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Tipps für den Umgang mit hyperaktiven Kindern

Wenn es um den Umgang mit hyperaktiven Kindern geht, sind schnell lauter kluge Menschen zur Stelle, die meinen, die besten Tipps geben zu können. Schade für die betroffenen Eltern: die Empfehlungen fallen teilweise sehr unterschiedlich aus. Während die einen tatsächlich meinen, man könne Hyperaktivität ignorieren, favorisieren andere die Vergabe von Medikamenten, um das scheinbare Phänomen in den Griff zu kriegen. Den absoluten Ratgeber gibt es wohl nicht. Aber ein paar Dinge kann jeder umsetzen, um das Leben des hyperaktiven Kindes leichter zu machen. Und natürlich sich selbst.

Hyperaktivität - das ist eines der Worte in den letzten Jahren geworden, die sich in der Öffentlichkeit immer breiter gemacht haben. Kaum jemand wird ernsthaft bezweifeln, dass es hyperaktive Kinder gibt. Doch nicht selten werden familiäre Probleme auch als „gelöst“ betrachtet, indem die vermeintliche Diagnose Hyperaktivität gestellt wird. Die Folge ist oft die Einnahme von Medikamenten, die den Kindern helfen sollen. Aber erstens wirkt kein Medikament, wenn die Diagnose an der Wirklichkeit vorbei geht, das Kind also gar nicht hyperaktiv ist, sondern andere Ursachen der Grund für das besondere Verhalten sind. Und zweitens kann alleine das Vergeben von Medikamenten nicht als Lösung betrachtet werden. Wie aber verhält man sich am besten, wenn feststeht, dass man es mit einem hyperaktiven Kind zu tun hat?

 

Hyperaktivität – was ist das eigentlich?

Hyperaktive Kinder haben fast ständig das Bedürfnis, in Bewegung zu sein. Gleichzeitig sind sie bereits nach einer kurzen Zeitspanne nicht mehr imstande, sich zu konzentrieren. Auffällig ist auf der einen Seite der ausgeprägte Wunsch nach Sicherheit, Ordnung und Struktur. Auf der anderen Seite zeigen hyperaktive Kinder eine geringe Frustrationstoleranz und eine eingeschränkte Aufmerksamkeit. In vielen Fällen kommt ein eingeschränktes Selbstwertgefühl hinzu. Nimmt man diese Eigenschaften zusammen, bedeutet das durchaus eine Herausforderung beim richtigen Umgang mit hyperaktiven Kindern.

Klar, leicht und verständlich

Kinder, die hyperaktiv sind, sollten keineswegs als dumm bezeichnet werden. Trotzdem brauchen sie besondere Aufmerksamkeit, damit sie selbst aufmerksam sein können. Am besten sprechen Sie in kurzen und verständlichen Sätzen und vermeiden es, zu lange zu viel Inhalt zu kommunizieren. Die Aufmerksamkeit des Kindes können Sie erhöhen, indem Sie es anfassen, zum Beispiel die Hände in ihre legen. Die körperliche Berührung beruhigt das Kind und erleichtert es ihm, ihnen besser folgen zu können.

Wenn es darum geht, Aufgaben zu verteilen, sollten Sie darauf achten, diese in übersichtliche und kleine Einheiten aufzuteilen. Es macht in der Regel keinen Sinn, eine Art Fahrplan von Aufgaben aufzustellen, weil das Kind damit überfordert ist. Besser, Sie besprechen zunächst eine Aufgabenstellung und setzen diese dann mit dem Kind sofort um. Im besten Fall ist das Kind selbst dazu in der Lage. Im nächsten Schritt folgt die nächste Aufgabe. Was für Aufgaben gilt, betrifft auch den Tagesablauf insgesamt. Hyperaktive Kinder fühlen sich besser und sicherer, wenn der Tag klar strukturiert ist. Rituale kommen bei ihnen sehr gut an. Schwer dagegen tun sie sich mit häufig wechselnden Bezugspersonen, so wie es im Kindergarten oder in der Schule der Fall sein kann.

Sie werden ganz sicher nicht jedes mögliche Hindernis aus dem Weg räumen können, darum geht es auch gar nicht. Aber wenn Sie wissen, warum Ihr Kind nervös wird, sind Sie schon einen spürbaren Schritt weiter.

Keine Peitsche! Aber auch kein Zuckerbrot

Für hyperaktive Kinder gilt, was für andere Kinder auch gilt, nur brauchen Sie noch mehr Klarheit. Sie sollten daher möglichst auf ein paar Dinge achten:

  • Setzen Sie Grenzen und stellen Sie Regeln auf. Und: machen Sie deutlich, warum Sie wie agieren bzw. wieso Sie die Vorgaben machen. Für das Kind ist es leichter, sich an etwas zu halten, wenn es den Grund dafür nachvollziehen kann (das gilt selbstverständlich generell für Kinder).
  • Vermeiden Sie zu viele Reize. Ein hoher Lärmpegel, unübersichtlich viele Spielsachen oder eine überladene Raum-Deko macht ein hyperaktives Kind nervös und das trägt dazu bei, dass die Fähigkeit sich zu konzentrieren, abnimmt.
  • Schränken Sie den Bewegungsdrang nicht ein. Er ist ein Filter, um mit der eigenen Besonderheit besser zurechtzukommen. Schaffen Sie daher am besten Möglichkeiten, die ausreichend Bewegung möglich machen, zum Beispiel, indem Sie mit dem Kind turnen, in den eigenen Garten oder auf den Spielplatz gehen.

Zuwendung und Selbstständigkeit

Hyperaktive Kinder brauchen einerseits besondere Zuwendung. Das liegt nicht nur an ihrem Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung, sondern auch an ihrem teilweise gering ausgeprägten Selbstvertrauen. Daher ist es ratsam, auch Kritik vorsichtig zu äußern. Kommt diese beim Kind so an, als wäre es als Mensch insgesamt bereits in eine Schublade gesteckt worden, trifft das hyperaktive Kinder noch stärker als andere. Benennen Sie also das Fehlverhalten, vermeiden Sie aber Aussagen wie „Du bist aber auch ein Tollpatsch!“

Übertriebenes Behüten kann allerdings auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Es mag stimmen, dass hyperaktive Kinder unter einem Scheitern schneller und stärker leiden als andere Kinder. Erfahrungen müssen sie aber trotzdem machen. Samthandschuhe und ein ständiger Schutzschild, den Sie über das hyperaktive Kind halten, tragen nicht dazu bei, dass es sich positiv entwickeln kann.

Letztlich gelten all die genannten Beispiele natürlich für alle Kinder. Dennoch reagieren hyperaktive Kinder oft sensibler oder für Außenstehende unverständlicher. Was die Erfahrungen angeht, die ein Kind sammelt, gilt aber für alle das gleiche Prinzip: Erfahrungen kann man nicht vererben. Man muss sie machen.