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Mit dem Triple-P-Programm stressfrei durch die Trotzphase

Die Trotzphase stellt Eltern auf eine harte Probe. Nicht ganz leicht, gelassen zu bleiben, wenn das Kind sich in der Fußgängerzone schreiend und kreischend auf dem Fußboden wälzt. Wutanfälle sind im Trotzalter an der Tagesordnung. Das Triple P Programm für Eltern und Kinder kann hier Hilfe leisten.

Das Trotzalter ist der Eintritt in eine neue Entwicklungsphase. Die Kinder entwickeln ihren eigenen Willen. Allerdings müssen sie erst lernen, diesen zu kontrollieren und dazu sind starke Eltern nötig. Das „Positive Parenting Program“, kurz Triple P, soll Eltern das Handwerkszeug vermitteln, um Ihr Kind und sich selbst gut durch diese so wichtige kindliche Phase zu bringen.

 

 

Was ist Triple P?

Das Positive Parenting Program stammt von Professor Dr. Matt Sanders und seinen Kollegen und wurde in den 1980er Jahren in Amerika entwickelt. Das Programm, kurz als „Triple P“ bezeichnet, ist im Grunde genommen eine Zusammenstellung bekannter und bewährter Erziehungsgrundsätze. Ziel des Programms ist es, die kindliche Entwicklung zu fördern und die Eltern-Kind-Beziehung zu festigen. Teilweise stammen die Ansätze aus der Verhaltenstherapie. Ein wichtiger Aspekt des Programms ist, dass Kindern in liebevoller Weise beigebracht wird, dass Grenzen wichtig sind und wie sie am besten mit Enttäuschungen und Niederlagen umgehen können. Da unsere Gesellschaft immer weniger klare Strukturen und damit Anhaltspunkte bietet und letztendlich alle Lebenspläne verwirklicht werden können, ist es umso wichtiger, dass ein Kind lernt, sich selbst zu regulieren und zu kontrollieren. Grundlage aller Erziehungsempfehlungen von Triple P sind die Methoden der positiven Verstärkung und der Einsatz von liebevoller Konsequenz mit klaren Regeln und Grenzen. 

 

Über die Trotzphase

Generell wird die Trotzphase als wichtiger und unverzichtbarer Entwicklungsschritt betrachtet. Das Kind soll und muss lernen, dass es einen eigenen Willen hat, diesen aber auch kontrollieren muss, um Autoritäten anzuerkennen und Grenzen einhalten zu können. Laut Jean Liedloff, der Autorin des Buches „Das Kontinuum-Konzept“, spielt die Trotzphase bei Naturvölkern kaum eine Rolle. Sie führt dies unter anderem auf den ständigen Körperkontakt im Kleinkindalter zurück und darauf, dass die Kinder zwar liebevoll respektiert werden, aber kaum jemals so extrem im Mittelpunkt stehen wie unsere Kinder heute. Kinder werden als Teil der Gemeinschaft begriffen und nicht als anstrengende Belastung oder extrem pflegebedürftige Wesen, die ständiger Aufmerksamkeit bedürfen. Fakt ist jedoch dennoch: Fast jedes Kind in unserer Gesellschaft macht die Trotzphase durch und Eltern können in dieser Zeit an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gelangen. Wichtig zu wissen ist: Die Trotzphase geht nicht einfach so vorbei. In dieser Zeit sind Eltern in der Verantwortung, ihre Kinder zu unterstützen, indem sie ihnen Verhaltensweisen an die Hand geben, mit denen die unbändige Wut und das mächtige Gefühl von „Ich will aber!“ in den Griff zu kriegen sind. Wird dies versäumt, dann wird trotziges Verhalten ein ständiger Begleiter des Kindes werden.

 

Triple P in der Trotzphase – die wichtigsten Grundsätze

Das Positive Parenting Program wird über die gesamte Kindheit eingesetzt, kann aber besonders in der Trotzphase nützlich sein, einfach auch, um als Vater selbst nicht die Kontrolle zu verlieren. Jetzt braucht das Kind starke und konsequente Eltern. Dies zu sein fällt leichter, wenn man eine Art „Gebrauchsanweisung“ zur Hand hat. Die fünf Grundregeln von Triple P lauten:

1. Gefahren und ständige Verbote blockieren die kindliche Entwicklung. Sorgen Sie deshalb für eine sichere und auch interessante und offene Umgebung für Ihr Kind.

