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Wenn Kinder aggressiv werden

Aggression bedeutet Angriff. Aggressive Kinder richten ihren Zorn und ihre Zerstörungswut auf alles Mögliche: Andere Kinder oder Erwachsene, Tiere, Gegenstände oder auch sie selbst sind das Ziel. Warum werden Kinder aggressiv und was können Eltern dagegen tun?

Laut Erkenntnis der Entwicklungspsychologie ist das Gewaltpotential zweijähriger Kinder unverhältnismäßig hoch. Eltern erleben dies meist in der berüchtigten Trotzphase, in der die Kinder hemmungslos auf alles losgehen können, was ihrer Wunscherfüllung im Wege steht. In diesem Alter wird auch der Grundstock dafür gelegt, wie sich die Aggressionsbereitschaft eines Kindes weiterhin entwickelt bzw. wie gut es seine Wut und seinen Ärger kontrollieren lernt.

 

Wie entstehen kindliche Aggressionen?

Wut ist grundsätzlich ein positives Gefühl, da sie Kindern und später auch Erwachsenen hilft, sich gegen ungerechte Behandlung zu wehren. Aus diesem Grund sind auch aggressive Gefühle prinzipiell überlebenswichtig, denn nur wer in gewissem Maße wehrhaft ist, kann sich in der Welt behaupten. Die Anforderung an jedes Lebewesen ist es nun, im Zuge der Sozialisation diese Aggressionen im Zaum zu halten und ihre Energie nur dann zu nutzen, wenn es unbedingt erforderlich ist. Hilfreich ist hier die „eingebaute“ Aggressionshemmung, die vor allem Eltern gegenüber aktiv ist. Allerdings nur in dem Maß, in dem aggressives Verhalten des Kinders von den Eltern abgelehnt und reglementiert wird. Lassen Eltern dem Kind in seiner Wut allzu freien Lauf und erlauben sie Angriffe gegen sich selbst, wird diese Hemmschwelle immer niedriger und ein Kind wird zunehmend aggressiv.

Ein weiterer Aspekt, der kindliche Aggressionen fördert liegt darin, die Aufmerksamkeit der Eltern auf sich zu ziehen: Viele Eltern vergessen, ihr Kind zu loben, wenn es seine Hausaufgaben gemacht hat, den Müll freiwillig wegbringt oder prompt den gegebenen Anweisungen folgt. Dies wird als selbstverständlich hingenommen und nicht weiter kommentiert. Anders ist die Lage, wenn das Kind sich weigert, etwas zu tun. Die elterliche Aufmerksamkeit – wenn auch im negativen Sinne – ist dem Kind sicher.

Frustrationen und Misshandlungen führen aus Wut und Hilflosigkeit heraus oft ebenfalls zu aggressivem Verhalten und auch der Aspekt der Nachahmung darf nicht vergessen werden. Kinder, die in gewalttätigen Familien aufwachsen, neigen deutlich mehr dazu, selbst aggressiv zu werden.

Lösungsansätze bei aggressiven Kindern

Als Eltern eines aggressiven Kindes ist es in erster Linie erforderlich die Ursache für das Verhalten herauszufinden: Steht es gerade unter besonderem Stress? Die Gründe können belastende Familienereignisse oder Probleme in Schule und Kindergarten sein. Verhalten Sie sich als Eltern klar und konsequent? Auch Kinder, die keine Grenzen haben, verhalten sich oft aggressiv, einfach um irgendwann überhaupt an eine Grenze zu stoßen. Bekommt Ihr Kind genügend Aufmerksamkeit und Zuwendung? Kinder lernen schnell und negative Aufmerksamkeit ist ihnen lieber als gar nicht wahrgenommen zu werden.

Wenn die Ursache für das kindliche Verhalten eingegrenzt wurde, sind entsprechende Schritte erforderlich, um die grundlegende Situation für Ihr Kind zu verbessern. Darüber hinaus können Sie als Eltern Ihr Kind unterstützen und ihm helfen, mit seinen Aggressionen zurecht zu kommen:

  • Schenken Sie Ihrem Kind Aufmerksamkeit und Liebe und schaffen Sie Zeiten, in denen nur das Kind im Mittelpunkt steht.
  • Schaffen Sie klare Regeln, die liebevoll, aber konsequent eingehalten werden. Kinder, die sich in festen Grenzen bewegen, neigen weniger zur Aggression, weil sie sich sicherer fühlen.
  • Geben Sie Ihrem Kind Anweisungen, die es verstehen kann. Befolgt es diese, wird es gelobt, weigert es sich, folgen Sanktionen, die allerdings mit der Verweigerung in Zusammenhang stehen sollten: Werden die Hausaufgaben nicht erledigt, wird das abendliche Fernsehprogramm gestrichen.
  • Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind seine Energien abbauen kann. Körperliche Bewegung im Freien, Rennen, Toben, Schreien – all das hilft Ihrem Kind, sich auszuleben, ohne dass das Verhalten in Aggression umschlägt. Auch die Anmeldung in einem Kampfsportverein kann helfen, Aggressionen loszuwerden und sie gleichzeitig zu kontrollieren.
  • Zeigen Sie Ihrem Kind durch eigenes Verhalten, wie es seine Wünsche durchsetzen kann, ohne gewalttätig zu werden. Reden Sie miteinander, formulieren Sie Wut und Ärger in klaren, nicht verletzenden Worten und entschuldigen Sie sich, wenn Sie einen Fehler gemacht haben.
     

Als hilfreich wird von vielen Psychologen und Pädagogen das sogenannte Triple P Elternprogramm eingeschätzt. Bei diesem Programm lernen Eltern Methoden, um eine positive Bindung mit ihrem Kind aufzubauen, schwierige Situationen liebevoll zu meistern und den Stress innerhalb der Familie zu verringern.

Wenn Ihr Kind aggressiv ist und das über mehrere Monate hinweg, sollten Sie nicht zögern, sich professionelle Hilfe zu holen. Denn die Situation macht niemanden glücklich und Kinder sind nicht in der Lage, sich selbst aus dieser Abwärtsspirale aus Wut, Angst und Zerstörung zu befreien.