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Steuerfragen bei Trennung und Scheidung – was Betroffene wissen sollten

Die meisten Betroffenen sind nach einer Trennung emotional stark belastet und müssen sich dann auch noch mit allerlei Rechtsfragen rund um Unterhalt, Sorgerecht und Vermögen auseinandersetzen. Nicht vergessen sollte man bei alledem aber auch die Steuerfragen, denn diese können sehr weitreichende finanzielle Folgen haben.

Beim Stichwort „Kosten einer Scheidung“ denken viele in erster Linie an hohe Anwalts- und Gerichtskosten. Dabei sind es häufig die steuerlichen Aspekte, die  – wenn sie klug angegangen werden – das größte Sparpotenzial bieten. Unser Autor hat recherchiert und berichtet über die wichtigsten steuerlichen Problemfelder bei Trennung und Scheidung.

 

Scheidungskosten steuerlich absetzen

Wer keinen Anspruch auf die staatliche Verfahrenskostenhilfe hat, wird für eine Scheidung eventuell sehr viel Geld bezahlen müssen. Während man früher sämtliche Kosten problemlos in der Einkommensteuererklärung geltend machen konnte, ist diese Möglichkeit seit 01.07.2013 infolge einer Gesetzesänderung entfallen. Die Finanzämter erkennen Scheidungskosten seitdem nicht mehr an, weil nur noch existenzbedrohende Rechtsstreitigkeiten steuerlich berücksichtigt werden sollen. Hierzu zählt eine Scheidung nach Meinung des Gesetzgebers aber nicht.

Erfreulicherweise sind zwischenzeitlich einige Urteile von Finanzgerichten ergangen, die Scheidungskosten trotz der geänderten Rechtslage anerkennen. Allerdings handelt es sich dabei um Einzelfallentscheidungen, die von den Finanzämtern leider nicht allgemein angewendet werden. Etliche dieser Verfahren sind als Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) gelandet, der sich nun höchstrichterlich mit dem Thema befassen muss. Ob die Rechtslage nach einem steuerzahlerfreundlichen Urteil wieder geändert wird, bleibt abzuwarten.
•    BFH, Az. VI R 16/13
(für Zeiträume vor dem 01.07.2013)
•    BFH, Az. VI R 66/14
(Ausgangsverfahren: Finanzgericht Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 16.10.2014, Az. 4 K 1976/14)
•    BFH, Az. VI R 81/14
(Ausgangsverfahren: Finanzgericht Münster,
Urteil vom 21.11.2014, Az. 4 K 1829/14E)

Praxistipps:

Geben Sie Scheidungskosten weiterhin als außergewöhnliche Belastung in der Steuererklärung an. Wenn das Finanzamt diese erwartungsgemäß streicht, können Sie gegen den Bescheid einen Einspruch einlegen und sich auf eines der oben genannten Verfahren berufen. Der Bescheid bleibt dann in diesem Punkt „offen“ und Sie bekommen – falls der BFH positiv entscheiden sollte – automatisch einen geänderten Bescheid.

Scheidungskosten wirken sich – ähnlich wie Krankheitskosten – nur dann steuermindernd aus, wenn ein bestimmter jährlicher Selbstbehalt überschritten wird. Begleichen Sie deshalb sämtliche Rechnungen möglichst im gleichen Kalenderjahr und vermeiden Sie Ratenzahlungen.

Gemeinsame Steuererklärung

Ehepaare können sich gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagen lassen, wenn sie im betreffenden Kalenderjahr mindestens einen Tag zusammengelebt haben. Durch den Splittingtarif werden dann häufig erheblich weniger Steuern als bei einer Einzelveranlagung fällig. Überspitzt ausgedrückt könnte man also sagen: Wer seinen Partner bei der Silvesterfeier beim Seitensprung erwischt, sollte aus steuerlichen Gründen noch den Neujahrstag vergehen lassen, ehe er die Trennung offiziell macht.

•    Wollen beide Ehegatten die Zusammenveranlagung, wird das Finanzamt diese auch  durchführen. Gab es während des Trennungsjahres einen ernsthaften Versöhnungsversuch, kann man damit eventuell noch ein weiteres Jahr die Zusammenveranlagung „retten“. Macht man jedoch diesbezüglich vorsätzlich falsche Angaben gegenüber der Behörde, erfüllt das den Tatbestand der Steuerhinterziehung.

•    Weigert sich ein Ehegatte, die gemeinsame Steuererklärung zu unterschreiben, sind dem Finanzamt zunächst die Hände gebunden, weil es sich dabei um einen zivilrechtlichen Anspruch handelt. Dieser muss notfalls vor dem Familiengericht eingeklagt werden. Wer durch die Zusammenveranlagung keine finanziellen Nachteile erleiden würde (z. B. mangels eigener Einkünfte) ist zur Zustimmung verpflichtet. Ansonsten stehen die Erfolgsaussichten einer solchen Klage recht gut, wenn derjenige Partner, der die Zusammenveranlagung verlangt, dem anderen die dadurch entstehenden finanziellen Nachteile ersetzt. Verweigert ein Ehegatte dennoch grundlos die Zustimmung, macht er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Zusammenveranlagung aus steuerrechtlichen Gründen (z. B. Verjährung, Bestandskraft) nicht mehr möglich ist.

