Was können Männer besser bei der Erziehung ihrer Kinder als die Frauen? Vor einiger Zeit sorgte diese Top 10 – Liste hier auf vaterfreuden.de für einigen Wirbel und kontroverse Diskussionen auf der vaterfreuden- Facebook-Seite. Grund genug, uns noch einmal etwas eingehender mit diesem Thema zu beschäftigen.
Die väterliche Erziehung – Besser, schlechter oder einfach anders?
Es ist schon erstaunlich, wie wenig die weisen Forschungshäupter bisher über die Bedeutung des Vaters zugunsten der Entwicklung seines Kindes ans Licht gebracht haben. Dem Mythos, dass Mütter wichtiger als Väter sind, ist zwar längst die wissenschaftliche Basis entzogen worden, doch er hält sich hartnäckig in den Köpfen. Denn lange ging selbst die Wissenschaft davon aus, dass der männliche Elternteil sich lediglich am Verhalten der Mutter zu orientieren bräuchte, dann wäre schon alles „in Butter“. Ein absoluter Unsinn, wie wir heute alle wissen.
Von Anfang an am Ball
Es gibt verschiedene Studien, die belegen, dass bis zu 65 Prozent aller werdenden Erstväter die gleichen Schwangerschaftssymptome durchleben, wie ihre bessere Hälfte. Kopfschmerzen, Stimmungswechsel und zweifelhaftes Essverhalten sind zum Beispiel solche Anzeichen. Und, egal was wir von dieser Zahl halten mögen, so belegt sie doch eindrucksvoll, dass viele Männer während der Schwangerschaft von den gleichen Aufregungen oder Ängsten geplagt werden wie ihre Frauen.
Viele Väter sind heutzutage bei der Geburt ihres Kindes mit dabei - ein weiteres Indiz dafür, dass sie gleich von Anfang an mit am Ball sein wollen und ihre Rolle als Vater ernst nehmen. Etwa 90 Prozent sind es derzeit, die die Nabelschnur ihres Nachwuchses selbst kappen. Tendenz steigend.
Starke Väter
Was aber ist es nun genau, was die Väter besser können? Oder ist diese Frage ganz falsch gestellt? Sollte es eine Unterteilung in „besser“ oder „schlechter“ überhaupt geben? Hauptziel aller Eltern sollte es doch sein, sich zu ergänzen und nicht, sich (unbewusst) zu übertrumpfen. Vielleicht ist es sinnvoller, von den Stärken und Schwächen der Eltern zu sprechen. Letztlich ist das alles eine Definitionsfrage. Reden wir trotzdem lieber von den Stärken der Väter.
Es ist wohl kaum verwunderlich, dass die meisten Väter etwas wilder und körperlicher mit ihrem Nachwuchs agieren. Zahlreiche Studien belegen das. Sie spielen herausfordernder und lassen sich immer wieder überraschende Spielvarianten einfallen. Zum Wohle des Kindes. Denn dadurch lernen selbst schon die Kleinsten, in unerwarteten Situationen rasch und gut zurechtzukommen und fantasiereiche Lösungen zu finden. Es sind vor allem die Väter, die neue Spiele kreieren und meist mehr sich selbst einsetzen als irgendein Spielzeug. Sie spielen anregender und oft auch anstrengender.
In einer Forschungsarbeit mit Zweieinhalbjährigen gaben zwei Drittel der Kinder dem Vater als Spielkameraden den Vorzug. Vielleicht spüren Kinder dieses Alters intuitiv, wie wichtig diese Art der Förderung für ihre Entwicklung ist. Nicht verwunderlich also, dass sich auch von wissenschaftlicher Seite die Stimmen mehren, die behaupten, dass Väter für die Erziehung ihrer Kinder in manchen Entwicklungsphasen sogar wichtiger sind als die Mütter.
Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass Väter die freie Zeit mit ihren Kindern mehr für motorische Aktivitäten nutzen. Diverse Ballspiele, Laufen, Schwimmen, Werfen und noch vieles mehr – die väterliche Unterhaltungspalette ist breit gefächert und schier unerschöpflich.Und insgesamt erscheint der väterliche Anteil an der Erziehungsarbeit spannender als der der Mutter. Während der weibliche Part auf alltäglichere und ruhigere Dinge setzt, kommt vom Vater also eher der abenteuerliche Beitrag.
Viele Väter muten ihren Sprösslingen auch mehr zu. Sie heben ein Kind wieder aufs Fahrrad, nachdem es gestürzt ist, ermutigen es, auf Bäume zu klettern oder die ersten Schwimmzüge zu wagen, um nur einige Beispiele zu nennen. Risikobereitschaft und Selbstständigkeit der Kinder werden dadurch in höchstem Maße gefördert. Mütter sind in dieser Hinsicht meist etwas zaghafter.
Söhne und Töchter
Vielfach sind es gerade die Mütter, welche ihre Söhne und Töchter relativ ähnlich behandeln. Bei Vätern wurde oftmals ein mehr geschlechtsspezifischer Umgang beobachtet.
Jungen werden beispielsweise vom Vater meist deutlich mehr gefordert und diszipliniert, während die Mädchen eher in ihrer charakteristisch weiblichen Rolle von ihm positiv bestätigt werden. Viele Väter lassen im Umgang mit ihren Töchtern mehr Emotionalität und Nähe zu als im Kontakt mit ihrem männlichen Nachwuchs.
Dagegen sind Mütter oftmals die besseren Kommunikationspartner für vertrauliche Angelegenheiten. Den Vätern wird von jugendlichen Kindern seltener Einblick in ihre innerste Gedankenwelt gestattet. Vielfach erscheinen die Väter den Jugendlichen auch etwas distanzierter und mitunter weniger einfühlsam. Das führt aber auch zu weniger Kontroversen als mit der Mutter. Zumindest tendenziell gesehen.
Dennoch, mehrere Umfragen belegen, dass Väter genau wie Mütter fähig sind, den Kindern nicht nur die physische, sondern auch die nötige psychische Nähe zu geben.
Besser, schlechter oder einfach anders?
Heute gilt es als gesicherte Erkenntnis, dass es keinen wichtigeren oder unwichtigen Elternteil gibt. Für die kindliche Entwicklung sind beide Eltern gleich wichtig. Und selbst wenn Kinder einen der Elternteile nicht oft sehen, durch Arbeit oder Trennung, muss deshalb die Erziehung desjenigen nicht weniger wert sein.
Einzig entscheidend ist, dass man seine Stärken so gut wie möglich in die Familie einbringt und an den Schwächen ein klein wenig arbeitet. Und wenn beide Eltern dies beherzigen, profitieren nicht nur sie davon, sondern in erster Linie die Kinder. Und darum geht es doch. Deshalb sind wir Eltern geworden oder wollen es werden.
Väter bringen eigene Fähigkeiten und Herangehensweisen in die kindliche Erziehung ein. Sie fordern und fördern ihre Kinder anders als die Mütter. Nicht besser, nicht schlechter – einfach anders! Auch in der Väterforschung setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass der Einfluss des Vaters auf das Kind größer ist, wenn sich sein Verhalten in der Erziehung von dem seiner Partnerin unterscheidet.
Und all denjenigen, die sich doch gern an die Begriffe „besser“ oder „schlechter“ unserer Eingangsfrage klammern möchten, sei noch folgendes mit auf den Weg gegeben:
"Besser" ist derjenige, der verstanden hat, warum Kinder in bestimmten Situationen so sind, wie sie sind. Und vor allem damit ohne manipulative Maßnahmen zurechtkommt.
Über den Autor:
Daniel Polzer arbeitet als freiberuflicher Texter und Werbetexter. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt er in Leipzig.