Für ein Baby oder ein Kleinkind zu sorgen, verlangt jedem Elternteil viel Zeit und Kraft ab. Zum Glück werden Kinder älter und brauchen immer weniger Aufsicht und Pflege. Jetzt beginnt für Eltern die Zeit loszulassen, sich zu entspannen und das Kind auf dem Weg in die Selbstständigkeit angemessen zu begleiten.
Kinder auf dem Weg ins Leben – Zeit zum Loslassen
Manchmal ist es gar nicht so leicht zu akzeptieren, dass die Kinder flügge werden. Mit dem Abschied in den Kindergarten gehen unsere Kleinen den ersten Schritt in die Selbstständigkeit und in die große aufregende Welt. Statt Überbehütung brauchen Kinder jetzt Rückhalt auf dem Weg ins Leben.
Vom Festhalten und Loslassen
Die zunehmende Selbstständigkeit eines Kindes ist eines der obersten Erziehungsziele, soll es doch später einmal im Leben gut zurechtkommen. Und doch: Macht unser Nachwuchs die ersten eigenen Schritte neigen wir oft dazu, ihn festzuhalten. Das betrifft bei weitem nicht nur die Mütter. Auch Väter neigen zum Klammern und wollen das Kind nicht aus den schützenden väterlichen Fittichen entlassen. Doch auch wenn es schwer fällt - Kinder brauchen die Chance, eigene Dinge auszuprobieren, selbst Erfahrungen und auch Fehler zu machen. Sie lernen dadurch sich selbst und ihre Umwelt einzuschätzen und angemessen zu reagieren. Selbstständigkeit muss lange geübt werden und wächst langsam, deshalb ist das Motto „je früher, desto besser“ hier unbedingt richtig.
In welchem Maß ein Kind losgelassen werden sollte, hängt natürlich vom Alter, vielmehr aber noch vom Entwicklungsstand und den kindlichen Bedürfnissen ab. Während das eine Kind bereits mit zwei Jahren – im vertretbaren Rahmen – seine eigenen Wege geht, bleibt das andere lieber noch im Schutz von Mama oder Papa und wagt sich vielleicht erst mit vier, fünf oder sechs Jahren in die Welt. Geben Sie Ihrem Kind so viel Halt wie nötig und lassen Sie es los, soweit es möglich ist.
„Hilf mir, es selbst zu tun“
Wenn ein Kind sich von den Eltern löst, geht das nicht abrupt, sondern ganz allmählich. Irgendwann braucht es keine Windeln mehr, putzt sich selbst den Po nach dem Toilettengang ab, zieht sich selbst an und wäscht sich selbst die Haare. Viele Schritte brauchen zumindest anfangs noch die Begleitung der Eltern. „Hilf mir, es selbst zu tun“ bedeutet gerade nicht, dem Kind etwas abzunehmen, sondern es dabei zu unterstützen, Situationen und Aufgaben selbst zu meistern. Dazu gehört auch, dem Kind sein eigenes Tempo bei der Lösung von Problemen zuzugestehen, es in seinem Handeln und Tun zu bestärken und seine Bemühungen zu achten. Es heißt aber auch, dass Kinder lernen, eigene Grenzen zu akzeptieren: Wenn ein Kind es nicht alleine schafft, die höchste Ebene eines Klettergerüstes zu erreichen, dann bleibt ihm der Zugang verwehrt, solange, bis es stark und mutig genug ist, dort hinaufzuklettern.
Kindern Kompetenzen zugestehen
Viele Eltern haben erstaunlich wenig Vertrauen zu den Fähigkeiten ihres Kindes. Sie befürchten, dass es sich oder andere mit der Schere verletzen könnte oder beim Balancieren vom Baumstamm abstürzen könnte. Wagen Sie es einmal und lassen Sie Ihr Kind gerade die Dinge versuchen, die Ihnen selbst Angst machen. Sie werden vielleicht staunen wie souverän und umsichtig Ihr Kind mit der Schere umgeht, nachdem Sie ihm erklärt und gezeigt haben, dass die Schneide sehr scharf ist und man sich an der Spitze verletzen kann. Je mehr Kinder ihre eigenen Erfahrung machen dürfen, umso besser können sie sich selbst einschätzen und umso umsichtiger gehen sie mit Unbekanntem um. Denn sie lernen: Was ich nicht kenne, muss ich erst untersuchen und testen, um zu erfahren, ob sich Gefahren darin verbergen und was ich damit machen kann.
Wie viel Freiheit ist vernünftig?
Natürlich müssen die Freiheiten, die man einem Kind gibt, immer an Alter und Entwicklung angepasst sein. Ein Baby darf nicht mit einer spitzen Schere spielen, einen Vierjährigen kann man nicht ans Steuer eines Autos setzen oder unbeaufsichtigt am Herd kochen lassen. Achten Sie auf Ihr Kind und lassen Sie es in kleinen Schritten immer verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen. Der Respekt und das Vertrauen, das Sie ihm damit zollen, wird es stark und mutig machen. Gleichzeitig wird es Verantwortung für sein Tun übernehmen und sich bemühen, niemanden zu verletzen und nichts zu zerstören.
Grundsätzlich gilt: Je früher Sie Ihr Kind auch mit „gefährlichen“ Gegenständen und Situationen bekannt machen, umso früher wird es lernen, verantwortungsvoll damit umzugehen. Das bedeutet für Sie gleichzeitig mehr Freiheit und Entspannung. Sie brauchen nicht mehr ständig auf Ihr Kind zu achten und können ihm vertrauen – darin, dass es keinen allzu großen oder gar gefährlichen Unfug anstellt. Ein schönes Gefühl, endlich wieder mehr Zeit für die eigenen Wünsche und Gedanken zu haben.