Lohnsteuerklassen und -freibeträge

Eines vorweg: Man kann keine Steuern sparen, indem man Lohnsteuerklassen wechselt oder sich irgendwelche Freibeträge eintragen lässt. Schließlich ist die Lohnsteuer keine eigenständige Steuer, sondern nur eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, für die man bekanntlich jedes Jahr eine Erklärung abgeben muss. Die Steuerlast lässt sich also bestenfalls zeitlich verschieben.

•    Nach einer Trennung bleiben die bisherigen Steuerklassen 4/4 oder 3/5 zunächst bestehen. Auf Antrag eines Ehegatten ist ein Wechsel möglich. Erst ab dem 01.01. des Folgejahres werden beide Partner wieder in Steuerklasse 1 eingereiht und damit wie Alleinstehende behandelt. Auf die jährliche Steuerlast gesehen ist das jedoch unproblematisch, weil diese sich mit der Veranlagung stets wieder ausgleicht. Unterhaltspflichtige mit Steuerklasse 3 (= geringe Steuerabzüge) sollten allerdings nach einer Trennung möglichst schnell in die Steuerklasse 4 (identisch mit Steuerklasse 1) wechseln. Eine falsche Steuerklasse kann nämlich den Unterhalt künstlich in die Höhe treiben, weil dieser nach dem Nettoeinkommen der letzten 12 Monate berechnet wird. Anders ausgedrückt: Wer nach einer Trennung in Steuerklasse 3 verbleibt, muss im ungünstigten Fall nicht nur eine Steuernachzahlung leisten, sondern schuldet obendrein auch noch mehr Unterhalt.

•    Beim Kinderfreibetrag gilt, dass ab dem auf die Trennung folgenden Kalenderjahr jeder Elternteil einen halben Freibetrag bekommt. Allerdings sind Diskussionen um Kinderfreibeträge in den meisten Fällen ohnehin sinnlos, weil diese kaum eine Auswirkung auf das Nettogehalt haben. Man bekommt nämlich entweder Kindergeld oder Kinderfreibetrag. Das monatliche Kindergeld ist dabei nichts anderes als eine Vorauszahlung auf den jährlichen Kinderfreibetrag, wobei das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung automatisch eine Günstigerprüfung vornimmt.

Unterhalt steuerlich absetzen

Wer Unterhalt für ehemalige Partner oder Kinder bezahlt, kann diesen – wenn auch nur eingeschränkt – steuermindernd absetzen.

•    Ehegattenunterhalt (Trennungsunterhalt und Nachscheidungsunterhalt) ist bis maximal 13.805 Euro im Kalenderjahr als Sonderausgabe abzugsfähig („Realsplitting“). Erstmalig ist das in dem Kalenderjahr möglich, in dem keine Zusammenveranlagung mehr erfolgt. Hierzu muss man die „Anlage U“ mit der Einkommensteuererklärung einreichen, die von beiden Ehegatten unterschrieben sein muss. Die Zustimmung des Unterhaltsempfängers ist notwendig, weil dieser den erhaltenen Unterhalt bei sich als Einkommen versteuern muss. Wer seinem Expartner zusichert, ihm sämtliche finanziellen Nachteile des Realsplittings zu ersetzen, wird diese Unterschrift normalerweise auch bekommen. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Zahlungen ohne Zustimmung des Unterhaltsempfängers bis zu 8.472 Euro im Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastung (§ 33a EStG) geltend zu machen. In diesem Fall würde aber das eigene Einkommen des Expartners auf den Höchstbetrag angerechnet werden, was den Steuerspareffekt häufig verpuffen lässt.

•    Kindesunterhalt kann man hingegen nicht steuerlich geltend machen, weil dieser mit dem Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag bereits als abgegolten gilt. Lediglich bei Kindern, für die kein Anspruch mehr auf diese Leistungen besteht, kommt ein Abzug als außergewöhnliche Belastung (§ 33a EStG) wie beim Ehegattenunterhalt in Betracht.

Praxistipps:

Geben Sie die Zusicherung an den Expartner, ihm die finanziellen Nachteile durch das Realsplitting auszugleichen, keinesfalls leichtfertig ab. Denn damit ist durchaus nicht gemeint, dass Sie lediglich eine eventuelle Steuernachzahlung übernehmen müssen. Vielmehr können sich auch noch zahlreiche andere negative Auswirkungen (z. B. Steuerberatungskosten, Verlust des Anspruches auf staatliche Leistungen wie etwa Arbeitnehmersparzulage oder Wohnungsbauprämie infolge des höheren Einkommens, Krankenversicherungsbeiträge) ergeben , für die Sie ebenfalls einstehen müssen. Rechnen Sie also sorgfältig nach, wovon Sie unterm Strich mehr profitieren.

