© Markus Bormann - Fotolia.com

Geheimnisse – was macht sie für Kinder so interessant?

Geheimnisse haben auf Kinder eine magische Anziehungskraft. Für Eltern wird es oft anstrengend, wenn Kinder miteinander flüstern und auf Fragen mit „Das ist geheim!“ antworten. Zwischen drei und sechs Jahren ist der Wunsch, ganz eigene Geheimnisse zu haben, für Kinder besonders anziehend und Eltern sollten diesen Entwicklungsschritt mit Gelassenheit beobachten.

Für Kinder bedeuten Geheimnisse ihr erstes inneres Eigentum, etwas, was nicht mit jedem – vor allem nicht mit den Eltern – geteilt wird. Damit machen sie einen wichtigen Schritt in die Selbständigkeit und ins eigene Ich, das unabhängig von Mutter oder Vater existiert. Sie finden ihre eigene Identität und leben mit geheimen Fantasien ihre Kreativität aus.

Schöne Geheimnisse im Vorschulalter

Ein Bild, das niemand sehen darf oder das geheime Versteck für Süßigkeiten sind oft die ersten Geheimnisse, die Kinder im Vorschulalter haben. Es geht jetzt noch nicht darum, etwas vor den Eltern zu verheimlichen, um Konsequenzen oder Sanktionen zu vermeiden. Zumindest dann, wenn ein Kind nicht grundsätzlich Angst vor Bestrafung haben muss, wenn es einen Fehler oder etwas kaputtgemacht hat. Dem Kind geht es in diesem Alter darum, das Wesen eines Geheimnisses zu erforschen. Erst später, etwa im Alter von acht Jahren werden Geheimnisse mit Freunden geteilt und haben dann auch eine verbindende Funktion. Etwas Geheimes miteinander zu teilen, verstärkt die Freundschaft und das Vertrauen.

Schlimme Geheimnisse aus Angst

Ab dem Grundschulalter können Kinder vor Eltern auch dann etwas verheimlichen, wenn sie Angst haben, bestraft zu werden. Schlechte Noten, das kaputte Fahrrad oder andere unangenehme Tatsachen werden dann verborgen. Häuft sich dies, sollten Eltern genau hinschauen und überlegen, warum ein Kind Angst hat, Fehler zu gestehen. In diesem Alter ist es auch möglich, mit dem Kind darüber zu reden, was es befürchtet und diese Befürchtungen auszuräumen.

Geheimnisse verdienen Respekt

Kinder brauchen nicht nur äußere, sondern auch innere Freiräume und dazu gehören Geheimnisse. Eltern sollten dies respektieren und den Kindern kein schlechtes Gewissen machen oder sie gar bestrafen. Schädlich und ein Vertrauensbruch ist es, wenn Eltern ihren Kindern hinterher schnüffeln, um ihre Geheimnisse zu erfahren oder eine übertriebene Neugier zeigen. Allerdings kommt es immer auch auf die Art des Geheimnisses an. Kommt ein Kind mit einer Verletzung nach Hause, sollten Eltern darauf bestehen, die Ursache zu erfahren. Auch demütigende Situationen wie Mobbing oder sexuelle Übergriffe müssen offen zur Sprache kommen. Um dem Kind von Anfang an das nötige Vertrauen zu vermitteln, dass sie auch damit zu den Erwachsenen kommen können, legen der Respekt vor den kleinen Geheimnissen, Verständnis und Aufmerksamkeit den nötigen Grundstein. 

Geheimnisse Anderer – keine Sache des Kindes

So anziehend die eigenen Geheimnisse für Kinder sind, so belastend ist es für sie, wenn sie etwas für sich behalten müssen und nicht weitererzählen dürfen. Das gilt ebenso, wenn die Eltern etwas haben, was nicht weitererzählt werden darf wie der Zwang durch andere Kinder, bestimmte Dinge nicht zu verraten. Gerade bei Missbrauch und Misshandlung wird das Kind durch Druck und Drohungen dazu gebracht, das Schlimme für sich zu behalten. Durch eine Atmosphäre von Respekt und Vertrauen in der Familie lassen sich solche belastenden Situationen oft verhindern. Durch den frühen achtsamen Umgang mit Geheimnissen durch die Eltern lernen Kinder zu unterscheiden.