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Wie bitte? - Deutsche Sprache, schwere Sprache. An und Pfirsich

Etwas ganz anderes verstehen als eigentlich gemeint ist. Das gibt es nicht nur bei der Stillen Post. Oder in der Beziehungskiste. Das ist ein Phänomen, das jung und alt, groß und klein, gleichermaßen trifft. Immer wieder. Mein erstes verbales Kuddelmuddel, an das ich mich erinnern kann, war die Phrase "An und für sich", die für mich lange Zeit nur nach "An und Pfirsich" klang. Zu unserer Nachbarin Frau Winkler sagte ich immer "Frau Linkler". Meiner Zeit voraus war ich, als ich aus dem "König mit der Krone" den "König mit der Drohne" machte. Aber es gibt noch eine Reihe weiterer Beispiele. Von alltäglichen Redewendungen bis hin zu englischen Songtexten.

"The ants are my friends, they're blowin' in the wind!" sang Bob Dylan? Oder war es doch "The answer my friend is blowin' in the wind ..."? Sehr beliebt und mittlerweile Kult in der "Verhör-Szene" ist die Version "Agathe Bauer" anstatt des 90er Jahre Snap-Hits "I've got the Power". Für solche akustischen Irrwege gibt es mittlerweile sogar schon linguistische Fachausdrücke. Textpassagen, die von Muttersprachlern in ihrer eigenen Sprache falsch verstanden werden, bezeichnet man als Mondegreen. Wenn man Wörter einer fremden Sprache als gleich klingende Wörter der eigenen Sprache versteht, handelt es sich um ein Soramimi. Neben der "Agathe Bauer"auch zum Beispiel "Oma fiel ins  Klo" anstatt "Oh, my feelings grow" (Midnight Lady/Chris Norman). Die Sprachwelt unserer Kinder ist natürlich auch voll von Mondegreens und Soramimis.

 

Kaspar, Melchior, Balthasar und die Karotte

Aus provisorisch wird professorisch, aus einwandfrei wird einbahnfrei, aus Raiffeisenbank wird Reibeisenbank. Meine Cousine wunderte sich jahrelang, dass die Heiligen Drei Könige dem Jesukind Gold, Weihrauch und "Möhre" darreichten. Und sie malte damals Weihnachtsbilder serienweise mit orangefarbenem Gemüse. Während im Fernsehen die "Biene Meier" lief.

 

Die hohe Kunst des Sprache Lernens: eigene Kreationen bilden

Meine jüngere Tochter kann natürlich auch mit solchen Interpretationen aufwarten. Zum Beispiel kultiviert sie mittlerweile ihre Variante von "Minuten". "Bitte, Papa, nur noch fünf Minu-TON." Sie bildet aber auch völlig neue Wortschöpfungen, die ich mittlerweile selbst in meinen Sprachgebrauch übernommen habe. Bei uns sagen wir nicht mehr "mit dem größten Vergnügen", sondern "mit der größten Vertoiung". Wohl aus einer Abwandlung von "Verzeihung" entstanden, kann das sprach- und familienhistorisch nicht mehr mit absoluter Sicherheit zurückverfolgen. 

 

Mondegreen an der Nordsee

2013, Urlaub in Sankt Peter-Ording, bei irgendeinem der vielen Spaziergänge durch das Watt verlor ich mein Handy. Muss wohl aus der Hose gerutscht sein, rein in den Schlamm, weg mit der Flut, von da an für alle Zeiten verschwunden, können die Krabben jetzt damit telefonieren. Meine Ältere, damals drei Jahre alt, wollte wissen, wo sich das Motorola nun befindet. Ich: "Ja ja, das ist wohl für immer in der Nordsee." Sie ganz erstaunt: 
"Waaaas? Für Ingwer?"

 

Was passiert, wenn man einen Pinguin und einen Flamingo kreuzt?

Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass man in einer Welt voller neuer, unterschiedlicher Bezeichnungen den Überblick verliert und im Eifer des Erzählens dann einfach mal ein Begriffs-Morphing durchführt. Mir geht es so, wenn mir im Elektro-Markt diverses Hightech-Kauderwelsch um die laienhaften Ohren fliegt. Da habe ich den Verkäufer auch gefragt, ob ich dieses LSD TV wirklich brauche. 

Richtig interessant wird es, wenn man ganz neue Tier-Gattungen entdeckt. Meine Jüngere hat sich bei einem Besuch des Zoos mal so richtig gefreut, als sie diesen pinken Vogel sah, den sie schon in diversen Bilderbüchern bewundert hatte und der bekanntlich so gut auf einem Bein stehen kann: 

"Schau mal, Papa! Ein Flingumin!" 

 

Christoph Bauer ist Vater von zwei Töchtern (4 und 8). Er arbeitet als freier Texter, Autor und Redakteur. Mehr auf www.christoph-bauer-text.com