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Wenn Sohnemann den Papa abzieht - Über einen 4-jährigen, seinen Vater und die Carrera-Rennbahn

Gerade zwischen Vätern und ihren Söhnen gibt es auch immer einen Wettbewerb. Die Kids wollen sich mit dem Papa messen und ihm Paroli bieten. Väter sind in der Regel stolz, wenn der Nachwuchs es ihnen schwer macht. Oft lassen sie die Kids auch gewinnen. Aber nicht für alle Väter ist es leicht zu verkraften, wenn die Kinder sie übertrumpfen – und sei es nur im Spiel.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag im Dezember letzten Jahres, als mich meine Frau in ein Spielwarengeschäft mitnahm, um „mal zu schauen, was die so haben“. Es war eines dieser eher kleinen Spielwarengeschäfte mit altem Flair, ähnlich wie ich sie seinerzeit als kleiner Junge selbst erlebt hatte. Zeit vergeht aber auch dort nicht schneller durch Rumstehen und Warten, also durchforstete ich die komplette untere Etage nach interessanten Dingen, denn wir wollten ja schließlich Weihnachtsgeschenke für unsere zwei Kinder (Sohn 4 Jahre und Tochter 7 Jahre) kaufen. Die beiden hatten ganz viele Dinge auf Ihre Wunschzettel geschrieben, aber bekanntlich hilft ja viel Auswahl nicht immer bei der Kaufentscheidung. Nach knapp fünf erfolglosen Minuten spazierte ich dann gedankenverloren die Treppe in den oberen Bereich hinauf und stand plötzlich vor einer riesigen Auswahl an Carrera-Komplettsets, Erweiterungen, Zubehör und noch mehr Zubehör. 

 

Gesehen und gekauft

Ein älterer Verkäufer erkannte wohl den Ausdruck, den er die letzten 30 Jahre Tag für Tag in Gesichtern von kleinen Jungs wahrnahm, und der die Basis für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch mit den jeweiligen Vätern darstellte.  Es folgte eine ausführliche Erklärung der aktuellen Carrera-Systeme, die mich nachhaltig beeindruckte. Ich legte mich auf das Carrera GO!!! System fest. Der Heilige Abend kam und besonders unser Sohn flippte aus, als er das Carrera-Paket sah. Den Rest des 24. Dezembers zeigte er erst einmal nur noch Interesse für den roten Flitzer, der umgehend über das Laminat geschoben bzw. eher gekratzt wurde. „Mist“ dachte ich mir im Stillen, ignorierte aber gekonnt den Blick meiner Frau, die mir non-verbal sagen wollte, dass der Butjer dafür noch nicht alt genug sei. Es mag an der schwachen Erinnerung an meine Kindheitstage oder aber tatsächlich am Qualitätsunterschied des heutigen Spielzeugs zur Variante aus den 80er-Jahren liegen, aber beim Aufbau der Bahn schwand doch ein klein wenig mein Vertrauen in die mir vermeintlich bekannte Materialqualität einer Carrera-Bahn. Wie auch immer: Der „Weihnachtsmann“ hatte das Ding gebracht, die Kinder wollten unbedingt damit spielen und meine Frau ermahnte mich zu Gelassenheit. Da stand nun die Bahn - fertig aufgebaut wie es die Anleitung vorsah, mit zwei  Loopings und Steilkurven.

 

Aller Anfang ist schwer

Die erste Testfahrt durfte ich als Papa höchstpersönlich absolvieren – doch was die pure Freude hätte werden sollen, entpuppte sich als großes Frusterlebnis. In jeder zweiten Kurve flog das Fahrzeug – auch ohne Betätigung des hochmodernen Turboknopfes – aus der Spur und auch den Looping schaffte mein Auto nicht fahrend, sondern maximal schlitternd. Aber egal, ich wollte die Kinder einfach spielen lassen, denn sie störte es kein bisschen, dass ihre Fahrzeuge permanent aus der Bahn flogen. Vielleicht machten Sie sich auch einen Spaß daraus, dass der Papa wie ein Balljunge beim Tennis permanent hin und her flitzte, um schnell die Fahrzeuge wieder auf die entsprechende Spur zu setzen. So hatte ich also doch noch meinen Spaß - und Bewegung gleich dazu. Nach etwa einer Stunde war die erste Carrera-Ausfahrt für die Kinder beendet, denn Weihnachten kann manchmal ganz schön anstrengend sein – für Kinder und für Eltern. 

 

Eine Niederlage nach der anderen

Doch am nächsten Morgen gegen 6.30 Uhr war der erste Weg von unserem Sohn – Sie ahnen es bestimmt schon – schnurstracks zur Rennbahn und seinem Lieblingsauto, dem roten Audi. Einige Zeit später stieß ich dazu, während die beiden Frauen im Haushalt noch schliefen. Das war die Gelegenheit für spannende und ungestörte Zweikämpfe mit kleinen Rennautos zwischen Vater und Sohn – so etwas kann ja auch das viel zitierte „Papa-Sohn-Verhältnis“ stärken. Ich nahm mit meinem blauen BMW zivilisiert vor Kurven das Gas weg, zirkelte vorsichtig durch die Steilwand, damit mein Wagen die Bodenhaftung nicht verlor. Und manchmal fuhr ich auch bewusst etwas langsamer, um den gegnerischen Rennwagen an den Engstellen vorbeizulassen, damit ich möglichst viele Runden unbeschadet drehen konnte. Doch mein vierjähriger Sprössling hatte ganz andere Vorstellungen von Autorennen: Er raste am Limit durch die Steilwände und drückte immer wieder den Turboknopf, um vor dem Looping noch zu beschleunigen. Und was mich schockte, es funktionierte besser als meine Taktik. Immer 60 Runden waren zu fahren und so lauteten die Ergebnisse aus meiner Sicht: 42:60, 45:60, 48:60, 50:60, 47:60 – nach fünf verlorenen Rennen hatte ich keine Lust mehr und sagte als Ausrede zu unserem Sohn: „Lass uns mal eine Pause machen und Mama wecken!“ 

 

Ein Plan muss her

Nur widerwillig stimmte er zu und quasi den ganzen Tag übte er weiter an „seiner“ Technik und zog mich vor dem ins Bett bringen noch zweimal deutlich ab. Ich zweifelte immer stärker an meiner Hand-Auge-Koordination und fragte mich, was ich machen könnte, um die Kräfteverhältnisse endlich wieder gerade zu rücken. Schließlich bin ich 38 Jahre alt, seit 20 Jahren unfallfrei am Steuer eines richtigen Autos und habe als Kind schon die Carrera-Rennbahn beherrscht. „Papa, fahren wir morgen wieder ein Rennen?“ „Aber klar doch“, antwortete ich meinem Sohn und dachte bereits daran, was ich machen würde, wenn der kleine Knirps in Kürze glücklich eingeschlummert wäre. An Schlaf war für mich nicht zu denken, denn mir stand eine lange Trainingseinheit an der neuen Carrera-Rennbahn bevor, denn so konnte es definitiv nicht weitergehen...

 

Autor: Oliver Mumm