Die Redaktion von vaterfreuden.de bat mich, auch einmal etwas darüber zu schreiben, was am Vatersein weniger schön ist.
Das war zumindest mein erster Gedanke. Doch bei näherer Betrachtung der Sachlage gibt es schon einige Dinge, die manchmal nerven oder eben ohne Kinder wesentlich leichter wären. Genauer gesagt, sind es ein paar Kleinigkeiten und eine größere Sache, die mich ein Leben lang begleiten wird.
Kleiner Ärger, große Sorgen - Die Kehrseite des Vaterseins
Mit einem Baby ändert sich so ziemlich alles. Da erzähle ich Vätern und denen, die es werden wollen, sicher nichts Neues.
Angefangen bei den elterlichen Schlafphasen, welche sich in der ersten Zeit nach der Geburt dramatisch verkürzen, über die (mitunter) daraus resultierende Gereiztheit am kommenden Tag bis hin zum einen oder anderen partnerschaftlichen Disput hatten natürlich auch wir mit den anfänglichen Tücken des Elternseins zu kämpfen. Und dass sich die Momente der ungestörten Zweisamkeit anfangs auf ein Minimum reduzierten, war auch nicht immer einfach.
Das Baby bestimmt das Leben
Gerade in der ersten Zeit mit einem Baby beherrschen starre Zeitstrukturen den Alltag. Essen, schlafen – alles ist geregelt und lassen kaum Raum für spontane Unternehmungen. Ob nun zu zweit oder auch mit Freunden - ein gutes Stichwort übrigens.
Ich würde zwar nicht so weit gehen und sagen, dass wir durch die Geburt unserer Kinder Freunde verloren hätten. Aber der Kontakt zu einigen ist deutlich weniger geworden. Ganz besonders zu denjenigen, die noch keine Familie gegründet haben. Das liegt zum einen am fehlenden Verständnis der alten Wegbegleiter, aber auch daran, dass man sich mit der eigenen Familie eine Art Mikrokosmos schafft, in dem für einige der früheren Freundschaften kein Platz oder auch einfach keine Zeit mehr ist.
Mittlerweile sind unsere Kinder aus dem Gröbsten heraus und der Alltag hat Einzug gehalten. Ein Alltag, der schön ist – aber eben auch manchmal anstrengend. Denn ein geregeltes Familienleben geht eindeutig auch zulasten der persönlichen Freiheit. Die Zeit, nur für sich selbst, ist knapp geworden und muss so manches Mal hart erkämpft werden.
Teuer ist so ein Familienleben auch. Denn Kinder sind kleine, Geld verschlingende Monster. Etwa 120.000 Euro kostet ein Kind die Eltern, bis es erwachsen ist - ohne Ausbildungskosten. Und bereits jetzt hege ich den leisen Verdacht, dass wir diese statistische Summe um Längen überbieten werden.
Die Kinder werden größer und bringen neue Herausforderungen mit sich
Noch sind unsere Kinder recht klein, und so manches Ärgernis steht uns sicher noch bevor. Die Pubertät, zum Beispiel, von der ich schon so viel „Schreckliches“ gehört und gelesen habe. Oder der erste Kontakt mit Alkohol und Zigaretten. Vielleicht sind es auch die falschen Freunde. Was auch immer es ist: Einige Probleme sind vorprogrammiert und daher unumgänglich.
Apropos falsche Freunde: Ich darf noch gar nicht daran denken, wenn meine Tochter den ersten „richtigen“ Freund mit nach Hause bringen wird. Auf meine Reaktion bin ich selbst gespannt. Vermutlich wird er mir nicht gefallen.
Wissen Sie, was Bruce Willis einmal geantwortet hat, als er gefragt wurde, was er denn tun würde, wenn irgendwelche Verehrer seinen (damals noch minderjährigen) Töchtern zu nahe kommen würden? Er sagte: „Den Ersten bringe ich um, und dann hoffe ich, dass es sich herumspricht.“ Guter Mann. Ich verstehe ihn absolut.
Wie dem auch sei, es gibt sicher noch ein paar weitere Dinge, die manchen Vater mehr oder weniger stören. Doch eines haben alle gemeinsam: Sie gehören dazu, wenn man sich für ein Kind entscheidet. Und vor allem - sie gehen irgendwann vorbei. Es sind quasi nur temporäre Schattenseiten, wenn man sie denn überhaupt als solche bezeichnen kann.
Was allerdings nie endet, sind die Sorgen, die sich verständlicherweise alle Eltern um die eigenen Kinder machen. Und genau das meine ich mit der „einen großen Sache“, von der ich anfangs sprach.
