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DIE KUCHENSPENDE – ohne geht es einfach nicht

Nein, ohne Kuchenspende kommt man als Eltern nicht weit im Leben mit Kind. So allgegenwärtig sind die Forderungen danach in Kita, Kindergarten, Schule und Vereinen, dass es nach Meinung unseres Autors Zeit ist, DIE KUCHENSPENDE als das anzuerkennen, was sie ist: als Eintrittskarte in den Kreis der Eltern, als eigene Währung sozusagen.

Die Gemeinschaftswährung aller Mutter- und Vatertiere in deutschen Landen ist meiner jahrelangen Beobachtung nach: DIE KUCHENSPENDE.

Kein Wort habe ich in ungezählten Mitteilungen aus Kitas, Kindergarten und Schulen aller Arten, von Tagesmüttern, Erzieherinnen und Lehrern in Mails, Briefen, Ranzenpost und was auch immer häufiger lesen müssen als: DIE KUCHENSPENDE

DIE KUCHENSPENDE ist die Basiswährung für alle Eltern, die sich nicht höheren Weihen ehrenamtlichen Engagements hingeben wollen. Zwischen den Zeilen von Einladungen für den Martinsumzug, das Adventsingen, den Chornachmittag, das Sportturnier, usw.  ist immer zu lesen, dass DIE KUCHENSPENDE de facto die Zugangsberechtigung zu dererlei Aktivitäten unserer  pädagogischen Anstalten darstellt. Wer nicht einmal eine KUCHENSPENDE managt, der soll sich am besten auf dem Sommerfest, dem Musikabend, der Elternversammlung, dem Tag der offenen Tür, usw. gar nicht blicken lassen. Die ehrenamtlich engagierten Vereinsmeier unter den Eltern bringen neben ihrem gesamten Jahresurlaub für dererlei Festivitäten sowieso immer mindestens ZWEI KUCHENSPENDEN mit. 

Mehrere Kinder – viele KUCHENSPENDEN

Wenn man wie wir mehrere Kinder am Bein hat, hat man diese in der Regel auch in unterschiedlichen Einrichtungen. Kindergarten / Grundschule / weiterführende Schule ist unser derzeit führendes Modell. Es löste ab das Modell U3-Kita / Kindergarten / Grundschule. Von Musikschulen und Sportvereinen ganz zu schweigen. Die sind irgendwie  das Topping. Jedenfalls reduziert sich die für Soziologen sicherlich interessante Fragestellung nach Verflechtung unterschiedlicher Identitäten, Interessen und Institutionen für uns Normalo-Eltern einfach nur auf: Wie viele KUCHENSPENDEN sind denn nächste Woche dran?

Nun könnte der unbedarfte Leser meinen, dass eine solche KUCHENSPENDE dazu führt, dass es wie im Urchristentum oder dem Urkommunismus kein Privateigentum mehr gibt, folglich alle von allen Kuchen einfach naschen könnten! Diese Vorstellung ist gänzlich naiv und irrig: Denn, in gefühlt 98 von 100 KUCHENSPENDEN-induzierten Ereignissen dürfen die Eltern ganz selbstverständlich für ein Stück ihrer eigenen KUCHENSPENDE die marktüblichen Preise ganz profan löhnen.

Für die eigene KUCHENSPENDE zahlen? Das hat was von Pfandhaus … 

Ich verleugne meine Herkunft nicht. Als Schwabe fiel mir das in den Anfangsjahren als Vater doch schwer, den eigenen Kuchen zurückzukaufen. Das hatte was von den großmütterlichen Erzählungen vom Pfandhaus: Man trägt seine Preziose hin und versucht sein ehemaliges Eigentum später wieder mit Geld auszulösen. Deshalb kaufte ich zumeist die KUCHENSPENDEN anderer Eltern. Da lügt man sich zwar irgendwie in die Tasche, aber psychologisch hilft das schon. Bis ich einmal in ein Stück KUCHENSPENDE biss, die zwischen verbrannt und verkohlt schmeckte. 2 Euro kann ich ja noch bezahlen, aber der Zahnarzt wäre dann schon teurer geworden. Ging gerade nochmal gut. Diese Mitteilung machte ich dem Vatertier neben mir. Nicht ahnend, dass er es war, der die Temperatur seines Backofens nicht ohne Bedienungsleitung einstellen konnte. Ich verschluckte mich, versucht etwas gehandicapt durch die Steinkohle im Mund ein Entschuldigung zu nuscheln und suchte den nächsten Mülleimer auf. Seitdem kaufe ich immer und ausschließlich nur noch meine KUCHENSPENDE. Da weiß ich, was ich habe. 

Meine KUCHENSPENDE ist nämlich  qualitätsgeprüft immer aus dem Haus des promovierten Bäckers. Die Dr. Backmischung rein, Eier, Milch und ein paar Kleinigkeiten, rühren, fertig. Wie berufstätige Eltern die Zeit aufbringen, hier noch Sonderkreationen anzufertigen, ist mir ein Rätsel. Volkswirtschaftlich wäre es wohl sinnvoller, am Eingang zum Schulfest eine Spendendose aufzustellen. Aber Leute, das geht gar nicht. Da ist doch eine schöne KUCHENSPENDE eine viel schönere Gemeinschaftswährung.

Warum ich Ihnen das hier alles gerade aufschreibe? Nun, es ist kurz nach Mitternacht. Ich bin todmüde. Aber morgen ist an der weiterführenden Schule der Tag der offenen Tür. Und meine KUCHENSPENDE braucht im Ofen noch eine halbe Stunde.

 

zum Autor:
Andreas Clevert, Jahrgang 1970, ursprünglich aus Esslingen stammend, lebt mit seiner spanischen Frau und seinen drei Jungs/Söhnen  (*2008, *2010 und *2013) in Bonn. Mehr von seinen Erlebnissen lesen Sie unter www.vaterdasein.wordpress.com