Falls Sie unterhaltspflichtig sind, sollten Sie zudem beachten, dass eine höhere Steuererstattung infolge des Realsplittings auch zu mehr Unterhalt führen kann. Denn das unterhaltsrelevante Einkommen richtet sich auch nach den tatsächlich gezahlten Steuern. Sehen Sie also nicht nur die höhere Erstattung, sondern bedenken Sie alle Folgen.

Steuererstattungen und -nachzahlungen

Es ist nachvollziehbar, dass getrenntlebende Ehepaare durch eine gemeinsame Einkommensteuererklärung weniger Steuern bezahlen wollen. Ebenso verständlich ist aber auch, dass jeder Ehegatte zwar möglichst viel von einer Erstattung abbekommen, aber anderseits nicht für Nachzahlungen haften möchte. Es stellt sich daher die Frage, wie eine Nachzahlung oder Erstattung unter den Eheleuten aufzuteilen ist.

•    Handelt es sich um eine Alleinverdienerehe, entfällt eine Erstattung bzw. Nachforderung ausschließlich auf den Ehepartner, der die steuerpflichtigen Einkünfte erzielt hat.

•    Bei einer Doppelverdienerehe kommen verschiedene Aufteilungungsmethoden in Betracht. Beispielsweise könnte man jedem Ehegatten einfach die Hälfte zurechnen. Die wohl gerechteste Methode ist, dass man zunächst ausrechnet, wieviel Einkommensteuer jeder von beiden bei einer fiktiven Einzelveranlagung zahlen müsste. Anschließend überträgt man das Ergebnis dieser Berechnung auf die Zusammenveranlagung. Abschließend bringt man noch die bereits geleisteten Vorauszahlungen (Lohnsteuer, vierteljährliche Vorauszahlungen) in Abzug.

Beispiel:
Die tarifliche Einkommensteuer wurde mit 10.000 Euro festgesetzt. Bei getrennter Veranlagung ergäben sich 12.000 Euro. Während der Ehemann vierteljährliche Vorauszahlungen von insgesamt 5.000 Euro gezahlt hat, wurde der Ehefrau Lohnsteuer von 2.000 Euro einbehalten.

Praxistipp:

Das Finanzamt betrachtet auch getrenntlebende Ehegatten als Gesamtgläubiger und kann Erstattungen mit schuldbefreiender Wirkung an nur einen Ehepartner leisten. Landet das Geld aus irgendeinem Grund auf dem falschen Konto, ist die Behörde aus dem Schneider und man muss die Erstattung ggf. zivilrechtlich vor dem Familiengericht vom Partnerzurückfordern. Teilen Sie dem Finanzamt also nachweislich und formlos mit, dass Ihr Anteil am Guthaben auf Ihr eigenes Konto fließen soll. Wenn Sie nach einer Trennung noch Vorauszahlungen überweisen, sollten Sie zudem kenntlich machen, dass Sie diese nur für eigene Rechnung leisten wollen.

Umgekehrt stellen getrenntlebende Ehegatten für den Fiskus aber auch Gesamtschuldner dar, die für gemeinsame Steuerschulden gemeinschaftlich haften. Das Finanzamt kann sich also aussuchen, bei wem es sich sein Geld holt. Dabei wird es sich an den finanziell leistungsfähigeren Ehepartner halten. Wenn Sie das vermeiden wollen, können Sie einen Aufteilungsbescheid beantragen (§ 268 ff. AO). Die Behörde kann von Ihnen dann nur den Anteil an der Nachzahlung verlangen, der auf Sie selbst entfällt.

Randthema: Abfindungen beim Versorgungsausgleich

Bei jeder Scheidung wird auch ein Versorgungsausgleich durchgeführt, der unterschiedliche Rentenanwartschaften während der Ehezeit ausgleichen soll. Wer mehr Rentenansprüche erworben hat, muss dem anderen die Hälfte davon abgegeben. Spürbar  wird der Versorgungsausgleich aber erst beim Renteneintritt, wenn man weniger Rente ausbezahlt bekommt. Manchmal wird vereinbart, dass solche Ausgleichsansprüche sofort bei der Scheidung mit einer Abfindungszahlung abgegolten werden.

Aus steuerlicher Sicht kann sich eine Einmalzahlung durchaus lohnen, weil man diese im Jahr der Zahlung als vorweggenommene Werbungskosten abziehen kann. Allerdings nur, sofern es sich dabei um Versorgungsbezüge handelt, die später einmal steuerpflichtig sind – also Beamtenpensionen und Werksrenten. Andernfalls würde eine Doppelbesteuerung erfolgen: schließlich wird die Abfindung aus bereits versteuertem Einkommen bezahlt und die Altersbezüge werden später einmal der vollen Steuerpflicht unterliegen.

•    BFH vom 08.03.2006 - IX R 78/01 und IX R 107/00