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Expertenartikel - Familie und Recht, Familienrecht

Führen Sie sich bitte zunächst folgende erstaunliche Erkenntnis vor Augen: Schon dann wenn und so lange eine Familie intakt ist und funktioniert, werden bestehende gesetzliche Vorschriften ganz intuitiv gelebt. Es werden gemeinsame Entscheidungen in wichtigen Angelegenheiten der Kinder getroffen, die zur Verfügung stehenden Einkünfte dienen der gesamten Familie, die Aufgaben zur Betreuung der Kinder werden verteilt, das für das eigene Kind am besten geeignete Betreuungsmodell wird gefunden, freie Zeit mit den Kindern verbracht, Erziehung gemeinsam gelebt.

Scheitert aber die Beziehung der Eltern, wollen sie oft von den bisher gewählten Lebensentwürfen nichts mehr wissen, obwohl diese auch nach einer Trennung, angepasst an die finanzielle Mehrbelastung, weiterhin die gerechteste Lösung wären. Denn das Gesetz will grundsätzlich genau das und muss dies bewerkstelligen: die gerechte Aufteilung der Rechte und auch der Pflichten.

 

Rechte und Pflichten werden aufgeteilt

Die elterliche Sorge verbleibt auch nach der Trennung, ohne dass hierfür eine Feststellung nötig wäre, bei beiden auch zuvor schon sorgeberechtigten Elternteilen. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf ein Elternteil allein ist nur im absoluten Ausnahmefall durchsetzbar, eher schon das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wer das Kind bei sich wohnen hat und betreut, bestimmt auch die Dinge und Abläufe des täglichen Lebens.

Die Zeit mit den Kindern wird für den nichtbetreuenden Elternteil als Umgangsrecht (Besuchsrecht) bezeichnet, welches übrigens sowohl ein Recht dieses Elternteils, als auch dessen Pflicht, nämlich ein eigener Anspruch des Kindes ist. Dieser Umgang sollte geregelt und gelebt werden, damit auch nach einer Trennung für die Kinder weiter die sozialen Bezüge und klare Strukturen bestehen. Strikte Vorgaben gibt es nicht, vielmehr können die Eltern jede Regelung treffen, die sie zum Wohl der Kinder für sinnvoll erachten und die allen Interessen gerecht wird.

Erbrachte Leistungen für die Familie werden als sich entsprechend angesehen, so steht z.B. die Betreuung der minderjährigen Kinder der Zahlung von Unterhalt gleich. Baruterhaltspflichtig für den Kindesunterhalt ist daher nur derjenige, der die Kinder nicht betreut, man orientiert sich allgemein an der „Düsseldorfer Tabelle“. Nur im Wechselmodell, d.h. der Betreuung der Kinder durch beide Eltern im gleichen zeitlichen Umfang, sind beide Elternteile entsprechend ihrer Einkünfte unterhaltspflichtig.

Besteht bei den Kindern neben dem Unterhalt Mehr- bzw. Sonderbedarf, ist dieser von den Eltern zusammen entsprechend ihrer jeweiligen Einkommensverhältnisse zu tragen.

Das gewählte Betreuungsmodell wirkt sich zudem auf Ehegattenunterhaltsansprüche aus, auf Unterhaltsansprüche des betreuenden, nicht verheirateten Elternteils nur sehr eingeschränkt und das auch nur dann, wenn die Eltern zuvor als Familie gemeinsam gelebt haben.

 

Unterhaltsansprüche bei Scheidung

Bei Ehegatten bestehen im ersten Jahr nach der Trennung, vorher ist eine Scheidung in der Regel nicht möglich, im Grundsatz uneingeschränkt Unterhaltsansprüche. Auf diese kann von Gesetzes wegen nicht verzichtet werden. Im ersten Trennungsjahr soll so der bisherige Status der Eheleute beibehalten bleiben, um das Zerwürfnis nicht weiter voran zu treiben, der Staat hat - historisch - erklärter Maßen ein Interesse daran, dass die Ehe „wieder wird“. Das Trennungsjahr soll also der Besinnung und der Klärung der Frage dienen, ob die Ehe fortgesetzt oder aber beendet werden soll.

Nach der Scheidung bestehen Unterhaltsansprüche nur dann, wenn bestimmte gesetzlich definierte Tatbestände erfüllt sind. Ein nachehelicher Unterhaltstatbestand ist der Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung.

Grundsätzlich gilt nach der Rechtskraft der Scheidung der Grundsatz der Eigenverantwortung. Für den kinderbetreuenden Elternteil entstehen deswegen nach einer Scheidung trotz dieser Belastung ggf. auch umfangreiche Erwerbsobliegenheiten (-pflichten), wenn die Kinder bereits das Kindergarten- oder Schulalter erreicht haben und auch dann, wenn der betreuende Elternteil bislang nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig war.

Entscheidend ist aber immer die Betrachtung des konkreten Einzelfalls.

 

Vermögensrelevante Fragen

Neben den kinderrelevanten Regelungsbereichen ist im Falle einer Scheidung das Vermögen auseinanderzusetzen, ggf. ein Zugewinn auszugleichen, evtl. sind Schulden zu verteilen. Ferner müssen Regelungen über die zuvor gemeinsam bewohnte Wohnung getroffen und gemeinsame Haushaltsgegenstände aufgeteilt werden.

Von Gesetzes wegen werden im Fall einer Scheidung die Renten-, bzw. Pensionsanwartschaften zwischen den Ehegatten ausgeglichen, der so genannte Versorgungsausgleich.

Da sich Streitigkeiten zwischen den Eltern, auch in „nur“ vermögensrechtlichen Bereichen oft trotzdem, jedenfalls indirekt, auf die Kinder auswirken, kann es sinnvoll sein, Regelungen für den Fall einer Trennung bereits in Zeiten zu treffen, in denen sich die Eltern verstehen und damit auch eher in der Lage sind, der Position des anderen die angemessene Wertschätzung entgegen zu bringen. Juristisch ist dies grundsätzlich jederzeit möglich, bekannter ist der Ehevertrag vor der Heirat. Ist die Krise schon da, kann in bestimmten Einzelfällen eine Mediation helfen, im gemeinsamen Interesse der Kinder schonende Lösungen zu finden. Nie sollten Sie dabei darauf verzichten, alle Alternativen abzuwägen.


©Sibylle Cavar-Weigl, Reinald Harnisch

 

Reinald Harnisch ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht. Gemeinsam mit Sibylle Cavar-Weigl, ebenfalls Fachanwältin für Familienrecht, betreibt er das "anwaltskontor" in München, eine auf Familienrecht spezialisierte Kanzlei. Mehr Informationen finden Sie unter www.anwaltskontor.com

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