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Wahre Größe kommt von innen - Die mentalen Wachstumsphasen des Kindes

In den ersten 20 Monaten nach der wächst ein Baby manchmal über Nacht mehrere Millimeter. Aber auch die geistige Größe nimmt manchmal von heute auf morgen enorm zu. Die Kinder sind selbst von ihren neuen Fähigkeiten überrascht und zeigen charakteristische Verhaltensweisen. Eltern, die einen Überblick über diese Phasen mentalen Wachstums haben, werden ihre Kinder besser verstehen.

„Warum schreit mein Baby?“, denke ich mir, als ich es auf dem Arm durch das Wohnzimmer trage. Hunger, Windel voll, Müdigkeit? Viele Beschäftigen sich mit der Frage nach dem Grund für das Weinen. So viele, dass es zum Thema viele volle Internetforen und eine Vielzahl an Sachbüchern gibt.
„Hm, er ist jetzt bald drei Monate alt. Kommt da nicht wieder eine mentale Wachstumsphase?“, denke ich mir, als ich eines dieser lehrreichen Sachbücher auf unserem Schrank liegen sehe. „Die Welt der fließenden Übergänge“ steht da. Der dritte mentale Entwicklungsschritt. Ich sehe meinen kleinen Schreihals an. Mittlerweile hat er sich wieder beruhigt.
„Du entwickelst gerade wieder neue tolle Fertigkeiten, nicht wahr?“ Und tatsächlich, alles spricht dafür, dass mein Baby gerade in einer solchen Wachstumsphase steckt, denn jeder dieser Schritte geht mit charakteristischen Verhaltensweisen einher.

-    Das Baby schreit mehr, ist quengelig und launisch
-    Es braucht mehr Beschäftigung
-    Es fremdelt
-    Es schläft schlechter
-    Es ist ungehalten, wenn der Körperkontakt abgebrochen wird
-    Es plaudert weniger (in den späteren Phasen)
-    Es braucht mehr Nähe

Um die augenfälligsten zu nennen. Sie werden ganz sicher mehrere dieser Verhaltensmuster bei Ihrem kleinen Liebling feststellen, immer wenn der Zeitpunkt für eine mentale Wachstumsphase gekommen ist. Das empfohlene Verhaltensmuster für Eltern in dieser Zeit: Schenken Sie Ihrem Baby Nähe und Geborgenheit!

 

Schritt 1: Sinneswandel – Ca. 5 Wochen nach der Geburt

Der erste Schritt betrifft die inneren Organe und die Sinnesorgane. Hauptsächlich verbessern sich Verdauung und Stoffwechsel des Kindes und es nimmt seine Umwelt deutlich besser wahr. Sie werden beobachten, dass es nun auch Dinge fixiert, die weiter entfernt sind.

Schritt 2: Entdeckungsreise – Ca. 2 Monate

Das Baby entwickelt Selbstbewusstsein, im wahrsten Sinne des Wortes. Es nimmt seine Hände wahr und beginnt, sie auch anzuwenden. Es bekommt ein Gefühl dafür, wie es ist, seine Ärmchen auszustrecken und mit den Beinchen zu strampeln. Besonders Baden und nackig auf dem Wickeltisch liegen macht dem Baby jetzt richtig Freude!

Achtung Vorfreude: Mein Kind hat mich nach dem zweiten Schritt das erste Mal angelächelt!
 

Schritt 3: Fließende Übergänge – Ca. 3 Monate

Im dritten Schritt lernt das Kind, fließende Übergänge mit allen Sinnen wahrzunehmen. Das Baby kann jetzt besser schlucken, sich flüssiger bewegen, es sieht besser und es kann besser Töne wahrnehmen. Auch das Wiedergeben von komplexeren Tönen lernt das Baby in diesem Entwicklungsschritt. Die neuen Glucks- und Lachtöne werden Sie entzücken!
 

