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Väter und ihre Söhne - eine ganz besondere Beziehung

Direkt nach der Geburt ist es die Mutter, die das Neugeborene als Erstes in den Armen hält. Der Vater spielt zunächst die zweite Geige. Doch wenn der Nachwuchs ein Junge ist, kommt auf den Vater einiges zu. Als Papa, als Vorbild, als Mann. Und natürlich als „Held“.

Ein Vater ist im Laufe seines Lebens genaugenommen „mehrere Väter“. Schließlich braucht ein Kleinkind ganz andere Dinge als ein Schulkind, ein Junge, der in die Pubertät kommt oder ein junger Erwachsener. So gesehen steht der Vater immer wieder vor neuen Herausforderungen. Vorbild muss er im Grunde immer sein. Aber wenn der Sohn noch kleiner ist, fällt das oft deutlich leichter als später, wenn der Blick des Sohnes sich verändert. Auch der auf den Vater.

 

Gewitter im Wald

Was für einen Erwachsenen ein eindrucksvolles Naturschauspiel sein mag, kann für einen Vierjährigen zu einer Erfahrung fürs Leben werden. Gerade eben noch haben Sie vielleicht mit Ihrem Kleinen Lieder gesungen, sind über Stock und Stein gelaufen und haben ihm erklärt, was für Tiere es im Wald gibt. Im nächsten Moment beginnt es zu donnern. Jetzt müssen Sie Gelassenheit ausstrahlen, Sie sind derjenige, der dem kleinen Mann die Angst vor dem Gewitter nehmen muss. Das ist keine große Sache, aber sie hat eine große Wirkung. Ein beängstigendes Gewitter in einem dunklen Wald, krachende Donner und helle Blitze können dazu führen, dass ein Junge von vier Jahren noch lange Zeit daran zu knabbern hat. Oder aber, dass er selbst viele Jahre später noch mit einem Lächeln daran zurückdenkt, wie Sie ihn beruhigt haben.

Ausflug ohne Abmeldung

Für kleine Jungs sind Väter eigentlich immer Helden. Sie sind groß, sie sind stark, sie können alles schaffen, kein Hindernis kann sie daran hindern. Aber Söhne werden nun einmal auch älter. Und wenn Sie es mit einem Zwölf- oder Dreizehnjährigen zu tun haben, kann es schon passieren, dass Ihre Heldenrolle nicht mehr im Vordergrund steht. Zumal Ihr Sohn inzwischen beginnt, die ersten eigenen Wege zu gehen. Irgendwann kommt fast immer der Punkt, dass Söhne länger wegbleiben, als sie eigentlich sollten. Dass man sich Sorgen macht, zum Telefon greift, Freunde anruft, um herauszufinden, wo der Junge denn bloß steckt. Für Ihren Sohn ist das vielleicht (wahrscheinlich sogar) eigentlich gar nicht so schlimm. Eher cool. Er hat vielleicht mit ein paar Kumpels am See übernachtet und ist sich keiner Schuld bewusst. Sie finden das alles aber überhaupt nicht cool, und das müssen Sie auch nicht. Natürlich will jeder Vater ein gutes Verhältnis zu seinem Sohn haben. Natürlich will jeder Vater, dass der Sohn Erfahrungen sammelt. Aber gleichzeitig geht es auch um Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. In einer solchen Situation sind Sie kein Held. Sie sind jemand, der die Spielregeln bestimmt. Sie müssen Ihrem Sohn klarmachen, dass er inzwischen auch eine gewisse Verantwortung hat. Das wird nicht reibungslos passieren. Aber nicht immer kann ein Vater nur der Kumpel sein.

Lehre oder Leere?

Irgendwann wird’s richtig ernst. Irgendwann geht es um einen vernünftigen Schulabschluss, um die Ausbildung, vielleicht ein Studium oder sogar einen Auslandsaufenthalt. Als Vater sieht man es genau, wenn die Unlust in der Schule zunimmt. Wenn die Pubertät mit den Hormonen des Sohnes spielt und vernünftige Entscheidungen nahezu unmöglich macht. Sie wollen ihm klarmachen, wie wichtig es ist, gerade jetzt, in den letzten Jahren vor dem Schulabschluss, auf ein gutes Abschlusszeugnis hinzuarbeiten. Sie sprechen mit Ihrem Sohn über Berufschancen, über die harte Welt, in der wir alle leben, über die Bedeutung der nächsten Jahre. Sie wollen ihm klarmachen, dass jetzt der Zeitpunkt ist, um den Grundstein für die nächsten Jahre, vielleicht Jahrzehnte, zu legen. Man kann es auch anders ausdrücken: Sie haben Angst.

Dabei laufen Sie immer Gefahr, Ihren Sohn nicht zu erreichen. Oder ihn durch Ihre Ansprache erst recht in einen Zustand der Lustlosigkeit fallen zu lassen. Es ist ein Teufelskreis. Einerseits wollen Sie Ihren Sohn so sein lassen, wie er ist. Andererseits haben Sie vielleicht das Gefühl, dass er einfach nicht überblicken kann, was für ihn auf dem Spiel steht. Und damit haben Sie unter Umständen sogar Recht. Allerdings ändert es nichts daran, dass Sie irgendwann keinen oder kaum noch Einfluss nehmen können. Sie müssen etwas tun, was einem Vater wehtut: Sie müssen Ihren Sohn seine Erfahrungen machen lassen. Denn vererben können Sie ihm die nun einmal leider nicht.

Auf Augenhöhe

Sie wissen, dass Sie alt sind, wenn Sie mit einem erwachsenen Mann zusammensitzen, der Ihr Sohn ist und mit Ihnen über Erziehungsfragen spricht. Sie wissen, dass Sie nur noch Gast sind im Leben Ihres Sohnes, dass er längst selbst das Ruder übernommen hat und Sie nur noch als Außenstehender an seinem Leben teilhaben lässt. Sie wissen aber auch, dass Sie Vieles richtig gemacht haben bei Ihrer eigenen Erziehung. Sonst würde Ihr Sohn nicht mit Ihnen zusammensitzen.

 

 

Hier geht es übrigens zum Artikel über Väter und ihre Töchter...