es gewohnt sind. Ob es die Stofftiere sind, die genau an der richtigen Stelle zu stehen haben, die Art, wie die Äpfel geschnitten werden oder die Tür, die jede Nacht im gleichen Winkel geöffnet sein muß. Aus dieser Regelmäßigkeit schöpfen ihre Kinder die Sicherheit, um die neuen Herausforderungen, die auf sie zukommen, zu meistern.
Rituale bringen Struktur
Denken Sie an ihre eigene Kindheit - erinnern Sie sich noch, wie Sie am Wochenende länger aufbleiben und gemeinsam mit Ihren Eltern die "Hitparade" oder "Wetten Dass" sehen durften? Eine Erinnerung, die bei viele von uns Älteren positiv besetzt ist, ein gemeinsames regelmäßiges Erlebnis, eine Art Ritual. Solche Rituale, gelernte regelmäßige Fixpunkte im Alltag, können auch Sie für Ihre Familie etablieren. Jeden Abend beim Zubettgehen, das immer dem selben Ablauf folgt. Oder bei einem gemeinsamen Essen aller Familienmitglieder. Setzen sie selbst solche Fixpunkte. Wichtig ist hier die Verlässlichkeit in der Durchführung und im Ablauf. Ihre Kinder werden es zu schätzen wissen.
Verlässlichkeit für Kindergarten- und Schulkinder
Im Kindergartenalter und später in der Schule sind Kinder schon weit unabhängiger von den Eltern. Sie müssen nicht immer von den Eltern beschäftigt werden, knüpfen erste Freundschaften und erkunden ihre Umgebung auf eigene Faust. Im Schulalter kommt irgendwann auch der Wunsch, einmal bei einem Freund beziehungsweise einer Freundin zu übernachten.
Trotzdem suchen Ihre Kinder weiter Sicherheit in Vertrautem. Mit großer Freude hören Kinder immer wieder dieselben Geschichten, singen dieselben Lieder oder sehen dieselben Filme. Es gibt Ihnen Bestätigung, dass sie wissen, was als Nächsten kommt. Wehe, wenn Papi beim Vorlesen der Gutenachtgeschichte einmal abkürzt! Ihre Kinder werden auch in Bezug auf Veränderungen in der Wohnung - ein neues Sofa zum Beispiel - eher skeptisch sein. Sie fühlen sich in einer ihnen vertrauten Umgebung einfach wohl. Wenn es nach Ihren Kindern geht, darf es auch jedes Jahr das gleiche Urlaubsziel sein. Die Aufgabe der Eltern ist es, sie ab und zu für Neues zu begeistern. Mit den neuen Anregungen sammeln Ihre Kinder auch Erfahrungen, die Ihrer Entwicklung gut tun.
Spätestens, wenn sie auf eine weiterführende Schule gehen, verspüren Kinder mehr und mehr Lust auf Neues. Zu Hause soll trotzdem alles grundsätzlich beim Alten bleiben. Dennoch werden sich ihre Kinder mehr und mehr gegen die existierenden Regeln auflehnen - ob es Bettzeiten sind, Ausgangszeiten, Hausaufgaben am Nachmittag, Taschengeld oder das gemeinsame Essen. Je älter Kinder werden, desto mehr Unabhängigkeit suchen sie. Das ist ein natürlicher, gesunder Prozess. Es ist Ihre Aufgabe als Eltern, Ihren Kindern mehr und mehr Freiheiten zu gestatten und Ihnen damit auch Eigenverantwortung zu geben und gleichzeitig die notwendigen Regeln aufrecht zu erhalten, die dem Leben Ihrer Kinder Struktur und Verlässlichkeit geben.
Das Elternhaus als sicherer Hafen
Die Teenagerzeit ist ein Alter, in dem sich Kinder an ihren Eltern und Strukturen jeder Art reiben. Sie wollen auf ihren eigenen Füßen stehen und das ist auch grundsätzlich gut so. Es wird Diskussionen geben, auch Streit. Dennoch ist es auch für junge Erwachsene wichtig zu wissen, dass das Elternhaus ein Ort der Sicherheit ist, in dem sie immer Zuflucht suchen und auf Verständnis und Trost hoffen können, wenn ihnen die Welt da draußen wehgetan hat. Diese Sicherheit und das Verständnis im Elternhaus gibt Ihren Kindern den Rückhalt, den sie benötigen, um sich selbstbewußt den Herausforderungen des Erwachsenwerdens zu stellen.