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Jungenförderung – Mädchenförderung

Mädchen und Jungen sind unterschiedlich, das ist klar. Warum das so ist, wird in vielen unterschiedlichen Theorien erklärt. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bedingen verschiedene Förderansätze, damit Jungen und Mädchen sich optimal entwickeln können.

In den 1970er und 1980er Jahren begann ein Bildungsboom, von dem vor allem Mädchen profitierten. Die Geschlechtsforschung ergab nämlich, dass das weibliche Geschlecht in mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern benachteiligt sei und zwar schon allein deshalb, weil Jungen in dieser Hinsicht weiterentwickelt sind und dadurch von den Lehrkräften verstärkt gefördert werden. Die Bildungswelt richtete ihr Augenmerk auf die Schülerinnen. Doch was fördert Jungs?


Geschlechtsspezifische Förderung

In den Schulen geschieht die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede im Lern- und Sozialverhalten hauptsächlich durch geschlechtsspezifischen Unterricht. So werden teilweise geschlechtergetrennte Unterrichtsstunden abgehalten und der gemeinsame Unterricht legt den Schwerpunkt auf eine verstärkte Sensibilität für die Verschiedenheit von Jungen und Mädchen. Allerdings gibt es bisher nur wenige Schulen, die als Vorzeigeobjekt gelten können. Meist sind dies freie oder private Schulen. Ein besonders interessantes Projekt ist hier der „Campus Klarenthal“ in Wiesbaden, der von der Gesamtschulreformerin Erika Riegel initiiert wird. Neben der geschlechtsspezifischen Förderung wird an diesen Schulen auch an der Auflösung von Rollenklischees und der Förderung von Kompetenzen verstärkt gearbeitet.


Mädchen fördern – Jungen fördern

Mädchen werden heute in vieler Hinsicht gefördert, dafür sorgten der Bildungsboom und die Emanzipationsbewegung in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Schule, die früher stark auf Jungs ausgerichtet war, konzentrierte sich in Struktur und Lehrstoff immer mehr auf die Mädchen. Und auch außerschulisch gibt es verschiedene Initiativen, um Mädchen weiterzubringen, Horizonte zu erweitern und brachliegende Fertigkeiten zu entwickeln. Eines davon ist zum Beispiel der „Girls Day“, ein großes Berufsorientierungsprojekt, bei dem Mädchen einmal im Jahr die klassischen „Männerberufe“ kennenlernen können, in denen Frauen nur wenig vertreten sind. Dazu gehören zum Beispiel handwerkliche Ausbildungen oder naturwissenschaftliche Studiengänge.

Für Jungen gibt es in der Hinsicht weniger Angebote. Durch die Entwicklung der letzten Jahre gelten sie heute als „Bildungsverlierer“. Dies belegen die Ergebnisse der PISA-Studie und andere Erhebungen. Die Durchfallquote von Jungs ist höher, es gibt mehr Schulabbrecher und auch die Anzahl der Jungen, die ans Gymnasium wechseln ist geringer als die der Mädchen. Im Allgemeinen fällt es Jungen deutlich schwerer, im noch immer weit verbreiteten Frontalunterricht zu lernen. Meist ist auch ihr Bewegungsdrang größer, so dass es ihnen schwerer fällt, sich während der Schulstunden zu konzentrieren.

Es gibt seit einigen Jahren auch für Jungen vielversprechende Ansätze. So wurde dieses Jahr im April erstmalig der „Boys Day“ abgehalten. Jungs informieren sich über die klassischen „Frauenberufe“ und forschen dadurch nach verborgenen Interessen, können in Praktikumsplätzen in Berufe wie Erzieher, Bäckereiverkäufer oder Hauswirtschafter hinein schnuppern.


Geschlechterspezifische Förderung durch die Eltern

Wer sein Kind fördern möchte, muss zuallererst auf das Individuum sehen: Was kann mein Sohn, was meine Tochter? Wo sind Anlagen vorhanden, die durch eventuelle Geschlechterklischees nicht entwickelt werden können. Ist Ihre Tochter handwerklich begabt, dann sollten Sie als Vater mit Ihr zusammen in die Werkstatt gehen oder den Ölwechsel beim Rasenmäher machen. Kocht Ihr Sohn leidenschaftlich gern oder spielt liebend gern mit dem einjährigen Nachbarskind, dann sollten Sie auch diese Vorliebe unterstützen. Dabei sollten Sie sich keinesfalls durch eigene Rollenklischees beeinflussen lassen.

Darüber hinaus können Sie sich im Umfeld informieren. Es gibt spezielle Projekte, Kurse oder auch Aktionswochen für Mädchen und Jungen, in denen die Thematik aufgegriffen wird. Träger sind oft private oder gemeinnützige Initiativen. Die dortige Geschlechtertrennung verschafft eine Auszeit und ermöglicht es den Kindern, geschlechtsspezifische Wünsche und Probleme, wie sie verstärkt auch in der Pubertät auftauchen, differenziert zu behandeln.