© Robert Kneschke - Fotolia.com

Diskussion ums Betreuungsgeld – Herdprämie oder sinnvolle Unterstützung von Familien?

Normalerweise geht es bei Streitigkeiten in der Politik ums Geld. Beim Betreuungsgeld stellt sich die Sachlage jedoch anders dar. Die Debatten über die neue Form der Familiensubventionen scheiden die Geister – besonders in den beiden christlich geführten Parteien Deutschlands.

Wohin gehört die Frau nun eigentlich? Ins Arbeitsleben? Oder doch besser nachhause, wo sie sich voll und ganz der Kindererziehung widmen kann? Das Betreuungsgeld lässt unterschiedliche Interpretationen zu. Für die CSU jedenfalls ist es ein Segen. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer zeigte sich erfreut über das Betreuungsgeld und sagte, es sei eine hochmoderne Lösung. Nicht wenige Frauen in der CDU sind da ganz anderer Meinung. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte ihre Skepsis und stellte klar, dass sie den Weg für falsch hält.

Es stellt sich die Frage, worüber genau eigentlich gestritten wird.

 

100 Euro für den Herd

Gegner haben schnell ein anderes Wort für das Betreuungsgeld gefunden: die Herdprämie. Für sie ist die Belohnung von 100 Euro im Monat für Mütter, die ihr Kind nicht in eine Kita abgeben, blanker Hohn. Im zweiten Jahr steigt der Betrag auf 150 Euro. Dabei geht es nicht nur ums Geld, sondern um grundsätzliche Fragen. War das Bild des Heimchens am Herd nicht schon lange verschwunden und nur eine blasse Erinnerung an die 50er Jahre? Durch das Betreuungsgeld kommt genau diese konservative Vorstellung wieder auf den Tisch. So die Kritiker des Betreuungsgeldes.

Befürworter halten dagegen, dass der demografische Wandel aufgehalten werden muss. Immerhin auf dem fünftletzten Platz sind die Deutschen, wenn es um den Nachwuchs geht. Durch das Betreuungsgeld soll die Lust am Kinderkriegen wieder geweckt werden. Doch womöglich stecken auch andere Ängste hinter dem Betreuungsgeld. Schließlich soll ab 2013 für jede junge Familie ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz wirksam werden. Das betrifft dann rund 750.000 Kinder. Tatsächlich hat aber das Statistische Bundesamt errechnet, dass für dieses ambitionierte Ziel derzeit noch über 230.000 Plätze fehlen.

 

Offene Fragen

Das Betreuungsgeld ist alternativlos. So sieht es zumindest die CSU in weiten Teilen. Dorothee Bär von den Christsozialen sagte bei einem Gespräch mit ihrem Chef Volker Kauder in die Runde, man würde allen drei Parteivorsitzenden in den Rücken fallen, wenn man sich jetzt gegen das Betreuungsgeld entscheide. Familienministerin Kristina Schröder würde ebenfalls Schaden nehmen. Rita Pawelski von der CDU konnte das kaum fassen und argumentierte heftig gegen die Kollegin aus der CSU. Zum Schluss flossen sogar Tränen.

Außenstehende Politiker gehen sachlicher an die Sache heran, verstehen aber auch nicht alles so genau. Umweltminister Norbert Röttgen beispielsweise fragte, wie man mit dem Betreuungsgeld in Bundesländern verfahre, die bereits Tagesmütter öffentlich förderten. Und ob es auch eine öffentliche Förderung wäre, wenn das Geld für Tagesmütter steuerlich abgesetzt werden könne. Antworten hatte niemand auf Röttgens Fragen. Aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wurde es zu bunt, er schimpfte, dass man diese Unterscheidung nicht auch noch machen könne. Die Runde ging auseinander, ohne ein Ergebnis präsentieren zu können.

 

Unübersichtlichkeit bei den Familiensubventionen

Die Liste der Familienförderungen ist lang. So lang, dass selbst Experten nicht mehr bis ins Detail verstehen, was wofür gedacht ist. Laut einem Bericht der Bundesregierung gab es bereits im Jahr 2008 insgesamt 157 Fördermaßnahmen und Subventionen für Familien. So gibt es beispielsweise

 

  • den Bildungsgutschein für Hartz-IV-Familien
  • das Elterngeld
  • den Geschwisterbonus
  • den Kinderzuschlag, den Kindererziehungszuschlag und den Kindererziehungsergänzungszuschlag.

Nun also noch das Betreuungsgeld. Allerdings gibt es genau damit ein grundsätzliches Problem. Und das heißt Elterngeld.

 

Betreuungsgeld versus Elterngeld

Im Zuge der Neugestaltung des Unterhaltsrechts hat der Gesetzgeber im Jahr 2008 den Anspruch auf einen Unterhaltsanspruch für die Betreuung des Kindes auf drei Jahre verkürzt. Nur so lange müssen geschiedene oder getrennte Väter also zahlen. Ziel des Elterngeldes war es, die Frauen zu ermutigen, so schnell wie möglich wieder im Beruf Fuß zu fassen. Das Betreuungsgeld zielt nun aber in die entgegengesetzte Richtung. Belohnt werden Frauen, die nicht arbeiten gehen. Harmonisch aufeinander abgestimmt wirkt all das nicht unbedingt.

 

Bargeld lacht nicht

Sämtliche Maßnahmen haben nicht dazu führen können, dass die Geburtenrate in Deutschland sich wieder besser darstellt. Das Betreuungsgeld ist ein weiterer Versuch, diese Entwicklung zu beeinflussen. Kritiker sagen jedoch, dass Geld keine Lösung ist. Ein Blick auf andere Länder mit besseren Geburtenraten scheint das zu bestätigen. So wurde beispielsweise in Frankreich, Schweden und Finnland schon in den 70er Jahren damit begonnen, den Ausbau der Kinderbetreuung auf ein hohes Niveau zu bringen. Inzwischen können diese drei Länder eine höhere Geburtenrate nachweisen.

Auch die meisten Eltern wollen lieber Sachleistungen als Bargeld. Einer Forsa-Umfrage zufolge wünschen sich 66 Prozent der Frauen zwischen 18 und 30 Jahren im Wesentlichen einen Betreuungsplatz für ihre Kinder zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr. Auch in den politischen Parteien sind Forderungen nach mehr Sachleistungen und Kita-Plätzen immer wieder zu hören, und zwar unabhängig vom Parteibuch. Nur eben nicht auf der letzten Entscheidungsebene.

Stattdessen werden aus Städten und Kommunen immer mehr Stimmen laut, die den Rechtsanspruch auf Kita-Plätze fallenlassen wollen. Bis zum Jahr 2013 ist es nicht mehr lang, die fehlenden Plätze stehen im Raum und die Parteien haben Angst. Angst davor, von den Bürgern verklagt zu werden. Auf die Kita-Plätze, die ihnen ab 2013 zustehen. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.