 

2. Je sicherer sich ein Kind fühlt, umso experimentierfreudiger ist es. Sicherheit schaffen Sie durch Aufmerksamkeit, Unterstützung und Zuwendung in allen Lebenslagen.

 

3. Seien Sie konsequent! Je berechenbarer die Grenzen sind, die ein Kind spürt, umso leichter fällt es ihm, sich an diese zu halten und die eigenen Fähigkeiten im sicheren Rahmen zu entwickeln.

 

4. Vorsicht vor Überforderung. Unrealistische Erwartungen an das Kind führen zu Enttäuschung und Überlastung auf beiden Seiten.

 

5. Denken Sie auch an sich! Wer seine eigenen Bedürfnisse berücksichtigt und auch einfordert, kann sich dem Kind gegenüber geduldiger und kooperativer verhalten.

 

Auf Basis dieser Regeln kann auch ein liebevoller und unterstützender Umgang mit dem Kind in der Trotzphase gefunden werden. Generell sollten hier folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Ruhig bleiben, auch wenn es schwer fällt. Machen Sie sich klar, dass es gar nicht um Sie geht, sondern dass Ihr Kind bei einem Wutanfall in seinen eigenen unkontrollierbaren Emotionen gefangen ist.
  • Senden Sie klare Botschaften. Es ist in Ordnung, dass Du wütend bist, nur wie Du Deine Wut äußerst, ist nicht ok. Das ist, was Ihr Kind verstehen muss.
  • Bieten Sie Alternativen. Es gibt auch andere Möglichkeiten, Wut auszuleben als um sich zu schlagen. Wenn Ihr Kind das tut, geben Sie eine knappe Anweisung: Nicht hauen, stampf mit dem Fuß auf! Reagiert Ihr Kind darauf, sollten Sie es loben, aber nicht zu enthusiastisch, um es nicht zu ermutigen.
  • Bleiben Sie konsequent. Sie tun sich und Ihrem Kind keinen Gefallen, wenn Sie ihm bei einem Trotzanfall nachgeben. Nein heißt nein, egal wie laut es tobt und schreit. Nur so lernt Ihr Kind, dass Wut kein angemessenes Mittel ist, um Ziele zu erreichen.
  • Versuchen Sie unnötige Reizthemen, in der empfindlichen Trotzphase zu vermeiden. Beschränken Sie Grenzen und Verbote auf das absolut Erforderliche und vermeiden Sie stressige Situationen, wie einen abendlichen Supermarkteinkauf mit einem müden oder hungrigen Kind.
  • Nach dem Wutanfall ist es wichtig, das Kind aufzufangen und zu trösten. Zeigen Sie ihm Ihre Liebe, denn für das Kind ist der Anfall sehr beunruhigend. Strafen sind hier kontraproduktiv, denn sie nehmen dem Kind die Möglichkeit zu lernen, mit der eigenen Wut umzugehen.

 

Kritik am Positive Parenting Program

Auch wenn die Wirksamkeit von Triple P nachgewiesen ist und das Programm viele positive Aspekte hat, gibt es auch Kritik, die sich vor allem auf die Inhalte der angebotenen Elternkurse bezieht. So wird immer wieder bemängelt, dass den Eltern ein „mechanisches“ Verhalten anerzogen wird, das nicht die individuellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt. Einige Methoden, wie zum Beispiel der stille Stuhl, könnten dazu führen, dass Kinder eine Konditionierung entwickeln. Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass Eltern – ganz gleich welche Erziehungsmethode sie anwenden – immer für ihr Tun verantwortlich sind. Gerade wenn Verfahren wie Triple P oder andere Erziehungskonzepte zum Einsatz kommen, dürfen diese nicht blindlings angewandt werden. Gerade im Umgang mit Kindern gilt vielmehr das Motto: „Erst denken und fühlen, dann handeln“.