Schritt 4: Kombiniere! – Ca. 4 ½ Monate

Nachdem das Baby nun Muster mit allen Sinnen erkennt und komplexere Übergänge fassen, riechen oder schmecken kann, werden diese Fähigkeiten nun kombiniert. Das Baby kann also eine fließende Bewegung in eine andere übergehen lassen. So werden Sie nun beobachten können, wie Ihr Kind z.B. etwas fokussiert und dann den Arm danach ausstreckt.
 

Schritt 5: Relationen – Ca. 6 Monate

Ihr Kind kann jetzt wahrnehmen, dass sich etwas innerhalb, neben oder über etwas anderem befindet. Auch Zugehörigkeit wird dem Kind nun bewusst. Es weiß, wo welches Geräusch herkommt, oder dass Eltern zusammengehören. Das bewirkt auch, dass das Baby seine eigenen Bewegungen aufeinander abstimmt. Arme gehören zusammen und sind sehr praktisch!

 

Schritt 6:  Kategorien – Ca. 8 ½ Monate

Alle Muster, die in fließenden Übergängen und in Relation zueinander wahrgenommen werden, teilt das Baby nun ihren Attributen zu. Es geht dabei nach seinen Erfahrungen vor und sortiert jede neue Erfahrung jetzt in eine Kategorie ein. Dabei macht es dem Kind großen Spaß neue Dinge zu entdecken, um sie in Kategorien einzuteilen.

 

Schritt 7: Experimente – Ca. 11 Monate

Ihr Kind wird Sie nun mit komplexen, experimentellen Tätigkeiten überraschen und mit immer mehr Koordination begeistern. Das Handeln des Kindes ist überlegter und basiert auf Reihenfolgen. Ein Schlüssel kann vom Tisch genommen und in das richtige Schloss gesteckt werden und es ist soweit alles bereit, um am ersten Geburtstag die Kerzen auszublasen!

 

Schritt 8: Programme – Ca. 13 Monate

Mit diesem Schritt lernt Ihr Kind, dass alle Tätigkeiten ganze Abfolgeprogramme eines großen Ganzen sind, wie etwa den Tisch abräumen, sich anziehen oder ins Bett gehen. Sie werden sehen, dass Ihr Kind nun einen Begriff davon hat, dass man all diese Programme auf verschiedene Arten und Weisen und in unterschiedlichen Herangehensweisen erledigen kann.

 

Schritt 9: Prinzipien – Ca. 15 Monate

Wieder baut ein Schritt auf dem vorigen auf, denn Ihr Kind entscheidet nun selbst, wie Programme angewendet werden – nach Prinzipien. So wird das Kind schnell den Unterschied bemerken zwischen Oma um ein Eis bitten und Mama um dasselbe bitten. Es zeigen sich Besitzansprüche, Einfallsreichtum, Vorsicht oder Gerechtigkeit. Sie werden Ihre pure Freude daran haben, welch große Persönlichkeit Ihr Kleinkind schon geworden ist!

 

Schritt 10: Systematisches Denken – Ca. 17 Monate

Das Kind erfasst mittlerweile komplexe Zusammenhänge und fällt eigene Entscheidungen. Nun beginnt es zu verstehen, dass alles nach Systemen abläuft. Es begreift sich selbst als System, Mama, Papa und Kind sieht es als Familie.
Es kann nun seine Prinzipien wechselnden Gegebenheiten anpassen und spontan entscheiden, was es für das Richtige hält. Auch Empathie ist dem Kind nun gegeben, so dass es sich in andere hineinversetzen kann.

Mein Sohn schläft nun. Papas tiefe Stimme und seine Wärme beruhigen ihn in dieser dritten Entwicklungsphase. Manchmal ist auch das mit dem Einschlafen bei ihm ein fließender Übergang.
Immerhin: Mit knapp anderthalb Jahren hat das Rätselraten ein Ende, denn nun kann Ihr Kind ganze Sätze sprechen und Ihnen mitteilen, wo der Schuh drückt. 
 

Literatur:
„Oje, ich wachse!“, von Hetty van de Rijt und Frans X. Plooij, Verlag: Goldmann.