Irgendwann ist es so weit – der sogenannte „Ernst des Lebens“ beginnt und das Kind wird schulpflichtig. Neben der Regelschule, die von den Kommunen festgelegt wird, gibt es meist einige Schulalternativen, unter denen die Eltern auswählen können.
Halbtags- oder Ganztagsschule für das schulpflichtige Kind
Die Schulpflicht ist in Deutschland – im Gegensatz zu einigen anderen mitteleuropäischen Ländern – unumgänglich. Während es in Frankreich, Großbritannien oder der Schweiz lediglich eine Bildungspflicht gibt, die auch von den Eltern erfüllt werden kann, führt in Deutschland kein Weg an der Schule vorbei. In der Regel verlässt ein Kind spätestens im siebten Lebensjahr den Kindergarten, beziehungsweise die Vorschule und wird eingeschult. Die Kommunen geben dabei eine reguläre Schule vor, der das Kind zugeordnet wird. Allerdings können die Eltern auch eine andere Schule auswählen, wenn ihnen diese besser geeignet scheint.
Das deutsche Bildungssystem
Das Bildungssystem in Deutschland ist Ländersache, dementsprechend unterschiedlich können die Laufbahnen der Schüler in den einzelnen Bundesländern aussehen. Zur Einschulung landen die Kinder jedoch einheitlich im sogenannten Primarbereich, in der Grundschule, die die Klassen 1 – 4 umfasst. . Die Unterschiede hierbei bestehen einerseits in den Lehrplänen und andererseits darin, wie die Grundschulen eingegliedert sind. Es gibt reine Grundschulen, in Ländern mit Orientierungsstufe wird diese dann meist noch an die Grundschule angegliedert und Grundschulen, die in eine Haupt- oder Gesamtschule integriert sind.
Während Grundschule und Orientierungsstufe meist ausschließlich als Halbtagsschule angeboten werden, gibt es in den höheren Stufen oft auch das Modell der Ganztagsschule. Besucht ein Kind eine alternative Schule, wie zum Beispiel eine Montessori- oder Waldorfschule, dann wird diese bereits schon ab der ersten Klasse als Ganztagesschule angeboten. Eine Sonderform ist das Internat, in dem die Schüler die Schulwoche unter der Aufsicht von Lehrern und Betreuern verbringen. Das Wochenende und die Ferien verbringen sie meist zuhause bei den Eltern.
Die Halbtagsschule – bewährtes Konzept seit vielen Jahrzehnten
Die Halbtagsschule als reine Unterrichtsschule ist das Schulkonzept, das viele Erwachsene noch aus eigener Erfahrung kennen. Je nach Alters- und Klassenstufe beginnt die Schule morgens um 8:00 Uhr (in einigen Bundesländern bereits um 7:30 Uhr) und endet zur Mittagszeit. Bei dieser Schulvariante liegt der Schwerpunkt auf der sozialen Erziehung des Kindes innerhalb der Familie, in der Schule wird hauptsächlich Wissen vermittelt. Die Kinder essen zuhause Mittag und erledigen dort auch ihre Hausaufgaben sowie sämtliche Vorbereitungen für den nächsten Schultag, für Tests und Klausuren. Es gibt ein gemeinsames Mittagessen, bei dem die Kinder den Schulalltag reflektieren können. Anschließend können die Hausaufgaben nach dem individuellen Rhythmus des Kindes erledigt werden. Die Eltern können durch die Hilfe bei den Hausaufgaben schnell den Wissensstand der Kinder ermitteln, kommt es zu einem Leistungsabfall kann schnell reagiert werden. Anschließend kann die Freizeit für Hobbys, Treffen mit Freunden oder einfach mit Entspannung genutzt werden.
Soweit die Theorie. Die Realität sieht meistens anders aus. Viele Kinder sind Schlüsselkinder, das heißt, sie kommen nach Hause und die Eltern sind auf der Arbeit. Also verbringen sie den Nachmittag unbetreut und unversorgt alleine. Die Eltern sind mit der Hausaufgabenhilfe häufig völlig überfordert, Probleme bei der Erledigung können nicht kompetent gelöst werden. Diese Situation führt oft zu Stress und Unfrieden zwischen Eltern und Kind. Durch schlechtes Zeitmanagement dauert die Fertigstellung der Hausaufgaben viel zu lange und die freie Zeit des Kindes wird dadurch stark reduziert.
Alternative Ganztagsschule - entspannte Lernumgebung durch mehr Zeit in der Schule
Eine gut konzipierte Ganztagesschule hat viele Vorteile. Sie bietet einerseits ein entspannteres Lernumfeld, da mehr Zeit zur Verfügung steht, um den Lehrstoff zu vermitteln. Dies ermöglicht auch eine individuellere Berücksichtigung von schwächeren Schülern und lässt mehr Raum für soziale und emotionale Kontakte. Andererseits können auch hochbegabte Schüler individuell gefördert werden. Durch zusätzliche Angebote wird auch fächerübergreifendes Lernen möglich, die Fähigkeit zur Vernetzung und Kombination von Wissensfeldern wird gefördert. Die Ganztagsschule ermöglicht ein Unterrichtskonzept, das weg vom reinen Frontalunterricht geht und den Schülern selbständiges und projektbezogenes Erarbeiten von Informationen ermöglicht.
Für die Eltern bedeutet die Ganztagsschule eine deutliche Entlastung. Gerade Ein-Eltern-Familien und Familien mit zwei berufstätigen Elternteilen profitieren von der Ganztagsbetreuung und die Kinder aus solchen Familien ebenso. Da in den Familien tendenziell eine Isolation stattfindet, bietet die Ganztagsschule ausreichend soziale Kontakte mit anderen Kindern und Erwachsenen. Auch Erziehungsdefizite, wie sie oft in sozial schwachen Familien vorkommen, können durch die Ganztagsschule aufgefangen oder zumindest abgeschwächt werden. Hausaufgaben fallen nicht oder kaum an, dadurch wird ein erheblicher Stressfaktor zwischen Eltern und Kind beseitigt.
Damit die hohen Anforderungen an diese Schulform erfüllt werden können, braucht es allerdings eine ausreichende Anzahl an Personal, damit die mehr verbrachte Zeit in der Schule nicht nur reine Hausaufgabenbetreuung und Verwahrung ist. Eine Ganztagsschule ist kein Hort. Viele Schulen erfüllen die Kriterien für eine vollwertige Ganztagsschule nicht. In diesem Fall ist der Wert dieser Schulform in Frage zu stellen.
Unabhängig davon, welche Schulvariante ein Kind besuchen soll, sollten die Eltern ganz genau prüfen, ob sie ihr Kind dort einschulen möchten. Fragen bei anderen Eltern und auch Kindern, die eine bestimmte Schule gewählt haben sowie Vorgespräche mit den Lehrern und eine Besichtigung der Schule helfen, eine Entscheidung zu treffen und die bestmögliche Schule für das eigene Kind zu finden.