Sorgen ohne (ein) Ende
Ich bin ganz sicher kein übervorsichtiger Vater. Meine Kinder sollen sich ausprobieren dürfen, ob auf dem Klettergerüst, beim Fahrradfahren oder wo auch immer. Selbst wenn mir das Hinschauen manchmal schwerfällt. Tränen, blaue Flecke oder vielleicht sogar ein gebrochener Arm gehören nun einmal zum Kindsein dazu. Meine Frau und ich sind aber immer in der Lage, notfalls helfend einzugreifen oder gar Schlimmeres zu verhindern, denn zumindest einer von uns ist immer an ihrer Seite.
Meine Sorge gilt eher den Dingen, worauf ich keinen Einfluss habe. Was nützt all mein Vertrauen in unsere Kinder, wenn sie von einer lebensbedrohlichen Krankheit betroffen wären? Was bringt die beste Erziehung, wenn sie irgendwann in ein Auto gezerrt oder von einem Betrunkenen angefahren werden?
War es früher besser?
Die heutige Welt kommt mir in vielerlei Hinsicht gefährlicher vor wie die Zeit, als ich selbst ein Kind war. Viele Medienberichte tragen dazu bei. Doch glaubt man der Statistik, so ist sie es in Wirklichkeit nicht. Lediglich im Straßenverkehr haben wir mehr Anlass zur Sorge als unsere Eltern damals.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich ein Kind war. Ich blieb lange draußen, spielte Fußball, Räuber und Gendarm oder fuhr mit dem Fahrrad zum Badesee. Schon in jungen Jahren ohne Aufsicht. Für mich war das selbstverständlich. Meine Eltern haben mich gut erzogen und konnten mir vertrauen. Von Angst ihrerseits habe ich nie etwas gespürt, auch wenn sie mich sicherlich das eine oder andere Mal mit einem mulmigen Gefühl haben ziehen lassen.
Doch nun bin ich selbst Vater; verantwortlich für zwei Menschen, die ein Teil von mir sind. Von der einstigen, jugendlichen Sorglosigkeit ist nicht mehr viel übrig geblieben. Der Beschützerinstinkt in mir hat ganz klar die Oberhand gewonnen. Und damit auch die tägliche Sorge, die mit zunehmender Selbstständigkeit meiner beiden Kinder nicht weniger wird.
Gefahren – scheinbar überall
Liebe Leserinnen und Leser, sicher erinnern sich viele von Ihnen noch an den Fall Mirco aus Grefrath, der erst unlängst die Schlagzeilen beherrschte. Der Junge galt lange Zeit als vermisst und wurde schließlich tot aufgefunden. Auch ihm haben seine Eltern mit Sicherheit beigebracht, „Nein!“ zu sagen und gegenüber Fremden misstrauisch zu sein. Aber er war machtlos gegen einen Mann, der eines Tages beschloss, dem Leben des 11-jährigen ein Ende zu setzen. Ein Zufallsopfer, wie sich herausstellte.
Sicher, dies mögen Ausnahmefälle sein. Aber es kann doch jeden treffen. Egal, ob in der Großstadt oder auf dem Land. Und insofern werden mich auch rückläufige Verbrechenszahlen nie beruhigen können.
Noch sind meine Kinder nicht in dem Alter, wo sie darauf bestehen, einmal allein zur Schule oder zum Einkaufen zu gehen. Obwohl ich es meiner 7-jährigen Tochter ohne jeden Zweifel zutrauen würde. Dennoch, dieser Tag wird kommen. Und dann werde ich lernen müssen, Stück für Stück loszulassen, selbst wenn das nicht einfach wird. Momentan bin ich davon noch Lichtjahre entfernt. Aber auch meine Kinder sollen sich später einmal an das Gefühl von Selbstständigkeit und Freiheit in ihrer Kindheit erinnern können. Ich möchte ihnen kein Gefühl von Angst vermitteln, so dass ihnen die Welt böse und gemein vorkommt. Sie sollen sich zu selbstbewussten Menschen entwickeln. Und das klappt am besten, wenn sie auch ihre Umwelt als gut wahrnehmen.
Eines wird jedoch immer bleiben: Die Sorge, ja manchmal Angst, um ihr Wohlergehen.
Und selbst, wenn sie längst erwachsen sind, wird sich das nicht ändern. Niemals.
Aber ich glaube, das geht wohl allen Eltern so.
P.S.: Kürzlich las ich ein Interview mit Til Schweiger. Befragt nach seinen Ängsten in Bezug auf seine Kinder antwortete er Folgendes:
„Ich hab immer Sorgen um sie. Das ist ja das Doofe an einem Kind. Wenn es geboren wird, dann hat man ja zwei Gefühle: Das eine ist diese unendliche, unerschütterliche Liebe – was ein ganz tolles, großartiges Gefühl ist, das schönste auf der Welt. Und gleichzeitig hat man unendliche Angst, dass dem Wesen was passieren könnte.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Der Autor:
Daniel Polzer arbeitet als freiberuflicher Texter und Werbetexter.
Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt er in Leipzig.